Читать бесплатно книгу «Vom Mars zur Erde» Albert Daiber полностью онлайн — MyBook
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„Du vergißt Eines, lieber Freund,“ sagte der Marsite. „Die Schwere ist der Punkt, in dem zwischen unserm Kinde des Lichts und dem euern der größte Unterschied besteht, und ich meine, je größer ein Weltkörper ist, desto drückender müsse auch die Schwere auf seinen Erzeugnissen lasten, desto kleiner müßten infolgedessen seine Produkte sein. Stelle dir, mein Freund, einen bewohnbaren Weltkörper von der Größe unseres ewigen Lichtes, unserer Sonne, vor. Denke dir lebende Wesen auf ihm, die seiner Größe entsprechen. Wie müßte die Schwere ihres Gestirns auf ihnen lasten! Sie würden sich unter dem furchtbaren Drucke nicht aufzurichten vermögen; es müßten kriechende Wesen bleiben. Und von den Bäumen, deren Größe einem solchen Weltkörper entsprechend wäre, würden sich die Äste nicht auszubreiten vermögen; sie würden flach am Stamme niederhängen oder gar infolge der auf ihnen lastenden ungeheuren Schwere von selbst abbrechen, wenn überhaupt ein Wachstum in bedeutendere Höhen möglich wäre.“

„Und weil eure Schwere geringer ist als die unsere,“ fügte der Erdensohn bei, „seid ihr auch größere, stattlichere Gestalten als wir. Ich habe daheim unter meinen Landsleuten wie unter meinen Amtsgenossen für groß gegolten; du, überhaupt die meisten eurer Männer, ihr überragt mich um Kopfeslänge. – Doch was ist denn dort?“ fragte Fridolin Frommherz, sich unterbrechend und auf eine lebhaft bewegte Gruppe zeigend, die in kurzer Entfernung auftauchte.

„Das,“ erwiderte Eran, „ist eine Schule. Siehst du nicht dort inmitten der Knaben den unterrichtenden Lehrer?“

„Eine Schule?“ rief der Erdensohn erstaunt. „Sehen bei euch die Schulen so aus? Was macht denn der Lehrer hier im Walde?“

„Er lehrt die Schüler kennen, was sie sehen, alles, Pflanzen und Tiere, den Boden und die Gesteine, woraus er zusammengesetzt ist, was sich in ihm entwickelt, was auf ihm vorgeht, Natur und Menschenwerk.“

„Das ist viel,“ sagte Fridolin.

„Ja, es ist viel,“ erwiderte Eran. „Ich kenne Alan persönlich. Er ist einer unserer tüchtigsten Jugenderzieher, doch weit von hier, nahe der Grenze unseres Nordpolargebietes stationiert. Dort ist infolge des ungünstigeren Klimas die Bodenproduktion eine andere, eine spärlichere als hier, wo wir uns etwa auf dem fünfzehnten Breitengrade befinden. Deshalb führt Alan seine Zöglinge zuweilen in unsere Gegend.“

Der jetzt ganz langsam dahinrollende Wagen war nun dicht zu der Gruppe herangekommen und hielt. Eran begrüßte den Lehrer mit der den Marsiten eigenen wohltuenden Herzlichkeit.

„Ich freue mich, dir hier zu begegnen,“ sagte er, Alan die Hand reichend. „Gedeiht dein Werk?“

„Ich bin so glücklich, vieles reifen zu sehen,“ sagte der Angeredete, seine schönen, warmen Augen auf den Greis richtend. „Doch bleibt noch vieles zu tun.“

„Wohl dir, daß du noch mitten im Schaffen stehst!“

„Ja, die Arbeit macht froh!“

„Leb’ wohl, Alan! Werde ich dich bald einmal in Lumata sehen?“

„Zur Zeit der Ruhe hoffe ich auch bei dir einkehren zu können, würdiger Eran!“

„Das wird mir Freude sein, junger Freund!“

Weiter rollte der Wagen.

„Was für schöne Augen dieser Mann hatte!“ sagte der Erdensohn bewundernd.

„Sein Denken und Fühlen spiegelt sich in ihnen,“ erwiderte der Greis. „Er gehört zu unsern Besten. Seine ganze Persönlichkeit setzt er an sein Werk. Da wird keine Weisheit eingepaukt. Die Kinder lernen sehen und das Gesehene verknüpfen. Sie sind es, die den Lehrer über Unverstandenes fragen, und dieser leitet sie an, die Antwort selbst zu finden.“

„Ich wollte, ich wäre auch in dieser Art unterrichtet worden!“ meinte der Schwabe.

