Читать бесплатно книгу «Pfarre und Schule. Dritter Band.» Friedrich Gerstäcker полностью онлайн — MyBook
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Zweites Kapitel
Der Oberpostdirector

»Der Herr Oberpostdirector sind eben von der Jagd zurückgekommen, aber sogleich zu sprechen – wenn der Herr Doctor sich nur einen Augenblick gedulden, und hier gefälligst eintreten wollten,« sagte der alte Poller, und öffnete mit einem knechtischen unterthänigsten Diener die Thür des nächsten Zimmers.

»Gut – schön,« sagte Wahlert zerstreut, nahm den Hut ab, und betrat das Gemach, wo er, als er Niemanden darin erblickte, rasch und ungeduldig hin und wieder schritt – manchmal am Fenster stehen blieb, in den Hof hinabsah, wieder umkehrte, und seine Wanderung von Neuem begann.

Endlich ging die aus dem Nebenzimmer hereinführende Thür auf, und der Herr von Gaulitz betrat mit höflicher, mild freundlicher Verbeugung das Zimmer. Doctor Wahlert erwiederte kalt und förmlich den Gruß.

»Ah, Herr Doctor Wahlert,« sagte, als ob er einen lieben, lange nicht gesehenen Freund ganz plötzlich wieder erkannt hätte, der Oberpostdirector – »ei, das freut mich ja doch ganz ungemein, daß Sie mir die Ehre geben. Es waren allerdings ganz eigenthümliche Verhältnisse, unter denen wir uns das letzte Mal sahen, aber die Zeit – die Umstände – Sie werden – Sie haben gewiß – Sie tragen mir gewiß keinen Groll deshalb nach, nicht wahr, mein guter Herr Doctor – ganz eigenthümliche Verhältnisse. – Was – wenn ich fragen darf, – verschafft mir denn jetzt eigentlich das so ganz unerwartete Vergnügen? – aber bitte, wollen Sie sich denn nicht setzen?«

»Wunderbarer Weise führen mich eben so eigenthümliche Verhältnisse, auch durch die Zeit geboten, zu Ihnen her,« erwiederte ihm, die Einladung zum Sitzen mit leiser Handbewegung ablehnend, Wahlert. »Herr Oberpostdirector, ich komme nicht für mich, sondern für ein anderes unglückseliges Geschöpf, das Sie elend gemacht haben, hierher, Gerechtigkeit zu verlangen – Gerechtigkeit zu fordern, und wenn ich sie nicht erlangen kann, sie im schlimmsten Fall zu – erzwingen. Es ist besser, daß wir uns ohne weiteres auf den Standpunkt stellen, auf dem wir zusammen stehen müssen, wir ersparen dabei eine Menge Umstände, die uns im anderen Falle nur die kostbare Zeit rauben würden.«

»Sie sind ungemein aufrichtig und ungenirt,« lächelte der Herr von Gaulitz in süßer Verlegenheit den jungen Mann an – »spannen aber doch, wie ich wirklich gestehen muß, und trotz Ihrer lobenswerthen Eile, um zur Sache zu kommen, meine Neugierde in peinlichster Weise auf die Folter. Dürfte ich Sie wohl ersuchen, mir zu sagen, was dieser langen, schönen Rede kurzer Sinn eigentlich ist, und ob Sie auch in der That den Oberpostdirector von Gaulitz gesucht haben, um an ihn all' diese wunderbaren, und durch ein so treffliches Vorwort eingeleiteten Anforderungen zu stellen?«

»Herr Oberpostdirector,« sagte Wahlert, der sarkastischen Kälte wiederum ernste Ruhe entgegenstellend, »die Sache geht Sie tiefer an, als Sie vermuthen, und ich erbitte für wenige Minuten mir Ihre volle Aufmerksamkeit.«

»Aber bitte, wollen Sie sich denn nicht setzen?«

Wahlert ließ sich, ohne etwas darauf zu erwiedern, dem Oberpostdirector dicht gegenüber auf einem Stuhle nieder, und sagte mit leiser, absichtlich halb unterdrückter Stimme:

»Kennen Sie Marie Meier?«

Der Oberpostdirector entfärbte sich leicht, sammelte sich aber bald wieder, sah eine kurze Zeit, wie über etwas nachdenkend vor sich nieder, und antwortete dann:

»Hm, hm – ich dächte – ich dächte, eine Marie Meier wäre einmal vor einiger Zeit Wirthschafterin bei mir gewesen – ich kann mich aber doch nicht mehr so recht darauf besinnen.«

»Herr Oberpostdirector,« sagte Wahlert aufstehend, »ich kenne Ihr ganzes Verbrechen, Verstellung – Leugnen, helfen Ihnen nichts mehr – Marie hat mir Alles gestanden, und Sie wissen, was Ihnen bevorsteht, wenn ich diese Thatsachen der Oeffentlichkeit übergebe.«

»Mein Herr –« sagte von Gaulitz, der noch immer hoffte, durch eine kecke Stirn dem jungen unerschrockenen Mann zu imponiren – »Sie vergessen, mit wem Sie reden – ich bin ein Mann, dessen frommer Wandel der Welt bekannt ist, und den ehrenschänderische Gerüchte nicht im Stande sind, weder vor den Augen des Publicums, noch vor Gericht zu verdächtigen. Ich ersuche Sie in meinen eigenen vier Pfählen um die Achtung, die ich in meiner Stellung erwarten und beanspruchen kann.«

»So zwingen Sie mich denn,« erwiederte mit finsterem Blick und Ton Wahlert, »zu einem Schritt, den ich Ihretwegen gern vermieden hätte. – Herr Oberpostdirector, ich kenne Ihren ganzen Charakter – mein Vater ist, wie Sie wissen, Generalsuperintendent, und Ihnen, wenn auch nicht befreundet, doch bekannt – durch ihn erfuhr ich diese sogenannte Frömmigkeit, mit der Sie vor den Augen der Welt den Ruf eines gottesfürchtigen ehrlichen Mannes zu behaupten wußten.«

»Herr Doctor Wahlert!« rief von Gaulitz, seinen aufsteigenden Zorn kaum unterdrückend.

»Hierdurch aufmerksam gemacht,« fuhr aber Wahlert, den aufwallenden Grimm des Mannes gar nicht beachtend, fort, »und den Interessen des Volkes meine Zeit widmend, nahm ich mir die Mühe, mich näher nach Ihnen zu erkundigen – meine Menschenkenntniß wollte ich mit dem Resultat bereichern, ob ein Mann von Ihrer Bildung, in Ihrer Stellung und von – Ihren Zügen – denn ich gebe etwas auf Physiognomie – wirklich so fromm und gottesfürchtig sein, und doch stets mit leeren Bibelsprüchen um sich her werfen, und seine Briefe und Gespräche damit würzen könnte. Ich fand daß ich mich nicht geirrt.«

»Diese Unverschämtheit ist so originell,« sagte endlich der Oberpostdirector mit einem erzwungenen Lachen »daß sie wirklich interessant wird – fahren Sie fort,« und er biß seine Lippen fest zusammen, verschränkte die Arme, und stand, die Augen mit einem recht boshaft tückischen Ausdruck auf das offene Angesicht des ihm gegenüber Stehenden geheftet, still und schweigend dem weiteren Verlauf der Rede lauschend, da.

»Das ist meine eigene individuelle Meinung,« fuhr Wahlert fort, »und die braucht Sie wenig zu kümmern; andere Thaten aber ruhen im Mund Ihrer Untergebenen, und nur an einem unerschrockenen Auftreten hat es bis jetzt gefehlt, ihnen Worte zu geben. – Die Sünde, die Sie an Marien begangen, brauche ich Ihnen nicht zu wiederholen – sie allein wäre hinreichend, tausendfältigen Fluch auf ihr schuldbeladenes Haupt herab zu rufen – andere Verbrechen sind es aber noch, deren Sie bezüchtigt werden, und soll mir Gott in meiner letzten Stunde beistehen, wie ich auftreten will gegen Sie, fügen Sie sich nicht dem, was ich jetzt von Ihnen fordere.«

