Kendrick stürmte begleitet von seinen Männern auf Vinesia zu, der Stadt, in die sich Andronicus Bataillon zurückgezogen hatte. Ein hohes, eisernes Fallgitter blockierte die Stadttore, die Steinmauern waren stark, und Andronicus Männer die innerhalb und außerhalb der Mauern lagerten waren deutlich in der Überzahl. Und das Überraschungsmoment war auch nicht mehr auf Kendricks Seite. Und was noch schlimmer war, hinter der Stadt fluteten tausende von Empire Kriegern die Ebene um die Position in Vinesia zu verstärken. Gerade als Kendrick sicher war, sie in die Flucht geschlagen zu haben, kippte die Situation. Tatsächlich marschierte nun eine ganze Armee geordnet und diszipliniert auf Kendrick zu – eine massive Welle der Zerstörung, bereit, über ihn und seine Männer einzubrechen.
Die einzige Alternative zum Kampf war der Rückzug nach Silesia, und es für eine Weile zu halten, bis das Empire es wieder einnahm und sie alle wieder Sklaven wurden. Und das durfte nicht sein.
Kendrick war nie einer gewesen, der sich vor einer Konfrontation zurückgezogen hätte, selbst wenn er in der Unterzahl war und das galt auch für die tapferen Krieger aus MacGils Armee, aus Silesia und die Männer der Silver. Sie alle würden mit ihm in den Tod gehen. Kendrick umklammerte den Knauf seines Schwertes fester. Er wusste genau, was er an diesem Tag zu tun hatte.
Von den Männern des Empire erschallte lautes Schlachtgeschrei, und Kendrick begegneten dem Schrei mit ihrem eigenen, noch lauteren.
Als Kendrick und seine Männer den Hügeln hinunterritten, um sich der entgegenkommenden Armee zu stellen, wussten sie, dass es eine Schlacht war, die sie nicht gewinnen konnten – doch sie waren fest entschlossen, sie dennoch zu schlagen. Kendrick spürte den Wind in seinem Gesicht, und die Vibration des Schwertknaufs in seiner Hand, und er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er sich selbst im Schlachtgetümmel verlor, im wohlbekannten Ritus der Schwerter.
Kendrick vernahm überrascht ein Kreischen hoch über sich; er legte den Kopf in den Nacken und sah etwas pfeilschnell durch die Wolken schießen. Er hatte es schon einmal gesehen – es war Thor auf dem Rücken von Mycoples – doch es nahm ihm immer noch den Atem. Besonders diesmal, denn er entdeckte auch Gwendolyn auf dem Rücken des Drachen.
Kendricks Herz schwall, als er sah, wie sie aus den Wolken hinabtauchten und er erkannte, was gleich geschehen würde.
Er grinste breit, hob sein Schwert höher und ritt schneller, und wusste sicher, dass der Sieg an diesem Tage ihrer sein würde.
Thor und Gwen flogen auf dem Rücken von Mycoples durch die Wolken und sie schlug mit ihren riesigen Flügeln als Thor sie drängte, schneller zu fliegen. Er konnte die Gefahr für Kendrick und die anderen unter sich spüren als sie durch die Wolken brachen. Vor ihnen tat sich die Szene in der Weite der Landschaft auf: zwischen den sanften Hügeln sah er die riesige Division von Andronicus Männern, die auf Kendricks Männer zustürmte.
Thor lenkte Mycoples nach unten.
„Tiefer!“, flüsterte er.
Sie tauchte nach unten, so dicht über den Boden, dass Thor beinahe abspringen konnte, und spie Feuer. Thor spürte die Hitze. Welle um Welle von Feuer rollte über die Ebene, begleitet von den panischen Schreien von Andronicus Männern. Mycoples ließ Zerstörung auf sie herabregnen, anders als alles, was die Männer je gesehen hatte. Sie setzte die Landschaft meilenweit in Brand und tausende von Männern fielen.
Die Überlebenden drehten sich um und suchten ihr Heil in der Flucht. Thor überließ die verbliebenen Männer Kendrick und wandte sich den Männern innerhalb der Stadt zu.
Er wusste, dass Mycoples innerhalb eines so beengten Bereichs nur schlecht manövrieren konnte, und es zu riskant sein würde, sie innerhalb der steilen, engen Wände zu landen. Thor sah, wie hunderte von Männern mit Pfeilen und Speeren gen Himmel zielten, und er fürchtete, dass sie Mycoples auf diese kurze Distanz verletzen könnten. Es gefiel ihm ganz und gar nicht. Er spürte, wie das Schwert des Schicksals in seiner Hand pulsierte und wusste, dass dies eine Schlacht war, die er selbst schlagen müssen würde.
