Als Vater Maurice ins Zimmer trat, fand er seine Frau im Gespräch mit einer alten Nachbarin, welche glühende Kohlen holte, um ihr Feuer anzuzünden. Mutter Guillette wohnte einen Büchsenschuß oder zwei von der Meierei in einer ärmlichen Hütte und war ein ordnungsliebendes, ausdauerndes Weib. Ihr elendes Häuschen war sauber und wohlgehalten, und ihren sorgfältig geflickten Kleidern sah man an, daß ihr trotz der bitteren Noth die Selbstachtung nicht verloren gegangen war.
Ihr holt Euch Feuer für den Abend, Mutter Guillette, redete sie der Alte an. Braucht Ihr vielleicht sonst noch was?
Nein, Vater Maurice, gegenwärtig nicht, gab sie zur Antwort. Ihr wißt ja, das Heischen liegt nicht in meiner Art, nach das Loshausen auf die Gutmüthigkeit meiner Bekannten.
Ja, so ist's; eben deßhalb sind Eure Bekannten auch gern bereit, Euch Alles zu Gefallen zu thun.
Ich unterhielt mich gerade mit Eurer Frau und fragte sie, ob es Germain nicht endlich übers Herz bringen wird, wieder zu heirathen.
Ihr seid ein zuverlässig Weib, erwiderte Vater Maurice; vor Euch kann man reden, ohne fürchten zu müssen, daß Ihr's ausplaudert: ich darf also in Eurer Gegenwart meiner Alten schon sagen, daß er jetzt ganz dazu entschlossen ist und sich morgen auf den Weg macht nach Fourche,
Gott sei Dank! rief Mutter Maurice; der arme Junge! Geb' ihm der Himmel ein Weib so gut und so brav wie er selber!
So? nach Fourche geht er? fiel die Guillette ein. Das findet sich ja prächtig! Es kommt mir wie gerufen, und da Ihr mich vorhin doch gefragt habt, ob ich sonst was brauche, so will ich Euch sagen, Vater Maurice, womit mir ein Gefallen geschehen könnte.
Sagt's nur gleich heraus; Euch soll nach Kräften geholfen werden.
Mir wäre lieb, wenn Germain so gut sein wollt., meine Tochter mitzunehmen.
Wohin denn? nach Fourche?
Das gerade nicht, aber nach dem Ulmenhof, wo sie bis übers Jahr bleiben soll.
Was? sagte die Mutter Maurice. Ihr gebt sie von Euch?
Ihr bleibt keine andere Wahl, als in einen Dienst zu treten, um etwas zu verdienen. Es kommt mich sauer genug an, und sie auch, das arme Ding! Um Johanni haben wir's nicht übers Herz bringen können, von einander zu gehen; aber jetzt steht Martini vor der Thür, und es hat sich eine gute Stellung für sie gefunden. Der Ulmenhofbauer war nämlich drüben auf dem Jahrmarkt, und wie er durch unsere Gegend ritt, sah er meine kleine Marie auf der Gemeindewiese unsere drei Schafe hüten. Nun, Dirnel, sprach er zu ihr, dir wächs't die Arbeit just nicht über den Kopf; denn drei Schafe geben einem Hirtenmädel nicht viel aufzurathen. Willst du statt der drei da hundert hüten? Ich nehme dich in meinen Dienst. Unsere Schäferin geht zu ihren Eltern, weil sie krank geworden ist, und wenn du bis in acht Tagen bei uns bist, sollst du für dies Jahr bis Johanni fünfzig Francs Lohn bekommen. Die Kleine hat's zwar ausgeschlagen, aber sie hat sich doch Gedanken drüber gemacht und hat mir's am Abend erzählt, als sie mich traurig fand und bekümmert wegen des künftigen Winters, der jedenfalls streng und andauernd sein wird, denn heuer sind die Kraniche und Schneegänse um mehr denn einen Monat früher vorbeigeflogen als gewöhnlich. Wir hatten beide Wasser in den Augen; aber endlich haben wir doch ein Herz gefaßt. Wir haben eingesehen, daß es nichts ist mit dem Beisammenbleiben, weil ja von dem Ertrag unseres Grundstückchens mit knapper Noth Eins sein Dasein fristen kann; und da die Marie die Kinderschuhe ausgetreten hat (sie ist beinahe sechzehn Jahre alt), so ist's eben auch an der Zeit., daß sie's macht, wie die Andern alle, und ihr Brod verdient, um ihrer armen Mutter von den Sorgen zu helfen.
