Читать книгу «Der Tee der drei alten Damen / Чаепитие трех старух. Книга для чтения на немецком языке» онлайн полностью📖 — Фридриха Глаузера — MyBook.
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Drittes Kapitel

Die Rue de Carouge ist sehr lang und führt fast bis zur Peripherie der Stadt. Dort, wo die Häuser seltener werden, zweigt eine kleine Nebenstraße ab, die von hohen Mietskasernen eingesäumt wird. Im Parterre einer dieser Mietskasernen ist eine primitive Apotheke, die von Herrn Eltester geführt wird, einem alten buckligen Männchen, das über glattem Mund und Kinn einen langausgezogenen grauen Schnurrbart trägt. Herr Eltester hat kluge, ein wenig verschlagene Augen. Er ist gutmütig und hilft gerne dort, wo das Gesetz eigentlich die Hilfe verbietet. In gewissen Kreisen ist er rühmlich bekannt, weil er verschwiegen ist. Seine Menschenkenntnis ist hervorragend, er hilft nur Leuten, die er für verlässlich erkannt hat, und die ihn nicht durch unbedachte Reden mit der Polizei in Konflikt bringen. Nie hat er einen Gehilfen einstellen wollen. Trotzdem es bekannt ist, dass er stets allein ist (auch die beiden Zimmer, die er hinter dem Laden bewohnt, bringt er selbst in Ordnung, und dort empfängt er gewöhnlich seine obskuren Kunden), trotzdem er mit düsteren Elementen zu tun

hat – Rauschgiftlieferanten und Süchtigen, Kokotten und Hochstaplern – ist ihm nie etwas zugestoßen. Nie hat jemand versucht, bei ihm einzubrechen – nur einmal ist ein Raubversuch gegen ihn unternommen worden, aber von diesem weiß die Polizei nichts, nur die Eingeweihten haben davon erfahren. Das ging damals folgendermaßen zu:

Herrn Eltesters Apotheke hatte Nachtdienst. Um elf Uhr schellte es, Eltester, klein, bucklig, unansehnlich, öffnet. Ein junges Bürschchen, etwas verlottert, steht vor der Tür, streckt Eltester ein Rezeptformular entgegen, drängt sich in den Laden, stößt die Türe wieder zu; und während Herr Eltester das Rezept liest und sogleich merkt, dass es gefälscht ist, zieht das Bürschchen einen Revolver aus der Tasche und hält ihn Herrn Eltester vor die Nase:

»Hände hoch!« sagt es dazu.

Herr Eltester setzt gemütlich einen Hornkneifer auf die Nase, schiebt die Unterlippe vor, dass sie an einen Eierlöffel erinnert, fixiert den jungen Mann und sagt trocken:

»Kommst du gerade aus einem Kriminalfilm, he? Mach' nicht solche Sachen, du bringst dich ins Unglück. Wenn du etwas brauchst, so red'. Aber steck' den Prügel ein, er könnte losgehen.« Das Bürschchen will nicht Vernunft annehmen, es verlangt Geld, die ganze Ladenkasse. »Des Menschen Wille ist sein Himmelreich« , sagt Herr Eltester, und seine Rede klingt verärgert, denn er hätte lieber etwas Prägnanteres gesagt. Er geht zum Ladentisch, zieht eine Schublade auf (Herr Eltester liebt keine Registrierkassen). »Bedienen Sie sich« , sagt er, bleibt stehen und pfeift. Es ist ein Gassenhauer und er pfeift ihn grundfalsch. Des jungen Mannes Augen schießen hin und her, wie Quecksilberkugeln auf einem Stück Papier, aber seine ganze Aufmerksamkeit nützt ihm nichts. Plötzlich stehen neben ihm zwei elegante Herren, nehmen ihn in die Mitte und fragen ganz sachlich, in die Richtung, wo Herr Eltester steht. »Prügel?«  Herr Eltester pfeift weiter, er muss genickt haben, denn der eine Herr sagt mit sehr fremdländischer Aussprache. »Gibt schon heer, den Pistol.« Der junge Mann gibt brav ›den Pistol‹, er ist bleich geworden. »Doch geladen« , stellt der kleinere der Herren fest. Dann wird der Junge aufgehoben, ein Sack stülpt sich über seinen Kopf, dann liegt er mit dem Oberkörper auf der Ladenbank und bekommt, O Schmach, mit einem Teppichklopfer Prügel. Keine bösartigen Prügel, sie tun nicht sehr weh, es ist mehr eine beschämende Exekution. Hernach wird ihm der Sack abgenommen, da steht Herr Eltester neben ihm, steckt ihm eine Zwanzigfrankennote zu.