Thor ließ Mycoples vor der Stadt landen, direkt vor dem riesigen eisernen Fallgitter. Als sie landete, flüsterte Thor ihr ins Ohr: „Das Tor. Brenn es nieder und ich übernehme den Rest.“
Mycoples saß da, wedelte zustimmend mit den Flügeln und brummte. Sie wollte lieber bei Thor bleiben und mit ihm kämpfen. Doch Thor ließ es nicht zu.
„Das ist meine Schlacht.“, insistierte er. „Und du musst Gwen in Sicherheit bringen.“
Mycoples folgte. Sie lehnte sich zurück und spie Feuer auf das eiserne Tor, bis es einfach schmolz. Dann lehnte sich Thor zu Mycoples Ohr hinunter und flüsterte: „Und nun flieg! Bring Gwendolyn in Sicherheit.“
Er sprang von ihrem Rücken und fühlte das Pochen des Schwerts des Schicksals in seiner Hand.
„Thor!“, rief Gwen.
Doch Thor rannte bereits durch die geschmolzenen Tore. Er hörte, wie sich Mycoples in die Lüfte erhob und wusste, dass sie Gwen in Sicherheit bringen würde.
Er rannte durch die offenen Tore in den Hof und mitten ins Herz der Stadt, mitten unter tausend feindliche Krieger. Das Schwert des Schicksals vibrierte in seiner Hand als wäre es lebendig, und er fühlte sich mit jedem Schritt, als führte das Schwert ihn und alles was er tun musste, war es zu halten.
Thor spürte, wie sich sein Körper bewegte, er in jede Richtung angriff, das Schwert durch Männer hindurchschnitt, als wären es Butter und dutzende mit einem einzigen Streich tötete.
Thor fuhr herum und ließ eine Welle der Zerstörung in alle Richtungen los. Zunächst versuchten die Männer des Empire ihn anzugreifen, doch nachdem Thor durch ihre Schilde, ihre Rüstungen und ihre Waffen schnitt, als wären sie nicht einmal da, nachdem er Reihe um Reihe von Männern tötete, erkannten sie, was ihnen gegenüberstand: ein magischer, unaufhaltsamer Wirbelwind der Zerstörung. In der Stadt brach heilloses Chaos aus. Tausende von Empire Kriegern versuchten zu fliehen. Doch sie konnten nicht entkommen. Thor war so schnell, als würde sich ein Blitz durch die Stadt ausbreiten. Die Krieger rannten in Panik zu den Stadtmauern und trampelten sich gegenseitig nieder.
Doch Thor ließ sie nicht entkommen. Er stürmte in jeden Winkel der Stadt – das Schwert führte ihn mit unglaublicher Geschwindigkeit, und in Gedanken bei Gwendolyn und was Andronicus ihr angetan hatte, übte er Rache und tötete er einen Krieger nach dem anderen. Es war an der Zeit, dass er richtig stellte, was Andronicus dem Ring angetan hatte.
Andronicus , sein Vater. Der Gedanke daran, brannte durch ihn wie ein Feuer. Mit jedem Schwerthieb stellte sich Thor vor, ihn zu töten, und damit seine Herkunft auszulöschen. Thor wollte jemand anderes sein, von anderem Geblüt. Er wollte einen Vater, auf den er stolz sein konnte. Jeden Vater, nur nicht Andronicus . Und wenn er genug seiner Männer tötete, dann würde er sich vielleicht auch von Andronicus befreien.
Thor kämpfte im Taumel, wandte sich in jede Richtung, bis er endlich bemerkte, dass er ins Leere hieb. Er sah sich um und bemerkte, dass jeder einzelne von Andronicus Männern tot am Boden lag. Die Stadt war voller Leichen. Es war niemand mehr übrig, den er hätte töten können.
Thor stand alleine auf dem Hauptplatz und atmete schwer. Das Schwert glühte in seiner Hand und keine Menschenseele war mehr da, um ihn anzugreifen.
Thor hörte aus der Ferne Jubel aufbranden und erwachte. Er lief vor die Stadt und sah, wie Kendricks Männer die Reste der Arme verfolgten.