Mutter Guillette, sagte der alte Bauer, wenn bloße fünfzig Francs ausreichten, um Euch von allen Sorgen zu helfen und Euch die Trennung von Eurem Kinde zu ersparen, glaubt mir, ich würde sie zur Stelle schaffen, wiewohl fünfzig Francs für Unsereins schon ins Gewicht fallen. Aber man muß in allen Dingen die Vernunft walten lassen und nicht die Freundschaft allein zu Rathe ziehen. Wenn Ihr auch geborgen wäret für den kommenden Winter, so wäret Ihr's darum nicht für alle Zukunft, und je länger es Euer Mädel anstehen läßt, desto schmerzhafter wird euch Beiden der Abschied werden. Und dann ist auch bei Euch Eure Marie, die schon groß und kräftig ist, weitaus nicht genug beschäftigt: da könnte ihr denn nach und nach die Unthätigkeit zur Gewohnheit werden . . .
Nein, was das betrifft, hätt' ich nichts zu fürchten, sagte die Guillette, Die Marie gibt dem reichsten Mädel, das in einem großen Anwesen herumwirthschaftet, an Arbeitslust nichts nach. Die legt Euch den ganzen Tag keine Minute lang die Hände in den Schooß, und wenn es sonst nichts zu hantieren giebt, putzt und reibt sie Euch unsere armen Möbel so blank, daß man sich drin spiegeln könnte. Das Kind ist nicht mit Gold zu bezahlen, und deßhalb wäre mir viel lieber, sie stünde bei Euch im Dienst, anstatt weit hinaus zu kommen zu wildfremden Leuten. Ihr hättet sie zu Johanni ins Haus genommen, wenn wir's damals zu einem Entschluß gebracht hätten; jetzt aber habt Ihr bereits eine Magd gedungen, und ich muß mich aufs nächste Jahr vertrösten.
Dann soll es aber auch gewiß nicht fehlen, Mutter Guillette, und es wird mich von Herzen freuen. Unterdessen mag das Mädel immerhin was Rechts lernen und, sich dran gewöhnen, unter fremden Menschen zu leben.
Da habt Ihr Recht; es ist nun einmal so und nicht anders. Diesen Morgen hat der Ulmenhofbauer nach ihr geschickt; wir haben zugesagt, und jetzt muß sie hin. Aber das arme Kind kennt weder Weg nach Steg, und ich lasse sie auch nicht gern so mutterseelenallein fort. Wenn also Euer Tochtermann morgen doch nach Fourche geht, so kann er sie ja wohl mitnehmen. Der Ulmenhof liegt ganz in der Nähe der Ortschaft; so hat man mir wenigstens versichert, denn ich selber bin meiner Lebtage nicht drüben gewesen.
Ja, hart nebenan, Mein Schwiegersohn wird sie schon hinführen. So was ist man einander ja schuldig; er soll sie sogar zu sich aufs Pferd nehmen, damit sie ihre Schuhe schont. Da kommt er gerade herein zum Abendessen. Du, Germain, der Mutter Guillette ihre kleine Marie geht auf den Ulmenhof in Dienst. Willst du sie nicht auf der Stute hinbringen?
Freilich, antwortete Germain, der trotz seiner sorgenvollen Stimmung immer gern bereit war, seinem Nebenmenschen behülflich zu sein.
In unseren Kreisen käme es nun allerdings einer Mutter nicht in den Sinn, ihre sechzehnjährige Tochter einem so jungen Mann anzuvertrauen, denn Germain ging erst ins neunundzwanzigste Jahr, und wenn er auch nach heimathlichen Heirathsbegriffen für ältlich galt, so war er nichts desto weniger der schönste Mann im ganzen Dorfe. Er sah nicht, wie die meisten Bauern nach zehnjähriger Arbeit hinter dem Fluge, hohlwangig und abgequält aus. Allem Anschein nach konnte er nach weitere zehn Jahre zu Acker fahren, ohne merklich zu altern, und ein junges Mädchen hätte von Vorurtheilen ganz verblendet sein müssen, um nicht wahrzunehmen, daß Germain eine frische Gesichtsfarbe hatte und ein glänzendes Auge, blau wie der Maienhimmel, und tiefrothe Lippen und blendend weiße Zähne, und daß er schlank gewachsen war und gelenkig wie ein Füllen, das die Weide noch nicht verlassen hat.
