Читать книгу «Für Immer mit Dir» онлайн полностью📖 — Sophie Love — MyBook.

KAPITEL ZWEI

Die Hauptstraße war von Menschen gesäumt, die entweder mit Flaggen wedelten oder Luftballons in den Händen hielten. Genau wie bei den meisten nationalen Feierlichkeiten legte sich Sunset Harbor auch für den Labor Day voll ins Zeug. Die Stadt war wunderschön geschmückt: Zwischen Straßenlaternen und Bäumen hingen Girlanden und Laternen und an Zäunen waren Wimpel befestigt. Zudem gab es einen kleinen Rummel.

Während sie die geschäftigen Straßen entlanggingen, hielt Emily Chantelles Hand fest in ihrer eigenen, denn sie spürte, wie überwältigt das kleine Mädchen war. Doch jedes Mal, wenn sie nach unten blickte, sah sie, dass auf Chantelles Gesicht ein Lächeln lag. Zu wissen, dass das Kind glücklich war, erfüllte Emilys Herz mit Freude, aber auch mit ganz anderen Emotionen, nämlich einer inneren Ruhe und Zufriedenheit. Schon seit längerem wollte Emily eigene Kinder haben, doch ihr war nicht bewusst gewesen, wie sehr es sie erfüllen würde, Zeit mit Chantelle zu verbringen.

Emily kam nicht umhin zu bemerken, dass Daniel andererseits sehr angespannt wirkte. Die Menschenmenge schien ihn nervös zu machen und er wirkte wie ein Adler, der hinter jeder Straßenecke eine Gefahr lauern sah. Während er wie von selbst in die Rolle des Beschützers verfallen war, hatte er noch Schwierigkeiten, eine richtige Beziehung zu seiner Tochter aufzubauen. Emily hoffte, dass es sich hierbei nur um Startschwierigkeiten handelte, und dass er sich im Laufe der Zeit entspannen und das Elternsein so sehr genießen würde wie sie. Er musste lernen, ein Papa zu sein, nicht nur ein Vater.

In der Menge entdeckte Emily Cynthia Jones, ihre Freundin aus Sunset Harbor, die den Buchladen führte. Wie immer war diese – mit einem glitzernden, blauen Rock, einem funkelnden Oberteil und einem glitzernden, weißen Cowboy-Hut – extravagant gekleidet. Das gesamte Outfit biss sich fürchterlich mit ihrem gefärbten orangenen Haar.

Bei Cynthias Anblick stieg in Emily wieder eine gewisse Nervosität auf, denn noch vor ein paar Wochen hatte sie die ältere Frau um Hilfe gebeten, nachdem sie und Daniel von Chantelles Existenz erfahren hatten. Und nun lief sie Hand in Hand mit Daniel und seinem Überraschungsking die Straße entlang und zu dritt gaben sie sich wie eine glückliche Familie. Unwillkürlich hatte Emily Angst vor dem, was die andere Frau nun von ihr denken würde.

Doch als Cynthias Blick auf sie fiel, grinste sie breit und winkte. Emily konnte in ihrem Blick sehen, dass die andere Frau die Entwicklungen guthieß.

„Chantelle, ich stelle dir nun eine meiner Freundinnen vor“, sagte Emily.

Dann führten Daniel und sie Chantelle zu der Stelle, an der Cynthia auf sie wartete. Sofort zog diese Emily in ihre Arme.

„Ich wusste, dass sich am Ende alles richten würde“, flüsterte sie Emily zu, während sie sie fest an sich drückte.

Emily erwiderte die Umarmung. Cynthia hatte sie seit ihrer Ankunft in Sunset Harbor vor acht Monaten so sehr unterstützt und war ihr eine solch gute Freundin gewesen, dass sie von einer Welle der Dankbarkeit überrollt wurde.

„Das ist Chantelle“, sagte Emily schließlich, nachdem sie sich aus den Armen ihrer Freundin gelöst hatte.

