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Erster Act

Der Vorhang geht auf

In einer Sackgasse der City von London, die weder für Fuhrwerk noch Fußgänger einen Durchweg bot, einer Sackgasse, die in die abschüssige, schlüpfrige, krumme Straße mündet, welche die Verbindung zwischen Towerstreet und dem Middleser Ufer der Themse herstellt, befand sich das Geschäftslocal von Wilding u. Co., Weinhändler. Wahrscheinlich als scherzhaftes Zugeständniß davon, daß der große Haupteingang des Locales wie eine Barricade die Welt verrammelte, trug der unterste Theil der abschüssigen Straße, von der aus man an den Fluß gelangte (wie der Geruch deutlich verspüren ließ) den Namen Break-Neck-Stairs. Die Sackgasse selbst wurde in früheren Zeiten treffend genug Cripple Cornet getauft.

Schon viele Jahre vor dem Jahr 1861 hatten die Leute aufgehört, in Break-Neck-Stairs Boote zu miethen und die Schiffer sich davon entwöhnt, dort anzulegen. Der schlammige Weg hatte den nach und nach zur Reife gediehenen Entschluß sich umzubringen ausgeführt und sich in den Fluß gestürzt, und so blieb nichts als zwei oder drei verstümmelte Pfähle und ein rostiger eiserner Ring, der zum Befestigen der Boote gedient hatte, von Break-Necks vergangener Pracht übrig. Manchmal indessen legte ein mit Kohlen beladener Kahn gegen das Ufer an, geschäftige Hebel wurden aufgerichtet, die anscheinend nichts thaten als Schmutz heraufbefördern. Die Ladung wurde in der Nähe abgeliefert. Das Boot fuhr wieder fort und war verschwunden; für gewöhnlich aber bestand der einzige Verkehr in Break-Neck-Stairs aus dem Transport von Fässern und Flaschen, die entweder voll oder leer waren, entweder fortgeschafft wurden aus den Kellern oder hineingeschafft wurden in die Keller Von Wilding und Co., Weinhändler. Aber selbst dieser Verkehr fand nur dann und wann statt und über dreiviertel Zeit der steigenden Fluth spülte und leckte der schmutzige, unreinliche, graue Fluß ungestört an dem rostigen Ring, als ob er einmal von dem Dogen und dem Adriatischen Meere vernommen habe und sich danach sehnte, auch eine Vermählung zu feiern, etwa mit dem mächtigen Erhalter allen Schlammes in seinen Fluthen, mit dem Right Honourable Lord Mayor.

Zwei hundert und einige fünfzig Yards (vom untersten Anfang von Break-Neck-Stairs aus gerechnet) auf der Anhöhe geradezu, rechter Hand, befand sich Cripple Cornet. Cripple Cornet hatte einen Brunnen, Cripple Cornet hatte einen Baum. Ganz Cripple Corner gehörte Wilding und Co., Weinhändler. Die Kellerräume lagerten darunter, die Gebäude erhoben sich darüber. In den Tagen, wo Kaufherren noch die City bewohnten, war eines derselben wirklich ein Wohnhaus gewesen; ein prächtiges Schirmdach ohne sichtbare Stützen breitete sich über dem Thorweg aus, wie das Schallbrett über einer Kanzel. Es hatte auch eine Anzahl langer schmaler Streifen, die Fenster vorstellten und in der Front des finsteren aus Backsteinen errichteten Hauses so vertheilt waren, daß sie überall gleich häßlich erschienen. Auf dem Dach befand sich eine Kuppel mit einer Glocke.

»Wenn ein Mann von fünf und zwanzig Jahren seinen Hut aussetzen und sagen kann: Dieser Hut bedeckt den Eigenthümer dieses Besitzthums und des Geschäftes, welches sich an dieses Besitzthum knüpft, da denke ich, Mr. Bintrey, ohne zu prahlen, er könne nicht anders als von tiefer Dankbarkeit durchdrungen sein. Ich weiß nicht, wie es Ihnen erscheinen mag, aber mir erscheint es so.«

Mr. Walter Wilding sprach das zu seinem Advocaten, in seinem eigenen Comptoir, indem er den Hut vom Riegel nahm, um seinen Worten die That folgen zu lassen. Danach hing er den Hut wieder auf, um nicht unbescheidener zu erscheinen als er war.