Aber in jenen abgelegenen, vom lasterhaften großstädtischen Getriebe nach unberührten Gegenden hat sich die Sittenreinheit in heiliggehaltener Ueberlieferung bis auf den heutigen Tag fortgepflanzt, und unter allen Familien von Belair stand die des alten Maurice in einem ganz besondern Ruf der Rechtlichkeit und aufrichtigen Pflichterfüllung. Für Germain, der auf die Brautschau ging, war Marie sowohl zu jung wie zu arm, um in Betracht zu kommen, und ein sündhafter Gedanke konnte in ihm nicht aufsteigen, er hätte denn »ein abgefeimter Mensch« oder »ein schlechter Kerl« sein müssen. Der alte Maurice sah also in aller Seelenruhe zu, wie sein Tochtermann das hübsche Mädchen hinter sich aufs Pferd nahm, und die Guillette hätte es für eine kränkende Verdächtigung gehalten, demselben die Ehre ihres Kindes eigens ans Herz zu legen. Marie schwang sich unter heißen Thränen auf die Stute, nachdem sie Mutter und Freundinnen unzählige Male umarmt hatte. Germain, dem selber gar traurig zu Muthe war, fühlte ihren Kummer um so lebhafter mit und trabte mit tiefernster Miene von dannen, während die Leute aus der Nachbarschaft der armen Marie, ohne sich weitere Gedanken zu machen, mitleidig nachwinkten.
»Die Graue« war ein schönes und kräftiges junges Thier. Ohne eine Spur von Anstrengung trug sie ihre doppelte Last, mit zurückgeschlagenen Ohren und am Gebisse kauend, wie es einer stolzen und feurigen Stute ziemt. Als sie an der langen Wiese vorübertrabte, erblickte sie ihre Mutter, welche man die alte Graue nannte, wie sie selber die junge Graue hieß, und wieherte ihr einen Abschiedsgruß zu. Die alte Graue trat mit klirrender Fessel an den Zaun heran und versuchte am Saum der Wiese einherzugaloppiren, um der jungen zu folgen; da sich aber diese in scharfem Trab entfernte, fing auch sie zu wiehern an und blieb nachdenklich stehen, mit vorgestrecktem Hals und weitaufgerissenen Nüstern, ohne mehr an das Gras zu denken, das sie noch ungekaut im Maul hatte.
Das arme Thier erkennt eben sein Fleisch und Blut, sagte Germain, in der Absicht, die kleine Marie von ihrem Kummer abzulenken. Dabei fällt mir ein, daß ich meinem Peterle beim Weggehen keinen Kuß gegeben habe. Das böse Kind war gar nicht da! Gestern Abend hat er mir das Versprechen abnöthigen wollen, ihn mitzunehmen, und hat eine volle Stunde in seinem Bett geweint. Und diesen Morgen noch hat er mich zu überreden versucht. O der kann dir bitten und schmeicheln! Als der junge Herr jedoch merkte, daß durchaus nichts auszurichten war, wurde er zornig; er lief querfeldein, und ich bekam ihn den ganzen Tag über nicht mehr zu sehen.
Ich schon, sagte die kleine Marie, indem sie ihre Thränen gewaltsam hinunterwürgte. Er lief mit den Kindern von Soulas in der Richtung nach dem Holzschlag, und ich habe gleich gedacht, daß er schon lange von Haus weg sei, denn er aß Schlehen und Brombeeren, um seinen Hunger zu stillen. Da gab ich ihm mein Vesperbrod, und er sagte zu mir: Schön Dank, meine herzige Marie! wenn du wieder zu uns kommst, dann werde ich dir auch meinen Kühen geben, Es ist ein gar artiges Bübchen. Germain!