Während der Fahrt stärkten sich die Reisenden durch Speise und Trank. Der bequeme Reisewagen enthielt alles, was sie sich wünschen konnten. Durch eine sinnreiche Klappvorrichtung stand sogar auf einen Druck mit der Hand ein zierliches Tischchen vor ihnen, in dessen Schublade kleine Teller und Bestecke verborgen lagen. Zwei mit Leder ausgeschlagene Kasten in der Vorderwand des Wagens enthielten in verschiedenen, eigentümlich geformten Gefäßen Speisen und Getränke genau in der Temperatur, in der sie dem Wagen übergeben worden waren. Man aß vorzügliche warme Gerichte; man labte sich an kühlen Getränken genau so wie zu Hause. Sogar Salat gab es, zu dem Eier gegessen wurden. Die Eier waren weich gesotten, obgleich sie wohl eine halbe Stunde lang in kochendem Wasser gelegen hatten. Da auf dem Lichtentsprossenen das Wasser infolge des niedrigeren Luftdruckes schon bei 60° siedet, können die Eier nicht hart werden. Daran war der Schwabe nun schon lange gewöhnt. Auch eine Waschvorrichtung war an der einen Seite des Wagens angebracht. Es fehlte wirklich gar nichts, was das Reisen angenehm und bequem machen konnte.

Nach Verlassen des Waldes sah Fridolin Frommherz zum erstenmal während der ganzen Fahrt unbebautes Land vor sich. Eine weite Fläche breitete sich da vor seinen Blicken aus: es war eine Landungsstelle für Luftschiffe. Kleinere und größere Fahrzeuge lagen da an tief in den Boden eingelassenen eisernen Ringen verankert. Sie trugen als Aufschrift ihren Namen, Anfang und Endziel ihrer Fahrt. Da die Witterung infolge der dünnen, wasserarmen Atmosphäre auf dem Mars ziemlich gleichmäßig war, bedurfte es keiner besonderen Hallen zur Bergung der Luftschiffe; nur die ausgedehnten Anlagen zur Gasgewinnung und Füllung der Ballons waren gedeckt. Reges Leben und Treiben herrschte hier, etwa wie auf einem Bahnhofe auf Erden, nur übertragen in marsitische Gemessenheit. Es fiel Fridolin auf, daß die Luftschiffe der Marsiten wohl auch nach dem starren System gebaut waren wie der „Weltensegler“, der einstmals ihn und seine damaligen Gefährten von der Erde hinweg durch den Ätherraum geführt hatte, aber die Ballons waren bedeutend kleiner und schienen doch, nach den umfangreichen Gondeln zu schließen, eine bei weitem größere Tragkraft zu besitzen. Da gab es nur zwei erklärende Möglichkeiten: entweder übertraf das Metall, aus dem die marsitischen Luftschiffe gefügt waren, an Leichtigkeit alles auf Erden Gekannte, oder das Gas, das zur Füllung des Ballons diente, war noch unendlich viel leichter als dasjenige, das einst ein schwäbischer Gelehrter erfunden, und das dann zur Füllung des „Weltenseglers“ gedient hatte. Die langgestreckte, zylindrische Form, vorn und hinten mit ogivalen Spitzen versehen, schien sich auch hier am besten bewährt zu haben.

Da stiegen Leute ein, dort hob sich ein dicht besetztes Fahrzeug kerzengerade, ohne jede Schwankung in die Luft. Höher und immer höher stieg es. Wie weit mußte der Horizont der darin Reisenden sein! Wie klein würden ihnen die Brüder da unten, die Häuser, die Wiesen, die Bäume erscheinen! Der Erdensohn fühlte Lust, mit in die Lüfte zu steigen. Vielleicht würde sich ein anderes Mal Gelegenheit dazu bieten.

„Du wirst noch manchmal hierher oder an einen andern Luftschiffhafen des Lichtentsprossenen kommen,“ sagte Eran.

„Dann will auch ich,“ fügte Fridolin bei, „euer herrliches Land wieder einmal von oben herab schauen.“

Bald darauf trafen sie in Angola ein. Es war das drittemal, daß Fridolin Frommherz seinen Fuß in das großartige Heim des Stammes der Weisen setzen sollte. Zweimal war er in Gemeinschaft mit seinen Gefährten hier gewesen. Das Herz klopfte ihm doch etwas bang und erwartungsvoll, als er die breiten Marmorstufen zu dem großen Festsaale hinaufstieg. Vor einem halben Jahre war dort die Abschiedsfeier für seine Freunde und auch für ihn, den Drückeberger, abgehalten worden.

Jetzt trat er ein in den ihm wohlbekannten Saal. Ein lautes, bewunderndes Ah! entschlüpfte seinen Lippen. An den Wänden erblickte er die wunderbar gut getroffenen, künstlerisch ausgeführten Bilder seiner Gefährten und darunter Marmortafeln, die mit goldenen Inschriften voll Lob und Anerkennung die Taten seiner fortgezogenen Brüder verkündeten. Da regte sich wieder im Herzen des Zurückgebliebenen jenes quälende Gefühl von Gewissensbissen.