Ein unverdorbenen offen blickender, treuherziger Mann war Mr. Walter Wilding, mit merkwürdig weißem und rosigem Gesicht. Seine Gestalt war fast zu stark für einen jungen Mann, obgleich sie recht stattlich aussah. Mit krausem braunen Lockenhaar und blauen, glänzenden, einnehmenden Augen gab er sich als einen äußerst mittheilsamen Mann, als einen Mann, dessen Beredsamkeit der nicht zu hemmende Ausfluß innerer Zufriedenheit und Dankbarkeit war. Mr. Bintrey dagegen war ein vorsichtiger Mann mit immer feuchten Augen und einem großen vorgebeugten kahlen Kopf. Er belustigte sich innerlich höchlich über das Komische einer offenen Sprache, einer offenen Hand und eines offenen Herzens.

»Ja,« sagte Mr. Bintrey. »Ja. Ha, ha!«

Eine Flasche, zwei Weingläser und ein Teller mit Kuchen standen auf dem Tisch.

»Mögen Sie den fünfundvierzigjährigen Portwein?« fragte Mr. Wilding.

Ihn mögen?« wiederholte Mr. Bintrey. »Ob ich es thue, Sir!«

»Er ist aus der besten Ecke unseres besten Weinverschlages, der fünfundvierzigjährigen aufweist,« sagte Mr. Wilding.

»Danke Ihnen, Sir,« sagte Mr. Bintrey. »Er ist ausgezeichnet.«

Der Advokat lachte, als er das Glas in die Höhe hielt und es beäugelte, vergnügt über die eigentlich höchst possierliche Idee, solchen Wein fortzugeben.

»Und nun,« sagte Mr. Wilding, der am Sprechen über Geschäftssachen eine wahrhaft kindische Freude empfand, »haben wir Alles in’s Reine gebracht, Mr. Bintrey, wie ich glaube.«

»Alles,« sagte Mr. Bintrey.

»Einen Compagnon gesichert —«

»Compagnon gesichert,« sagte Bintrey.

»Bekannt gemacht, daß wir eine Haushälterin brauchen —«

»Eine Haushälterin brauchen,« sagte Bintrey, »welche sich persönlich melden soll in Cripple Corner, Great Towerstreet von zehn bis zwölf – morgen nämlich.«

»Die Geschäfte meiner lieben verstorbenen Mutter abgewickelt —«

»Abgewickelt,« sagte Bintrey.

»Und alle Auslagen bezahlt.«

»Alle Auslagen bezahlt,« sagte Bintrey, aus vollem Halse lachend des spaßhaften Umstandes wegen, daß sie ohne Feilschen bezahlt worden waren.

»Das Andenken meiner geliebten verstorbenen Mutter überwältigt mich immer, Mr. Bintrey,« fuhr Mr. Wilding fort, indem sich seine Augen mit Thränen füllten, die er mit dem Taschentuch abtrocknete. »Sie wissen, wie ich sie geliebt habe, Sie [ihr Geschäftsmann] wissen, wie sie mich geliebt hat. Die höchste Zärtlichkeit, die zwischen Mutter und Kind denkbar ist, hat zwischen uns geherrscht, und von der Zeit an, wo sie mich in ihre Obhut nahm, kann ich mich nicht der kleinsten Uneinigkeit, nicht der kleinsten Mißstimmung unter uns erinnern. Dreizehn Jahr im Ganzen! Dreizehn Jahr unter der Obhut meiner lieben verstorbenen Mutter, Mr. Bintrey und davon die letzten acht als ihr Sohn anerkannt! »Sie kennen die Geschichte, Mr. Bintrey, wer kennt sie besser als Sie, Sir!« Mir. Wilding seufzte und trocknete sich die Augen, ohne während der letzten Bemerkungen den Versuch zu machen, seine Rührung zu verbergen.