»Was wissen Sie von mir, Herr?«

»Gut denn, wenn Sie es nicht anders wollen,« sagte Wahlert, mit düsterer Entschlossenheit im Blick, »so hören Sie, und urtheilen Sie dann selber, ob ich im Stande wäre, Ihnen gefährlich zu werden. – Auf dem Verbrechen, das Sie an Marien begangen, steht Eisenstrafe, daß Sie Ihnen freundlich gesinnte Dirnen an Ihre Untergebenen verheirathet, und diese dann ungerechter Weise bevorzugend, in höhere Stellen einrücken ließen, wie vor gar nicht langer Zeit auf solche Art einen Postillon, der schurkisch genug war, sich Ihrem Willen zu fügen, in eine Secretariatsstelle, glaub' ich – das sind Nebensachen. Das vornehme ›Gesindel‹ in den Städten liebt dergleichen Unterhaltungen, und lohnt stets auf anderer Leute Kosten; aber ich weiß auch, daß Sie des Ehebruchs, selbst in neuster Zeit überführt sind, und kann Ihnen die – falschen Zeugen vor Gericht bringen, die Sie gegen Ihr armes Weib gedungen. Jetzt also, Herr Oberpostdirector, frage ich Sie zum letzten Mal, wollen Sie es, mir gegenüber, zum Aeußersten kommen lassen; wollen Sie Alles leugnen, und dann versuchen, wie weit ich die Sache treibe?«

Der Oberpostdirector schwieg, und schaute, an den Nägeln der linken Hand kauend, stier vor sich nieder.

»Gut – es steht in Ihrer Gewalt!« sagte Wahlert plötzlich nach einer langen Pause, in der er auf eine Antwort gewartet zu haben schien – »thun Sie, was Sie für sich selber als das Beste halten – aber bedenken Sie auch, daß wir nicht mehr das alte System haben, unter dem die ›Großen des Reichs‹ wie fast unverletzliche Personen standen, und Einer durch den Anderen beschützt wurden – Gerechtigkeit herrscht jetzt im Lande, Herr Oberpostdirector, und denken Sie sich Ihr fürchterliches Loos, wenn Ihnen Gerechtigkeit würde.«

»Sie häufen Beleidigungen auf Beleidigungen,« sagte Herr von Gaulitz mit leiser, heiserer Stimme, verließ seinen Platz am Tisch, und ging mit raschen Schritten im Zimmer auf und ab –

»Und Ihre Antwort?« frug Wahlert ernst.

Der Gutsherr, dessen Gesicht eine Leichenfarbe angenommen hatte, blieb plötzlich stehen, sah den jungen Mann mit einem Blick des tiefsten, bittersten Hasses an, den dieser jedoch mit einem trotzigen Lächeln erwiederte, und sagte schnell:

»Sie können mir Nichts beweisen, Herr, nicht das Mindeste – alle Ihre Beschuldigungen sind falsch – falsch, wie die Hölle, in der sie gebraut wurden. – Wagen Sie es, mit solchen Klagen gegen den Oberpostdirector von Gaulitz vor Gericht zu treten – wagen Sie es, aber ›der Herr wird seine Feinde vernichten, und die in den Staub werfen, so wider Ihn die Waffen ergreifen – das Licht des Gottlosen wird verlöschen, und der Funke seines Feuers wird nicht leuchten.‹«

»Herr Oberpostdirector,« erwiederte ihm leise der junge Mann, »ich könnte Sie vielleicht selbst mit Bibelversen schlagen, läge mir daran, einen Wortstreit mit Ihnen zu haben. ›Ein falscher Zeuge bleibt nicht ungestraft, und wer Lügen frech redet, wird nicht entrinnen‹ – was sagen Sie z. B. zu der Stelle. – Doch genug der Worte – Thaten will ich jetzt, und die letzte Frage möchte ich hiermit an Sie richten – wollen Sie sich meiner Forderung fügen?«

»Was wollen Sie von mir!« sagte der Oberpostdirector, die Nägel seiner linken Hand noch immer mit den Zähnen beschneidend, während er sich halb von dem jungen Manne abwandte, als ob er den Blick desselben nicht ertragen könnte – »was ist es – was fordern Sie?«

»Nichts für mich,« entgegnete ihm Wahlert ruhig, »nur die Unterschrift dieser Zeilen.«

Der Oberpostdirector nahm sie schweigend aus seiner Hand, und überflog sie rasch mit dem Blick –

»Sind Sie wahnsinnig?« frug er da rasch und plötzlich – »halten Sie mich für einen Crösus?«

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