Cynthia kniete sich nieder, sodass sie mit dem kleinen Mädchen auf einer Augenhöhe befand. „Ich freue mich sehr, dich kennen zu lernen, Chantelle. Ich glaube, dir wird es hier in Sunset Harbor wirklich gut gefallen.“

Chantelle, die wieder schüchtern geworden war, klammerte sich an Emily Bein, woraufhin diese unwillkürlich durch das weiche, blonde Haar des Mädchens streichen musste, denn in ihr blühte ein überwältigendes Muttergefühl auf. Wieder einmal war sie schockiert, wie schnell und plötzlich ihre Liebe für Chantelle doch erblüht war. Außerdem spürte sie, dass Chantelle wohl genauso empfand, denn obwohl sie sich gestern Nacht noch an Daniel geklammert hatte, tat sie dies heute bei Emily.

In diesem Moment trat ein Mann mit mausgrauem, verstrubbeltem Haar an sie heran.

„Owen“, begrüßte Cynthia ihn, „du erinnerst dich doch noch an Emily, nicht wahr? Von der Pension?“

„Natürlich“, erwiderte Emily, die ihm ihre Hand entgegenstreckte. „Du hast mein Klavier gestimmt.“

Owen nickte bekräftigend. Er schien ein recht zurückhaltender Mann zu sein. „Wie läuft es denn dort? Wenn ich mich recht erinnere, hattest du es ziemlich eilig, das ganze Haus auf Vordermann zu bringen.“

„Das stimmt“, pflichtete Emily ihm bei. „So schnell möchte ich auf keinen Fall mehr zwanzig Zimmer innerhalb von vierundzwanzig Stunden renovieren und bezugsfertig machen! Aber vielen Dank für deine Hilfe beim Stimmen des Klaviers. Es klingt nun fantastisch.“

Owen lächelte. „Das freut mich zu hören. Um ehrlich zu sein, hat es mir Spaß gemacht, an einem solch antiken Klavier zu arbeiten. Ich würde mich sehr freuen, irgendwann wieder einmal darauf spielen zu können.“

„Du bist jederzeit willkommen“, meinte Emily. „Irgendwann hätte ich gerne einen dauerhaften Klavierspieler in der Pension. Aber ich Moment habe ich einfach nicht das Geld dafür.“

„Nun ja“, erwiderte Owen mit seinem netten, schüchternen Lächeln. „Wie wäre es, wenn ich vorbeikomme und kostenlos spiele? Der Auftritt vor Menschen würde mir guttun und du würdest mir gleichzeitig einen Gefallen erweisen.“

Emily war begeistert. „Das wäre wunderbar!“

Schnell tauschten sie Nummern aus und winkten Owen zum Abschied zu. Emily war unglaublich froh, nun einen Klavierspieler in der Pension zu haben.

„Komm, Chantelle“, sagte Emily, von ihrem Treffen mit Owen optimistisch gestimmt. „Lass uns auf den Rummel gehen.“

Mit diesen Worten übernahm Emily die Führung und bahnte sich den Weg zu den Zelten, in den die traditionellen Spiele bestehend aus einer Wurfbude und einem Schießstand aufgebaut waren.

„Wollen wir mal sehen, ob du ein Spielzeug für Chantelle gewinnen kannst?“, schlug Emily Daniel vor.

Dieser sah sie mit einem verlorenen, hilflosen Blick an, so als ob es ihm peinlich wäre, nicht selber auf die Idee gekommen zu sein.

„Natürlich“, entgegnete er mit einem etwas gezwungenen Lächeln. „Schau zu und lerne.“

Emily tätschelte Chantelles Schulter, während sie dabei zusahen, wie Daniel den Mann an dem Stand bezahlte und anschließend mit dem Luftgewehr zielte. Er traf das Ziel mit drei perfekten Schüssen. Chantelle sprang auf und ab und begann, in die Hände zu klatschen.

„Na los“, wurde sie von Emily ermutigt. „Such dir einen Preis aus.“

Sofort stürmte Chantelle zu dem Stand und suchte sich den größten und weichsten Teddybären aus.

„Bedankst du dich noch bei Daddy?“, schlug Emily vor.

Doch Chantelle drückte den Bären fest an sich und schaute zaghaft auf ihre Schuhe hinab, während sie ihm im Flüsterton dankte. Sofort legte sich wieder ein angespannter Ausdruck auf Daniels Gesicht, weshalb Emily ihre Hand ausstreckte und seinen Arm aufmunternd drückte, als ob sie ihm dadurch sagen wollte, dass es nicht seine Schuld war. Gleichzeitig nahm sie sich vor, Daniel so oft es ging zu bestärken, ihn zu loben und ihn zu trösten, denn die ganze Sache machte ihm sichtlich zu schaffen.