»Wenn du wieder etwas brauchst, kannst du ja vorsprechen« , meint er und grinst unverschämt.

Der Junge trollt sich.

»Ich danke Ihnen, Herr Baranoff« , sagt darauf Herr Eltester zu dem Kleineren; und dann gehen die drei wieder an ihre Geschäfte, die im Hinterzimmer verhandelt werden.

Übrigens wusste die Polizei ziemlich viel von Herrn Eltester, aber sie konnte nie einschreiten. Ein paarmal hatte sie Haussuchungen veranstaltet, nichts gefunden. Herr Eltester grinste jedes Mal, er hatte gelbe Rosszähne und durch diese wirkte sein Lächeln noch viel aufreizender. Die Polizei bewachte seine obskuren Kunden, auch das nützte nichts. Schließlich ließ sie Herrn Eltester in Ruhe. Aber heute musste sie sich mit ihm beschäftigen.

Es war halb elf Uhr morgens, Kommissar Pillevuit war soeben von seinem zweiten Frühstück zurückgekommen.

(›Übrigens hat sich dieser verdammte englische Journalist bis jetzt noch nicht vorgestellt‹, dachte Pillevuit gerade), da wurde ihm mitgeteilt, man habe vom Polizeiposten in der oberen Rue de Carouge schon zweimal angerufen, vor fünf Minuten, und soeben. Pillevuit verlangte die Nummer, nannte träge seinen Namen.

»Einen Augenblick« , tönte es zurück. »Malan hat sich ablösen lassen, er stand an der Kreuzung, er will Sie persönlich sprechen.«

»Der gute Malan« , brummte Pillevuit.

Wir erinnern uns noch an Malan, jenen robusten Waadtländer mit dem kupfernen Schnurrbart, der den Sekretär Crawley an der Place du Molard gefunden hat. Malan meldet sich, mit einer Stimme, der man es anmerkte, dass ihr Besitzer aufgeregt war.

»Das gleiche, Kommissar, das gleiche, wie damals« , stotterte er.

»Malan« , sagte Pillevuit und seine Stimme war väterlich. »ich kann Ihnen durch den Draht keinen Kirsch einschenken, zur Beruhigung, aber sagen Sie dem Postenchef, er soll Ihnen auf meine Rechnung einen Kognak geben. Vielleicht wird es Ihnen dann besser.«

»Schon gehabt, Kommissar, schon zwei« , tönte es zurück. Pillevuit lachte noch, doch da blieb ihm das Lachen im Hals stecken. Malan hatte scheinbar Luft bekommen, seine Mitteilung musste zusammenhängend sein, denn der Kommissar kam aus seiner Ruhe, er warf seinen Fahnenbart über die Schultern, dass er im Rücken hing, wie das Ende eines geschmacklosen Wollshawls, sein Finger suchte nach einem Druckknopf (Alarm!), zwei Männer sprengten fast die Tür, als sie eintraten, Pillevuit lauschte noch immer, er legte eine Hand aufs Sprachrohr und kommandierte:

»Zwei Autos, vier Mann, Photograph, Experte für Fingerabdrücke, das ›Parquet‹ benachrichtige ich selber!«

Malan musste fertig geworden sein, Pillevuit drückte auf die Gabel, stellte eine neue Nummer ein, verhandelte kurz, neue Nummer, neue Verhandlung. Nach zwei Minuten fuhren die bestellten Autos davon. Der bleiche Staatsanwalt Philippe de Morsier, der feinsinnige Sonettendichter, hatte rote Tupfen auf den Wangen und einige Schweißtropfen zwischen den Augenbrauen: so sehr hatte er sich beeilt.

Dann standen sie in der kleinen Apotheke. Die Rollläden vor den Auslagen waren herabgelassen, dämmerig war der Raum, es roch streng nach Chemikalien. Ein einsamer Sonnenbalken drang durch ein Loch im Wellblech und fiel gerade auf die Stirn des Herrn Eltester, die grau war. Herr Eltester lebte noch. Der Gerichtsarzt war mit ihm beschäftigt.