Ja, das will ich meinen, antwortete dieser; ich weiß auch nicht, was ich nicht Alles für ihn thäte! Hätte die Großmutter nicht mehr Einsicht gehabt, als ich, so hätt' ich's nicht über mich bringen können, ihn zu Hause zu lassen, als ich ihn so bitterlich weinen sah, daß ihm's fast das Herzchen abdrücken wollte.
Aber warum habt Ihr ihn denn nicht mitgenommen. Germain? Ihr hättet nicht viel Mühe mit ihm gehabt; er ist ja so vernünftig, wenn man ihm nur den Willen thut!
Da, wo ich hingehe, wäre er wohl lästig geworden; so meinte wenigstens der Vater Maurice . . . Ich jedoch dächte, daß es im Gegentheil gut gewesen wäre, zu sehen, wie man den Kleinen empfängt, und daß man einem so artigen Kinde doch gewiß herzlich gut sein müßte . . . Aber meine Leute sagen, es sei nicht gerathen, ihr gleich auf den ersten Blick die Beschwerlichkeiten vor Augen zu stellen . . . Doch ich spreche da mit dir über Dinge, die du ja nicht begreifen kannst.
O doch, Germain; ich weiß schon, daß Ihr über Feld geht, um zu freien; mir hat's die Mutter erzählt, und hat mir zugleich eingeschärft, es keinem Menschen zu sagen, weder im Dorf, nach auf dem Ulmenhof, und Ihr könnt auch ganz ruhig sein: von mir erfährt's Niemand.
Es soll's auch vor erst Niemand erfahren, denn es; ist nach nicht ganz gewiß; vielleicht mag mich die Frau gar nicht.
Das wollen wir nicht hoffen, Germain. Und weßhalb sollte sie Euch denn nicht mögen?
Wer weiß? Ich habe drei Kinder, und das ist eine schwierige Sache für ein Weib, das ihre Mutter nicht ist.
Das schon, aber Eure Kinder sind nicht so wie die andern alle.
Wirklich?
Erstens sind sie schön wie der Tag und dann so wohl erzogen, daß man nichts Lieberes sehen kann.
Na, der Sylvain, der ist doch zuweilen ziemlich widerhaarig,
Ah, der ist nach so klein! In dem Alter hat jedes Kind seine Unarten; und dafür ist er wieder so gescheidt!
Ja, gescheidt ist er, und verwegen! Der fürchtet dir weder Kühe noch Stiere, und wenn man ihm nur freie Hand ließe, so würde er schon wie mein Aeltester an den Pferden hinaufklettern.
Den Aeltesten hätt' ich an Eurer Stelle mitgenommen. Mit so einem schönen Kind an der Hand hätt's Euch ja nicht fehlen können.
Das heißt, wenn die Frau eine Lieb hat zu Kindern; hat sie aber die Neigung nicht . . .
Giebt es denn Weiber, die zu Kindern gar keine Liebe haben?
Nicht viele, denk' ich; aber einige wohl und das eben macht mir Sorge.
Kennt Ihr denn die Frau gar nicht?
So wenig wie du, und ich fürchte, daß ich sie auch nach einer Unterredung kaum besser kennen werde, Mißtrauisch bin ich zwar nicht, und nehme auch gern ein gutes Wort für baare Münze, doch das ist mir schon mehr als ein Mal schlecht bekommen, denn Worte und Thaten sind Zweierlei.
Der Frau wird alles Mögliche nachgerühmt.
Von wem? Vom Vater Maurice!
Ja, von Eurem Schwäher.
Das wäre recht schön und gut, wenn wenigstens er sie kennte.
Nun, Ihr werdet ja mit ihr zusammenkommen, und wenn Ihr ein offenes Auge habt auf Alles, so läßt sich hoffen, daß Euch Euer Auge nicht täuschen wird.
Du. Marie, da fällt mir was ein! du könntest mir den Gefallen thun und erst ein wenig bei ihr vorsprechen, anstatt deinen Weg in Einem Athem fortsetzen: du bist findig, hattest von jeher einen hellen Kopf, und dir entgeht auch das Kleinste nicht. Und wenn du dann etwas wahrnehmen solltest, das dich stutzig macht, giebst du mir einen leisen Wink.