Wieder packte ihn wie so oft schon ein Schmerz der Sehnsucht, des Heimwehs, als er, um die Bilder genauer zu betrachten, näher an sie herantrat. Ordentlich vorwurfsvoll schienen ihn die Freunde aus ihren Augen anzublicken. Es war, als ob den Bildern Leben eingehaucht worden wäre, denn wo sich auch Fridolin Frommherz im Saale hinwandte, um die Gemälde aus der Ferne auf sich wirken zu lassen, überallhin folgten ihm die Blicke der im Bilde Verewigten. Nachgerade empfand er dies als unheimlich, um so mehr als er sich vergeblich nach Eran umsah. Dieser schien nicht mit ihm eingetreten zu sein. Die feierliche Stille des Saales verstärkte noch das Gefühl des Unbehagens. Daher war Fridolin froh, als sich endlich eine der Türen öffnete und Anan hereintrat, gefolgt von Eran und einigen andern alten Marsiten.

„Ich grüße dich in unserm Angola, dich, den ich allerdings hier nicht mehr zu sehen erwartet hatte,“ begrüßte Anan mit wohlwollender Freundlichkeit den Erdensohn, ihm die Hand zum Willkomm reichend.

„Verzeih mir, edler Anan, daß ich mich nicht entschließen konnte, zur Erde zurückzukehren, sondern hier auf dem Lichtentsprossenen zurückblieb,“ sprach Fridolin.

„Ich habe dir nichts vorzuwerfen, mithin auch nichts zu verzeihen,“ entgegnete der ehrwürdige Greis. „Wir haben weder dich noch deine Brüder zum Fortgehen gedrängt. Es stand euch frei, zu gehen oder zu bleiben. Als wir hier vernahmen, daß du deine Gefährten nicht begleitet habest, da wurde einfach der Auftrag, dein Bild zu malen und die Ehrentafel für dich auszuführen, zurückgezogen. Und bevor wir dich in Angola wiedersehen wollten, beschlossen wir, erst die Anfertigung der Bilder und Tafeln der uns so teuren, für immer nun fernen Erdensöhne abzuwarten und sie hier in diesem Saale aufzustellen. Erst nachdem wir dieser Ehrenpflicht genügt hatten, riefen wir dich.“

Etwas bedrückt hatte Frommherz der Auseinandersetzung Anans gelauscht. Es lag eine feine Ironie in den Worten wie in der Handlungsweise des Marsiten. Daß man ihn zuerst in den Saal gewiesen, in dem nur sein Bild fehlte, empfand er doch als eine moralische Verurteilung seiner Drückebergerei. Darauf hinaus lief im Grunde auch Anans Rede.

„Du machst ein betrübtes Gesicht. Was fehlt dir, mein Freund?“ fragte Anan nach kurzem Stillschweigen.

„Ich bin mir bewußt, einen Fehler begangen zu haben,“ antwortete Frommherz.

„Den hast du deinen Brüdern gegenüber begangen durch die Art, wie du dich benahmst. Doch verlieren wir hierüber keine weiteren Worte mehr. Für uns ist die Sache abgetan.“

„Der ehrwürdige Eran sprach mir von einer Sühne meiner Schuld,“ bemerkte Frommherz.

„Nun ja,“ entgegnete der edle Anan. „Du weißt darum. Wir wollten dir hier in Angola eine deiner würdige Beschäftigung zuweisen, durch die du uns nützlich sein kannst, natürlich nur wenn du willst.“

„Gewiß, gern, wirklich von Herzen gern,“ beeilte sich Frommherz zu antworten. „Selbst wenn ihr mir keine Aufgabe zugewiesen hättet, würde ich euch um irgend eine nützliche Arbeit gebeten haben.“

„So bleibt es also bei der Ausarbeitung eines Wörterbuches deiner Muttersprache,“ entschied Anan. „Zieh mit Bentan, unserm wackern Bruder hier, in sein nahes Heim. Dort kannst du dich in aller Ruhe an die Erledigung deiner Aufgabe machen. Und von Zeit zu Zeit wird es uns freuen, dich in diesem Hause bei uns wiederzusehen. Dann wollen wir in anregender Unterhaltung die Erinnerung an deine ausgezeichneten Gefährten pflegen.“ Ein herzlicher Händedruck, und Anan, der Älteste der Alten, zog sich zurück.

„Das ist besser abgelaufen, als ich zu hoffen wagte. Ich habe mir in der letzten Zeit ganz unnützerweise eine fürchterliche Angst gemacht,“ murmelte Frommherz vor sich hin.

„Bist du zufrieden mit dem Ausgange deiner Angelegenheit, Fridolin?“ forschte Eran mit eigentümlichem Lächeln.

„Gewiß, sehr,“ gestand Frommherz.

„Nun wohl, so komm! Hier steht Bentan, dein Gastgeber. Sein Heim wird für lange Zeit wohl auch das deine sein.“

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