Mr. Bintrey genoß wieder von dem Portwein, der ihn so vergnügt stimmte, und sagte, nachdem er ihn im Munde hin- und hergespült hatte: »Ich kenne die Geschichte!«

»Meine geliebte, verstorbene Mutter, Mr. Bintrey,« fuhr der Weinhändler fort, »ist schändlich hintergangen worden und hat viel gelitten. Aber über diesen Punkt blieben die Lippen meiner geliebten, verstorbenen Mutter geschlossen. Von wem hintergangen und unter welchen Verhältnissen? weiß der Himmel allein. Meine geliebte verstorbene Mutter hat nie den Namen des Verräthers ausgesprochen.«

»Sie hatte mit sich abgeschlossen,« sagte Mr. Bintrey, aufs Neue seine Gaumen mit Wein bespülen, »und war darüber ruhig geworden.« Sein Zwinkern mit den Augen fügte ziemlich deutlich hinzu: »Verteufelt viel ruhiger, als Sie es jemals sein werden.«

»Ehre Vater und Mutter,« – Wilding seufzte beim Anführen des Gebotes – »auf daß du lange lebest auf Erden.« Als ich im Findelhause war, Mr. Bintrey, quälte ich mich verzweiflungsvoll, wie ich das anzustellen habe, und fürchtete, meiner Tage könnten nur wenige sein aus Erden. Späterhin aber wurde mir das Glück, meine, Mutter von Herzen verehren zu können. Und ich ehre sie und halte ihr Andenken hoch. Vor sieben Jahren, Mr. Bintrey,« fuhr Wilding mit demselben kindlichen Schluchzen und überströmenden Thränen fort, »that mich meine vortreffliche Mutter zu meinen Vorgängern im Geschäft Pebbleson Nephew in die Lehre. Ihre zärtliche Fürsorge brachte mich zu gleicher Zeit in die Weinhändlerzunft und machte mich bei Zeiten zum selbstständigen Weinhändler, und – und – noch vieles Andere, was die beste der Mütter für mich ersann. Als ich großjährig wurde, übertrug sie den von ihr ererbten Antheil an dem Geschäft auf mich. Mit ihrem Gelde kaufte sie Pebbleson Nephew aus und setzte dafür Wilding und Co. auf das Schild. »Sie hinterließ mir Alles, was sie besaß, nur den Trauerring nicht, den Sie tragen. – Und nun, Mr. Bintrey,« rief er, indem seine kindlichen Gefühle aufs Neue hervorbrachen, »ist sie nicht mehr. Kaum ein halbes Jahr ist verflossen, seitdem sie nach Corner kam, um mit ihren eigenen Augen an dem Thürpfosten zu lesen: Wilding und Co., Weinhändler, und nun ist sie nicht mehr!«

»Traurig. Aber unser aller Loos, Mr. Wilding!« bemerkte Bintrey. »Heut oder morgen sind wir alle nicht mehr.« Damit brachte er den fünfundvierzigjährigen Portwein, über dessen Wohlgeschmack seufzend, zu seiner allgemeinen Bestimmung.