Als Thor aus dem Stadttor kam, sah Mycoples ihn und landete mit Gwendolyn auf dem Rücken. Thor stieg auf und sie erhoben sich wieder in die Lüfte. Sie flogen über Kendricks Armee hinweg und Thor sah sie wie Ameisen unter sich. Sie jubelten siegestrunken, als er über sie hinwegflog. Vor ihnen waren nur noch verstreute Reste von Andronicus Legionen.
„Tiefer.“, flüsterte Thor.
Sie tauchten hinab, und Mycoples spie Feuer auf die verbliebenen Männer des Empire. Die Wand aus Feuer wuchs immer schneller und löschte eine Reihe nach der anderen aus. Schreie erhoben sich zum Himmel und bald hatte Thor die restliche Nachhut ausgelöscht. Alle waren tot.
Sie flogen weiter über die unendliche Weite und Thor wollte sichergehen, dass niemand mehr übrig war. In der Ferne sah Thor die Highlands, die den Osten vom Westen trennte. Zwischen hier und den Highlands war nicht ein einziger Empire Krieger mehr am Leben. Thor war zufrieden.
Das gesamte Westliche Königreich war befreit. Genug des Tötens für einen einzelnen Tag. Die Sonne begann sich zu senken, und was auch immer auf der östlichen Seite der Highlands lag, konnte für den Augenblick dort bleiben.
Thor lenkte Mycoples zurück zu Kendrick. Die Landschaft zog unter ihm vorbei und er hörte die Jubelschreie der Männer unter sich, die seinen Namen riefen.
Er landete vor der Armee, stieg ab und half auch Gwendolyn von Mycoples Rücken.
Sie wurden von einer riesigen Gruppe in Empfang genommen, und der Jubel des Sieges brandete von allen Seiten auf. Kendrick, Godfrey, Reece und seine Legionsbrüder, die Silver und alle die Thor kannte, kamen sie auf sie zugestürmt um ihn und Gwendolyn zu umarmen.
Endlich waren sie vereint.
Endlich waren sie frei.
Andronicus stürmte in einem plötzlichen Wutanfall durch das Lager, hieb mit seinen langen Klauen und trennte einem jungen Krieger, der unglücklicher Weise zur falschen Zeit am falschen Ort stand, den Kopf ab. Während er durch das Lager wütete, enthauptete er einen Mann nach dem anderen, bis die Männer um ihr Leben rannten, um ihm aus dem Weg zu gehen. Sie hätten wissen müssen, dass man sich besser nicht in seiner Nähe aufhält, wenn er schlechte Laune hatte.
Die Krieger stoben auseinander als Andronicus durch das Lager stürmte und versuchten einen gesunden Abstand zu halten. Sogar seine Generäle folgten ihm in sicherer Distanz – sie kannten seine Wutausbrüche und wussten, dass es besser war, ihm nicht zu nahe zu kommen.
Eine Niederlage war eine Sache. Doch eine derartige Niederlage – das hatte es in der Geschichte des Empire noch nie gegeben. Andronicus war noch nie zuvor besiegt worden. Sein Leben war eine lange Reihe von Siegen gewesen. Jeder einzelne davon brutaler und befriedigender als der davor. Er hatte nicht gewusst, wie sich eine Niederlage anfühlte. Doch nun wusste er es. Und es gefiel ihm ganz und gar nicht.
Andronicus spielte in Gedanken wieder und wieder durch, was geschehen war, und wie die Dinge so schrecklich schief gelaufen waren. Gestern war sein Sieg vollständig erschienen, der Ring hatte ihm gehört. Er hatte King’s Court zerstört und Silesia erobert; hatte alle MacGils unterworfen und ihre Anführerin, Gwendolyn, erniedrigt; er hatte ihre besten Krieger hoch oben an Kreuzen gefoltert, hatte Kolk umbringen lassen, und war im Begriff, Kendrick und die anderen zu exekutieren. Argon hatte sich eingemischt, hatte ihm Gwendolyn entrissen, bevor er sie hatte töten können, und Andronicus war im Begriff gewesen, das zu korrigieren; sie zurückzuholen und mit den anderen umzubringen. Er war einen einzigen Tag entfernt gewesen vom absoluten Sieg und uneingeschränkter Größe.