»Vergiftung« , sagte er. »muss ins Spital.«

Herrn Eltesters rechter Ärmel war zurückgestreift, in der Ellbogenbeuge war ein roter Flecken.

Im Laden herrschte ein wüstes Durcheinander. Zerbrochene Flaschen lagen auf dem Boden, weißes Pulver vermischte sich mit braunem, der Schrank, in dem die Gifte aufbewahrt wurden, war aufgebrochen. Der Körper des Apothekers lag vor dem Ladentisch. Pillevuit beugte sich nieder, nachdem der Doktor zurückgetreten war, denn im dämmerigen Licht hatte er etwas glitzern sehen. Dieses glitzernde Objekt hob er mit zwei Fingern vor seine Nase. Es war ein Bündel kurzer Drähte.

»Visitenkarte Nummer zwei« , sagte Pillevuit. »Bei Crawley ist doch ähnliches gefunden worden, nicht wahr?«

Dann schnüffelte Pillevuit im Laden herum, deutete hier auf eine Tür, dort auf eine Flasche. »Aufnahme« , sagte er kurz. Der Photograph und der Fingerabdruckexperte folgten ihm wie eine Koppel Jagdhunde. In einer Ecke hatte sich Herr Staatsanwalt Philippe de Morsier aufgepflanzt, er betrachtete den Tatort wie von einem Feldherrnhügel und krakelte Zeichen in ein ledergebundenes Notizbüchlein, ließ seine Blicke bisweilen zur Decke schweifen, so, als könnten sie dort Inspirationen einfangen.

Das Krankenauto fuhr vor, das den schwer keuchenden Herrn Eltester entführte. Und kaum war das Hummelgesurr des sich entfernenden Gefährts verstummt, da betrat ein jüngerer Herr den Laden, dessen Erscheinen bei den Anwesenden verschiedene Reaktionen auslöste. Staatsanwalt de Morsier entstieg seiner Versunkenheit, ein herzliches Lächeln zitterte durch den schneeweißen Schnurrbart, und er sagte:

»Mein lieber O'Key, Sie kommen wie gerufen, wir wissen nicht weiter, und unser Kommissar Pillevuit wird erfreut sein, einen so hervorragenden Mitarbeiter begrüßen zu dürfen.« Diese formvollendete Art der Vorstellung nötigte Kommissar Pillevuit, ein höfliches Lächeln aufzulegen, obwohl es ihm gar unerfreulich zumute war.

O'Key hatte Fingerspitzengefühl; er merkte deutlich, dass er dem Kommissar unerwünscht kam – aber es wurde ihm nicht allzu schwer, den verärgerten Gnomen umzustimmen. Cyrill Simpson O'Key, Spezialreporter am Londoner ›Globe‹, Mitarbeiter des ›Intelligence Service‹ (dies wussten nur wenige), verstand es, Sympathien zu kapern, so, wie ein alter Seeräuber das Entern von Schiffen. Seine Art, sich beliebt zu machen, hatte viel Ähnlichkeit mit dieser altertümlichen Beschäftigung. Bildhaft gesprochen, er warf einen Enterhaken nach dem andern aus – und so solide waren diese Haken, dass der Angegriffene sich nicht zu befreien vermochte.

O'Key also – wir haben ihn schon einmal kurz beschrieben: rote, drahtige Haare über einem mit Sommersprossen übersäten Gesicht, langer, sehr langer, hagerer Körper, merkwürdig schmale Gelenke, eine spitze Nase, die beweglich war, wie bei einem Kaninchen, Mund und Kinn wirkten schön – O'Key also trat zu dem Kommissar, legte seinen langen Arm um die gepolsterten Schultern des Mannes und zog ihn in eine Ecke. Dort flüsterte er eindringlich:

»Hören Sie, mein lieber Kommissar, ich weiß, Sie sind nicht entzückt von meiner Anwesenheit. Wahrscheinlich meinen Sie, ich sei einer dieser langweiligen Engländer, die immer etwas zu reklamieren haben. Sie täuschen sich: erstens bin ich Ire, zweitens trinke ich nicht nur Tee, sondern auch stärkere und erfreulichere Getränke, und drittens.« , ein Blick auf den Ringfinger des Kommissars. »sehe ich, dass auch Sie Junggeselle sind. Wir wollen die Sache nun so deichseln: Wir schauen uns hier zusammen ein wenig um – auf die Enquete in der Nachbarschaft können Sie verzichten, die habe ich schon erledigt, dann gehen wir zusammen essen und besprechen die Sache in Ruhe und Frieden. Die Wahl des Restaurants überlasse ich Ihnen, Schweizer Weine kenne ich noch nicht, da müssen Sie mich einweihen. Ich werde mich jetzt ganz schweigsam verhalten, bis der Oberbonze abgeschoben ist. Der versteht ja sowieso nichts von der Sache, wie alle Bonzen. Hab' ich nicht recht?«

Kommissar Pillevuit war überwältigt, so überwältigt, dass er seinen Mund offen stehen ließ, was in dem blonden Vorhang seines Bartes nicht gerade sehr ästhetisch wirkte. Dann aber klatschte er seiner neuen Bekanntschaft auf die Achseln (zu diesem Behufe musste er sich auf die Fußspitzen stellen):

»Abgemacht«  krähte er. »Sie gefallen mir.«

Und einträchtig begannen die beiden den Rundgang durch die Räume hinter dem Laden, die bis jetzt von einer eingehenden Durchsuchung verschont geblieben waren.

Aber sie fanden sozusagen nichts. Das kahle Wohnzimmer – zwei alte Bauernlehnstühle, ein klobiger Tisch, ein niederer Diwan, in einer Ecke ein zarter Schreibtisch, der gar nicht in die Umgebung passte – wirkte kalt, weil auf dem roten Fliesenboden kein Teppich lag. Sonst war das Zimmer hervorragend in Ordnung, für einen Junggesellen ohne Haushälterin. Im schwarzen Eisenofen war Papier verbrannt worden. Pillevuit, stöhnend über seine verschiedenen Fettwülste, die ihm beim Knien überall im Wege waren, räumte sorgfältig aus. – Umsonst. Das verkohlte Papier war von kundiger Hand zu Pulver zerschlagen worden. Der Schreibtisch enthielt alte Rechnungen. Die mittlere Schublade ließ sich nur schwer öffnen, es machte den Eindruck, als habe sich ein Gegenstand irgendwo eingeklemmt. Mit vielem Pusten gelang es dem Kommissar schließlich, die Schublade herauszuziehen – da fiel etwas mit gedämpftem Klange zu Boden. O'Key bückte sich und legte das Ding auf den Tisch. Es war ein Seidenband, vier Finger breit etwa, von grellgelber Farbe und sorgsam zusammengelegt. Beim Aufrollen fiel eine Münze auf den Tisch. Sie musste uralt sein, diese Münze, schwärzlich angehaucht, Silber. Die beiden beugten sich tiefer. Da war ein Mann zu sehen, ein nackter Mann, dem Fliegenflügel aus den Schultern wuchsen, und sein Antlitz war bedeckt mit einer Maske. Winzige Buchstaben liefen am Rande entlang und sie wirkten wie Ungeziefer.

»Das ist griechisch« , sagte Pillevuit. »Können Sie griechisch, Herr Irokese?«  O'Key nickte.

»Kaulakau, Saulasau« , entzifferte er mühsam, blickte auf und fuhr fort. »Basilidianische Gnosis, zweites bis drittes Jahrhundert, Alexandrien.«

»He?«  machte Pillevuit und rollte Glotzaugen.

»Ein Amulett« , erklärte O'Key geduldig. »die Gnosis des Basilides gehört schon zu den Degenerationserscheinungen dieser religiösen Erkenntnis, beschäftigt sich nur noch mit Magie, schwarzer oder weißer, ganz nach Wunsch. Der Mann da mit den Fliegenflügeln wird wohl Abraxas sein, der Feind des Weltenschöpfers, der Ahne unseres Lucifers. Drehen Sie die Münze um. Sehen Sie? Das Pentagramm mit der Spitze nach unten. Also schwarze Magie. Und das Band?«  – O'Key nahm es auf. Es war auf drei Seiten gesäumt, außerdem waren an den beiden Schmalseiten drei Druckknöpfe angebracht. Die ungesäumte Längsseite trug etwa zwölf kleine Schlitze, die wie winzige Knopflöcher wirkten. O'Key legte sich das Band über die Stirn, ließ die Druckknöpfe am Hinterkopf einschnappen; nun sah es aus, als trage er ein breites, goldenes Stirnband.