»Jetzt, Mr. Bintrey,« fuhr Wilding fort, sein Taschentuch bei Seite steckend und seine Augenlider mit den Fingern reibend, »jetzt kann ich meiner lieben Verstorbenen keine Achtung und Ehrfurcht mehr beweisen, ihr, zu der sich mein Herz instinktmäßig und geheimnißvoll hingezogen fühlte, als ich sie zuerst sah. Sie, eine fremde Dame, sprach mit mir, einem Findling, der am sonntagtäglichen Mittagstische saß; ich will beweisen, daß ich mich nicht schäme ein Findelkind gewesen zu sein; ich, der ich nie den eigenen Vater gekannt habe, will allen denen ein Vater sein, die in meinem Dienste stehen. Deshalb« fuhr Wilding fort bei seinem Schwatzen in Begeisterung gerathend, »deshalb brauche ich eine durch und durch vortreffliche Haushälterin, welche die Wirthschaft von Wilding u. Co., Weinhändler, Cripple Corner vorzustehen vermag, damit ich, wie in früheren Zeiten eine enge Verbindung des Brodherrn mit seinen Beamten wieder herstellen kann. Damit ich an dem Ort, wo mein Geld verdient wird, auch wohnen kann! Damit ich zu Häupten der Tafel sitzen kann, an der die bei mir Angestellten gemeinsam speisen und mit ihnen von demselben Gebratenen und Gekochten essen und von demselben Bier trinken kann! damit die in meinem Dienststehenden Leute mit mir unter einem Dache leben und so wir alle zusammen. – Ich bitte um Verzeihung, Mr. Bintrey, aber mein altes Sausen im Kopf hat mich wieder überfallen und ich würde Ihnen recht dankbar sein, Wenn Sie mich zum Brunnen führen wollten«

Von der tiefen Röthe im Gesicht seines Clienten beunruhigt, geleitete ihn Mr. Bintrey augenblicklich nach dem Hof. Es war sogleich geschehen, denn das Comptoir, in welchem sie sich befanden, ging, an der einen Seite des Wohnhauses gelegen, zum Hof hinaus. Auf ein Zeichen seines Clienten setzte der Geschäftsführer bereitwillig den Brunnenschwengel in Bewegung und der Client wusch sich Kopf und Hände und trank einen kräftigen Zug. Nach diesen Mitteln erklärte er sich besser zu befinden.

»Lassen Sie sich nicht durch Ihr gutes Herz so aufregen,« sagte Bintrey, als sie wieder im Comptoir anlangten und Mr. Wilding sich an dem Handtuch, welches hinter der Thür hing, abtrocknete.

»Nein, nein. Ich werde mich in Acht nehmen,« erwiderte er, aus dem Handtuch aufsehend. »Ich werde es nicht wieder thun. Ich habe nichts Verworrenes gesagt, nicht wahr?«

»Durchaus nichts. Nur vollständig Klares.«

»Wo blieb ich doch stehen, Mr. Bintrey?«

»Sie blieben stehen – Aber in Ihrer Stelle würde ich mich nicht damit aufregen fortzufahren, besonders jetzt.«

»Ich werde mich in Acht nehmen. Wobei stellte sich das Sausen in meinem Kopfe ein, Mr. Bintrey?«

»Beim Gebratenen Gekochten und beim Bier,« antwortete der Advokat. »Beim Wohnen unter einem Dach und wie es uns allen zusammen —«

»Aha! Und wie es uns allen zusammen im Kopfe sauste —«

»Wissen Sie, ich würde mich an Ihrer Stelle wirklich nicht durch mein gutes Herz so aufregen lassen,« gab ihm der Advokat besorgt zu verstehen. »Wir wollen noch einmal an den Brunnen gehen.«

»Nicht nöthig! nicht nöthig! Alles in Ordnung, Mr. Bintrey – und wie wir alle zusammen eine liebevolle Familie ausmachen wollen. Sehen Sie, Mr. Bintrey, ich bin in meiner Kindheit nicht gewohnt gewesen, für mich allein zu sein, wie es Manche mehr oder weniger in ihrer Kindheit gewohnt sind. Später bin ich ganz in meine liebe verstorbene Mutter aufgegangen. Nachdem ich sie verloren habe, kommt es mir vor, als ob ich vielmehr dazu geschaffen wäre, ein Theil von einem Ganzen zu sein, als ein Ganzes für mich allein. Ersteres zu werden und meine Pflicht zu thun an allen denen, die von mir abhängen, meine Untergebenen an mich zu fesseln, hat etwas Patriarchalisches und Verlockendes für mich. Ich weiß nicht, wie es Ihnen erscheinen mag, Mr. Bintrey, aber mir erscheint es so.«

»Nicht ich, sondern Sie haben zu bestimmen in diesem Falle,« erwiderte Bintrey, »folglich ist es von wenig Belang, wie es mir erscheint.«

»Mir erscheint es,« sagte Mr. Wilding in vollem Eifer, »hoffnungsvoll, nützlich und genußreich.«

»Wissen Sie,« gab ihm der Advokat wieder zu verstehen, ich würde mich in Ihrer Stelle wirklich —«

»Ich höre schon auf. Dann haben wir Händel.«

»Wir haben wen?« fragte Bintrey.