Und dann hatte sich alles so unglaublich schnell zum Schlechten gewandt. Thor und dieser Drachen waren am Horizont aufgetaucht wie eine üble Geistererscheinung, hatten sich aus den Wolken herabgeschwungen mit einem Regen von Feuer und dem Schwert des Schicksals und hatten ganze Divisionen ausgelöscht. Andronicus hatte alles aus sicherer Distanz mitangesehen; er hatte die gute Entscheidung getroffen, sich auf diese Seite der Highlands zurückzuziehen, während seine Boten ihm den ganzen Tag über Bericht erstatteten über den Schaden, den Thor und der Drachen angerichtete hatten. Im Süden, in der Nähe von Savaria, war ein ganzes Bataillon ausgelöscht; in King’s Court und Silesia war es auch nicht besser. Nun war das gesamte Westliche Königreich des Rings, das einst unter seiner Kontrolle stand, befreit. Es war unfassbar.
Er kochte vor Wut im Gedanken an das Schwert des Schicksals. Es hatte so viel Mühen gekostet, es auf dem Ring fort zu bekommen, und nun, da es zurück war, war der Schild wieder intakt. Das bedeutete, dass er und seine Männer hier gefangen waren; natürlich konnte er den Ring verlassen, doch er konnte keine Verstärkung mehr nach drinnen bekommen. Seiner Schätzung nach hatte er immer noch eine halbe Million Männer hier, auf seiner Seite der Highlands, mehr als genug, um die MacGils zu schlagen; doch gegen Thor, das Schwert des Schicksals und den Drachen, war die Anzahl seiner Männer nunmehr egal. Nun sprach ironischerweise alles gegen ihn. Er fand sich in einer Position wieder, in der er noch nie zuvor gewesen war.
Und als ob die Dinge nicht noch schlimmer werden konnten, hatte seine Spione ihm Bericht erstattet von Unruhen in der Hauptstadt, davon dass Romulus versuchte, ihm den Thron wegzunehmen.
Andronicus knurrte vor Wut und stürmte durch sein Lager. Er wälzte in Gedanken seine Möglichkeiten und suchte nach irgendjemandem, dem er die Schuld geben konnte. Er wusste, dass es als Kommandant das Klügste gewesen wäre, den taktischen Rückzug anzutreten und den Ring jetzt zu verlassen, bevor Thor und sein Drachen sie fanden; die Truppen, die er noch hatte, zu bergen, und in Schande zurück ins Empire zu segeln um seinen Thron zu bewahren. Immerhin war der Ring nur ein kleines Fleckchen in den Weiten des Empire, und jeder große Anführer hatte das Recht auf zumindest eine Niederlage. Er würde immer noch neunundneunzig Prozent der Welt regieren, und er wusste, dass er damit mehr als zufrieden sein konnte.
Doch das war nicht der Weg des Großen Andronicus. Andronicus war niemand der besonnen handelte oder sich mit dem Status Quo zufrieden gab. Er war immer seiner Leidenschaft gefolgt und auch wenn er wusste, dass es riskant war, war er nicht dazu bereit, diesen Ort zu verlassen, seine Niederlage einzugestehen und dem Ring zu erlauben, sich seinem Griff zu entwinden. Selbst wenn er sein Reich opfern musste, er würde einen Weg finden, diesen Ort zu zerstören und zu unterwerfen. Egal was dazu nötig war. Andronicus konnte den Drachen und das Schwert des Schicksals nicht kontrollieren. Doch Thorgrin… das war eine andere Sache. Er war sein Sohn.
Andronicus blieb stehen und seufze bei dem Gedanken. Welche Ironie! Sein eigener Sohn war das letzte Hindernis auf seinem Weg zur Weltherrschaft. Irgendwie schien es passend. Unausweichlich. Es war immer so, das wusste er; die Menschen die ihm am nächsten standen konnten ihm den schlimmsten Schaden zufügen.
Er erinnerte sich an die Prophezeiung. Es war natürlich ein Fehler gewesen, seinen Sohn am Leben zu lassen. Der größte Fehler seines Lebens. Doch es war sein Schwachpunkt gewesen, auch wenn die Prophezeiung vorhersagte, dass das zu seinem eigenen Untergang führen konnte. Er hatte Thor am Leben gelassen, und nun war die Zeit gekommen, den Preis dafür zu bezahlen.
Andronicus stürmte weiter durch das Lager, dicht gefolgt von seinen Generälen, bis er endlich den Rand erreichte und ein Zelt erreichte, das kleiner war als die andren, das eine rote Zelt in einem Meer aus Schwarz und Gold. Das einzige Zelt, das seine Männer fürchteten.
Rafi.