Auf einmal stießen sie mit Serena zusammen.

„Oh mein Gott!“, rief diese, als sie von Chantelle zu Daniel und Emily blickte. „Das ist ja…so großartig.“

Emily hatte noch keine Gelegenheit gehabt, jemandem von Daniels Rückkehr zu erzählen, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er Chantelle mitgebracht hatte. Serena war einer derjenigen gewesen, die sich um Emily gekümmert und ihr durch die schwierigen Wochen von Daniels Abwesenheit geholfen hatten. Sie wusste, dass es ihrer jungen Freundin viel bedeutete, sie nun alle zusammen, glücklich und vereint zu sehen.

Serena beugte sich hinab, um mit Chantelle zu sprechen. Sie hatte eine solch natürliche Gabe, schnell zu Menschen eine Beziehung aufzubauen, dass sich Chantelle bei ihr wohl schon bald sichtlich wohl fühlte.

„Hier wird auch Zuckerwatte verkauft“, meinte Serena. „Mit Zuckerstreuseln! Willst du mit mir kommen und eine kaufen?“

Chantelle sah zu Daniel und Emily auf, die zustimmend nickten. Als die beiden dabei zusahen, wie Serena und Chantelle Hand in Hand zu dem Zuckerwattestand gingen, verspürte Emily plötzlich einen gewissen Verlust, fast schon eine Art Trauer in sich aufsteigen. Das kleine Mädchen war gerade einmal auf die andere Straßenseite gegangen und schon wurde Emily dessen Abwesenheit schmerzlich bewusst. So müssen sich wohl Mütter fühlen, dachte Emily mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.

In diesem Moment zog Daniel Emily dicht an sich heran, so als ob er Trost und Bestätigung bei ihr suchte.

„Das machst du wirklich gut“, lobte sie ihn, während sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte.

„Diesen Eindruck habe ich allerdings nicht“, entgegnete er. „Ich habe ständig das Gefühl, nur auf eine Katastrophe zu warten.“

„Das ist doch vollkommen normal“, beruhigte Emily ihn. „Du bist jetzt ein Vater und hast Vaterinstinkte.“

Daniel lachte. „Vaterinstinkte, hm?“, scherzte er, wobei er sich zum ersten Mal, seit sie die Pension verlassen hatten, wieder gelassen anhörte. „Ist das wie der Spinnensinn von Spider Man?“

Emily nickte kräftig. „Nur tausendmal besser.“

Während sie stumm Chantelle und Serena am Zuckerwattestand beobachteten, fühlte sich Emily zufrieden und wunderbar glücklich. Sogar noch glücklicher als sie es je für möglich gehalten hatte.

Dann kamen Serena und Chantelle zurückgesprungen, wobei Chantelles Gesicht vor lauter Zucker klebte.

„Probiere mal, Emily!“, rief sie, während sie ihr die glitzernde Regenbogen-Zuckerwatte entgegenstreckte.

Überwältigt, dass das kleine Mädchen mit ihr teilen wollte, nahm Emily einen Bissen. „Lecker!“, stimmte sie fröhlich zu, obwohl sie sich beherrschen musste, nicht vor Freude zu weinen.

„Will Daddy auch einmal probieren?“, schlug Emily vor. Sie wollte auf keinen Fall, dass sich Daniel außen vor fühlte, auch wenn regenbogenfarbene Zuckerwatte wahrscheinlich das letzte war, das er jemals probieren wollte.

Schüchtern streckte Chantelle ihre Zuckerwatte Daniel entgegen. Dieser öffnete seinen Mund übertrieben weit, gab dann ein lautes Knirschen von sich, als er vorgab, in die Zuckerwatte zu beißen und schmatzte laut. Sofort brach Chantelle in Gelächter aus. Es war das erste Mal, dass sich Daniel gehen gelassen und sich auf verspielte Weise mit Chantelle beschäftigt hatte. Als Emily Daniels Blick auffing, wackelte er mit den Augenbrauen und schenkte ihr ein triumphierendes Lächeln.

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