»Händel, Mozart, Haydn, Kent, Purcell, Doctor Arne, Greene, Mendelssohn. Ich kenne die Chöre der geistlichen Musikwerke auswendig, die ganze Sammlung der Findelhauskapelle. Warum sollten wir sie nicht zusammen aufführen können?«

»Wer soll sie aufführen?« fragte der Advokat gespannt.«

»Der Arbeitgeber und seine Arbeiter.«

»So, so!« erwiderte Bintrey besänftigt. Es sah aus, als habe er die Antwort erwartet, der Geschäftsführer und sein Client. »Das ist etwas anderes.«

»Durchaus nichts anderes, Mr. Bintrey. Es ist ganz dasselbe. Ein Glied der Kette, die uns mit einander verbindet.« Wir wollen in irgend einer stillen Kirche, die Corner nahe liegt, den Chor bilden und wenn wir Sonntags mit Wohlbehagen gesungen haben, nach Hause gehen und zu zeitiger Stunde mit Wohlbehagen unser Mittagbrod einnehmen. Es liegt mir sehr am Herzen diesen Plan unverzüglich ins Werk zu richten, so daß mein neuer Compagnon bei seiner Ankunft die Sache schon im besten Gange findet.«

»Ich wünsche ihr alles Gute! möge sie gedeihen!« rief Bintrey, sich erhebend, aus. »Soll Joey Ladle auch mitwirken bei Händel, Mozart, Haydn, Kent, Purcell, Doktor Arno, Greene und Mendelssohn?«

Ich hoffe.«

»Ich wünsche den Musikern, daß sie sämtlich mit heiler Haut davonkommen mögen!« erwiderte Bintrey aus vollem Herzen. »Guten Morgen, Sir. »Sie schüttelten sich die Hände und schieden. Dann, nachdem er durch Anklopfen mit seinen Knöcheln um Erlaubniß gefragt hatte, trat zu einer Verbindungsthür, die aus dem Privatbüreau in das der Schreiber führte, der Ober-Kellermeister der Kellergewölbe von Wilding u. Co., Weinhändler und früherer Ober-Kellermeister der Kellergewölbe von Pebbleson Nephew, der eben erwähnte Joey Ladle, zu Wilding herein: Ein schwerfälliger, bedächtiger Mann; wenn man ihn nach der Ordnung des menschlichen Baustyles abschätzen sollte, so würde er zur Klasse der Frachtfuhrleute gehören, mit seinem verschrumpften Anzug und seiner begossenen Schürze, die augenscheinlich halb aus Bast halb aus Rhinozerosfell bestand.

»Was das gemeinsame Speisen und Wohnen anbetrifft, junger Herr Wilding,« sagte er.

»Nun, Joey?«

»Ich spreche für mich selbst, junger Herr Wilding – ich spreche nie und habe noch nie für jemand anders als für mich selbst gesprochen – und ich brauche eigentlich keine Speise – noch ein Wohnhaus jedoch wenn Sie mich speisen und mich einquartieren wollen, so thun Sie es. Ich kann eben so gut essen wie mancher Andere. Wo ich esse, hat bei mir viel weniger auf sich, als was ich esse, und besonders nicht so viel auf sich als wieviel ich esse. Werden Alle in dem Hause wohnen, Mr. Wilding? Die beiden anderen Kellermeister, die drei Träger, die beiden Lehrlinge und der Geschäftsführer?«