Andronicus persönlicher Zauberer, die finsterste Gestalt, der er je begegnet war. Rafi hatte Andronicus auf jedem Schritt seines Weges beraten, hatte ihn mit seinen finsteren Kräften beschützt und war mehr als jeder andere verantwortlich für seinen Aufstieg. Andronicus missfiel es, sich an ihn zu wenden, zuzugeben, wie sehr er ihn brauchte. Doch wenn er einem Hindernis begegnete, das nicht von dieser Welt war, etwas Magischem, dann war es immer Rafi, an den er sich wandte.
Als Andronicus sich dem Zelt näherte starrten ihn zwei böse Wesen an. Sie waren groß und schlank und ihre Gesichter waren unter scharlachroten Roben verborgen, nur ihre gelb glühenden Augen waren zu sehen. Sie waren die einzigen Wesen im ganzen Lager, die es wagten, in seiner Anwesenheit nicht den Kopf zu senken.
„Ich bin gekommen, Rafi zu sehen“, sagte Andronicus.
Ohne sich umzudrehen, öffneten die beiden Kreaturen den Zelteingang für ihn.
Als sie die Zeltbahnen beiseite schoben, schlug Andronicus ein widerlicher Geruch entgegen, der ihn zurückschrecken ließ.
Lange tat sich nichts. Die Generäle waren hinter Andronicus stehengeblieben und sahen ihn erwartungsvoll an – genauso wie nahezu alle Männer im Lager. Angespannte Stille breitete sich aus.
Schließlich kam aus dem roten Zelt eine große und dürre Gestalt, fast doppelt so groß wie Andronicus und so dürr wie der Ast eines Olivenbaums, gekleidet in eine dunkelrote Robe, das Gesicht tief unter der Kapuze verborgen.
Rafi stand da und blickte Andronicus an, und alles was Andronicus sehen konnte, waren seine starren gelben Augen.
Gespanntes Schweigen.
Endlich trat Andronicus vor.
„Ich will Thorgrin tot sehen.“, sagte er.
Nach langem Schweigen kicherte Rafi. Es war ein verstörender Klang.
„Väter und Söhne“, sagte er. „Es ist doch immer das Gleiche!“
Andronicus brannte innerlich vor Ungeduld.
„Kannst du mir helfen?“, drängte er.
Rafi stand viel zu lange schweigend da, so lange, dass Andronicus in Betracht zog, ihn zu töten. Doch er wusste, dass wäre albern. Einmal während eines Wutanfalls hatte Andronicus versucht, in zu erstechen, und der Dolch war in seiner Hand geschmolzen. Der Knauf hatte seine Hand verbrannt, und es hatte Monate gedauert, bis er sich von den Schmerzen erholt hatte.
Also stand Andronicus lediglich da, knirschte mit den Zähnen und ertrug die Stille.
Endlich schnurrte Rafi unter seiner Kapuze.
„Die Kräfte, die den Jungen umgeben, sind sehr stark“, sagte Rafi langsam. „Doch jeder Mann hat eine Schwäche. Er ist durch Magie erhoben worden, und Magie kann ihn auch stürzen.“
Andronicus trat fasziniert vor.
„Von welcher Art von Magie sprichst du?“
Rafi hielt inne.
„Eine Art von Magie, der du nie begegnet bist.“, sagte er. „Eine Art, die nur einem Wesen wie Thor offensteht. Er ist dein Problem, doch er ist mehr als nur das. Er ist mächtiger als du. Wenn er nur lange genug lebt.“
Andronicus kochte vor Wut.
„Sag mir, wie ich ihn gefangen nehmen kann.“, wollte er wissen.
Rafi schüttelte den Kopf.
„Das war immer deine Schwäche.“, sagte er. „Du willst ihn gefangen nehmen, nicht töten.“
„Ich werde ihn erst gefangen nehmen“, gab Andronicus zurück, „und ihn dann töten. Gibt es einen Weg oder nicht?“
„Es gibt einen Weg, ihn seiner Kräfte zu berauben. Ja.“, sagte Rafi. „Ohne seinem kostbaren Schwert und seinen Drachen, ist er wie jeder andere Junge auch.
„Zeig mir wie.“, forderte Andronicus.
Eine lange Stille folgte.
„Es wird dich allerdings etwas kosten.“
„Egal“, sagte Andronicus, „ich gebe dir, was immer du willst.“
Rafi antwortete mit einem langen, finsteren Kichern.
„Ich bin mir sicher, dass du das eines Tages bereuen wirst.“, sagte Rafi. „Sogar sehr.“
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