»Verstehen Sie?«  fragte O'Key, Pillevuit schüttelte den Kopf.

»Bestandteil eines Ornates, wahrscheinlich. Die Knopflöcher hier dienen wohl zum Anbringen eines Tuches, einer Maske, die das Gesicht verhüllt, vielleicht ist es auch ein leichtes Gewebe, das über den ganzen Körper fiel. Und – sehen Sie?«  er zog das Band wieder ab. »auch an der andern Breitseite finden Sie Löcher, weniger als unten, aber genug, um ein Netz anzubringen, das die ganze Verkleidung hält. Noch etwas: Lassen Sie das Licht schräg auf das Gewebe fallen, sehen Sie, so; nun?«

Mattschimmernd zeigte sich das Pentagramm, der Drudenfuß der Münze, und mit seinem Liniengewirr umgab er einen schattenhaft wirkenden Körper. Links und rechts von dem Fünfspitzen-Stern waren auf die gleiche, mattschimmernde Art Abbilder von Insekten eingewoben – Bienen und Hummeln, Wespen und Mükken, angedeutet zwar nur, in Umrissen, aber deutlich erkennbar.

Pillevuit lachte laut und fett. »Entschuldigen Sie« , sagte er, als er wieder zu Atem gekommen war. »aber ich kann nicht anders. Wenn ich mir diesen alten Lumpen Eltester – Gott sei seiner Seele gnädig, denn er hat viele Leute ruiniert – wenn ich mir diesen alten Lumpen als Hohenpriester vorstelle, so lächert es mich gewaltig.« O'Key schwieg, und schweigend machten sich die beiden an die Durchsuchung der Küche.

Aber in der Küche saß Herr Staatsanwalt de Morsier auf einem Schemel und dichtete. Er hatte einen Bleistift zwischen die Zähne geklemmt und starrte mit abwesenden Blicken auf den oberen Teil des Küchenschrankes. Ganz unwillkürlich folgte Pillevuit der Richtung des Blickes, eine ungewöhnliche Geschäftigkeit nahm von ihm Besitz, er packte einen Schemel, schleppte ihn zum Schrank, erwischte etwas Schwarzes, das nur mit einem Zipfel über die Kante ragte, und schwenkte es triumphierend in der Hand.

»Ein Wollshawl« , trompetete er. »ein schwarzer Wollshawl!« Er roch dran, nieste, schüttelte sich. »Riecht nach alter Frau. Kampferspiritus. Da.« Auch O'Key musste riechen und bestätigte die Meinung des Kommissars.

»Sehr interessant« , sagte eine Stimme hinter ihnen. Der Staatsanwalt hatte die Gefilde der Inspirationen verlassen.

Im Laden puffte es, ein heller Schein blendete in die dämmrige Lücke.

»Wenn ihr fertig seid, kommt dann hier herein!« rief Pillevuit. Photograph und Experte erschienen in der Tür.

»Wir haben nicht viel gefunden« , klagte der Photograph. »Die Abdrücke sind alle verwischt, nur hier« , er hob eine weithalsige Flasche hoch, mit eingeschliffenem Glasstöpsel . »Folla Hyoscyamii«  stand darauf). »ist ein deutlicher Abdruck zu sehen: Ein Daumen. Wir müssen dann ins Spital und den Abdruck vom Apotheker haben. Vielleicht handelt es sich um den seinen. Obwohl er einem kleinen Daumen gehört, einem Frauendaumen, möchte ich fast sagen. Nun, Eltester war ja auch von kleiner Statur.« Der Experte nickte, er war mehr schweigsamer Natur und zündete umständlich einen Stumpen an. Er zog ein Blatt aus der Tasche und reichte es Pillevuit. O'Key nahm es ihm sanft aus den Händen. Es schien Pergament zu sein, sehr alt, mit vielen schwarzen Runzeln bedeckt und einer verwischten Schrift. Es sah aus, als sei das Papier mit großer Gewalt zerrissen worden. Die Buchstaben, die noch erkennbar waren, gehörten zu Worten, und O'Key entzifferte:

Nomi.

Recip.

Datu.

Atropa bell.

Mandrag.

Assa foe.

Misce sub sign.

cum oleo amygda.

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