»Ja. Ich hoffe wir werden alle eine glückliche Familie ausmachen, Joey.«

»Ah!« sagte Joey. »Ich hoffe das werden sie.«

»Sie? Sage lieber wir, Joey.«

Joey Ladle schüttelte den Kopf. »Sie können nicht von mir erwarten, daß ich wir sage, junger Herr Wilding, bei meiner Lebensweise und unter den Verhältnissen, unter denen sich meine Neigungen ausgebildet haben. Ich habe oft Pebbleson u. Nephew geantwortet, wenn sie mir gesagt haben: mache ein freundlicheres Gesicht, Joey – meine Herren, das mögen Sie können, die daran gewöhnt sind Ihren Wein nach einem System zu trinken, nach welchem er lustig durch die Kehle rinnt, Sie mögen ein freundliches Gesicht dazu machen, aber, sagte ich, ich bin daran gewöhnt meinen Wein durch die Poren der Haut einzunehmen mit auf diesem Wege genossen macht er eine schlimme – eine niederdrückende Wirkung. Es ist ein anderes Ding, meine Herren, sagte ich zu Pebbleson u. Nephew, in einem Eßsaal die Gläser zu füllen und sie mit Hurrah! hoch! und »Ein lustiger Bruder Jedermann,« zu leeren und ist ein anderes Ding vom Weindunst, der durch die Poren dringt, angefüllt zu werden, in einem dunklen niedrigen Gewölbe mit feuchter Luft. Das bringt verschiedene Wirkungen, bringt gute und schlechte Laune hervor, sagte ich zu Pebbleson u. Nephew. Und das ist wahr. Ich bin mein ganzes Leben hindurch mit voller Hingabe an meinen Beruf Kellermeister gewesen. Was ist die Folge davon? Ich bin ein so dumpfiger Mensch, wie nur irgend einer lebt – Sie können keinen dumpfigeren finden – noch können Sie was einen melancholischen Sinn anbetrifft meinesgleichen zum zweiten mal auftreiben. »Singt und schnell den Becher gefüllt! Jeder Tropfen, der überquillt, spült von der Stirn des Grames Falten, bannt aus der Seele die düsteren Gewalten.« Ja. Vielleicht ist das so. Aber wer durch die Poren der Haut mit Dunst angefüllt wird, noch dazu unter der Erde, der heitert sich nicht auf.«

»Das thut mir leid, Joey. Ich hatte gehofft, daß Du auch in die Singeschule eintreten werdest, die wir im Hause errichteten.«

»Ich, Sir? Nein, nein, junger Herr Wilding. Joey Ladle würde die ganze Harmonie dumpfig machen. Eine Speisenvertilgungsmaschine ist das einzige, Sir, zu dem ich außerhalb der Kellerräume zu verwenden bin; aber mir kann es recht sein, wenn Sie es der Mühe für werth halten so etwas, wie Sie eben erwähnten, zu errichten.«

»Das thue ich, Joey.«

»Kein Wort weiter, Sir! Meines Geschäftsherrn Wille ist mir Gesetz. – Und Sie werden den jungen Herrn George Vendale als Compagnon in das alte Geschäft aufnehmen?«

»Das werde ich, Joey.«

»Noch mehr Veränderungen! Aber, hören Sie, ändern Sie die Firrna nicht wieder. Thun Sie es nicht, junger Herr Wilding. Es war schlimm genug, daß sie in Sie selbst und Co. verwandelt wurde. Besser wäre es gewesen, sie Pebbleson Nephew heißen zu lassen, denen das Glück immer treu geblieben ist. Man muß das Glück? nie versuchen, wenn es gut gelaunt ist, Sir.«

»Was auch kommen mag, ich habe nicht die Absicht, den Namen des Hauses noch einmal zu ändern, Joey.«

»Freut mich zu hören und ich wünsche Ihnen einen guten Tag, junger Herr Wilding; aber Sie hätten um Vieles besser gethan,« murrte Joey Ladle kopfschüttelnd, als er die Thür hinter sich schloß, »den Namen zu lassen wie er war. Sie hätten um Vieles besser gethan, sich, vom Glück führen zu lassen; als seinen Weg zu durchkreuzen.«

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