O nein. Germain, das werd' ich bleiben lassen! Dafür trau' ich mir doch viel zu wenig zu, und übrigens gesetzt den Fall, es könnte Euch ein unbedachtsam hingeworfenes Wort diese Heirath verleiden, so würden mir's Eure Schwiegereltern nie verzeihen, und mir ist das Herz so schon schwer genug, ohne daß ich erst meiner Mutter, der armen lieben Frau, neuen Kummer auflade.
Während die Beiden also sprachen, that die Graue mit gespitzten Ohren einen Seitensprung, wandte sich um und trat dann auf den Strauch zu, bei dem sie vor einem Gegenstand, den sie nun zu erkennen schien, gescheut hatte. Germain warf einen Blick auf den Strauch und entdeckte im Graben unter den dichten und noch grünenden Aesten eines Eichenstrunks etwas, das er zuerst für ein Lamm hielt.
's ist ein verlaufenes Thier, sagte er, oder ein Todtes, denn es rührt sich nicht.
Vielleicht sucht Jemand nach ihm; ich will gleich nachsehen! – Ein Thier ist es nicht, rief die kleine Marie: ein eingeschlafenes Kind ist's – Euer Peterle.
Das ist eine schöne Geschichte! sagte Germain und sprang vom Pferd: schläft der kleine Schelm mir nichts dir nichts ein, so weit von Haus und noch dazu in einem Graben, wo ihn eine Schlange stechen könnte!
Er hob das Kind in seine Arme; es schlug die Augen auf, lächelte ihn an und sprach, indem es sich an seinen Hals hängte: Papa, nimm mich mit!
Da haben wir's! immer die alte Leier! Was hat man da angestellt, nichtsnutziger Peter?
Auf meinen lieben Papa hab' ich gewartet, sagte das Kind; ich habe immer den Weg entlang geschaut und so lang geschaut, bis ich eingeschlafen bin.
Und wenn ich nun vorbeigeritten wäre, ohne dich zu sehen, wärst du die ganze Nacht hier draußen geblieben, und der Wolf hätte dich gefressen.
Ah! ich wußte recht wohl, daß du mich sehen würdest! antwortete der Kleine mit unerschütterlichem Vertrauen.
Nun gut, mein lieber Peter; jetzt gieb mir einen Kuß, sag mir schön gute Nacht, und geh rasch wieder nach Haus, sanft wird ohne dich zu Abend gegessen.
So willst du mich denn nicht mitnehmen, rief das Kind, und fing an sich die Augen zu reiben, zum Zeichen, daß Thränen im Anzug waren.
Du weißt ja, daß es Großvater und Großmutter nicht haben wollen, sagte Germain, das Ansehen der beiden Alten zu Hülfe nehmend, wie Einer, der auf sein eigenes nicht recht fest baut.
Aber das Kind war für alles Zureden taub. Unter reichlich hervorbrechenden Thränen blieb es bei der Behauptung, daß der Vater es gerade eben so gut mitnehmen könne, wie die kleine Marie. Man hielt ihm vor, daß der Weg durch finstere Wälder führe, wo es viel böse Raubthiere gebe, welche die kleinen Buben verspeis'ten, ferner daß die Graue keine drei Personen tragen wolle, daß sie es beim Weggehen ausdrücklich erklärt habe, und endlich, daß dort, wo man hinreise, für so einen Fratz weder ein Bett noch ein Abendbrod aufzutreiben sei. Diese hochweisen Vorstellungen schienen jedoch dem Peterle durchaus nicht stichhaltig; er warf sich nieder und wälzte sich im Grase, indem er einmal über das andere schreiend erklärte, daß ihn sein lieber Papa nicht mehr lieb habe, und betheuerte, er würde, wenn man ihn nicht mitnähme, weder bei Tag nach bei Nacht nach Haus zurückkehren.
Germain's Vaterherz war weich und schwach wie das Herz einer Mutter. Der Tod seiner Frau, die Pflege des Kleinen, die in Folge davon ihm allein zugefallen war, und auch der Gedanke, daß arme Waisen vor Allen der Liebe bedürfen, hatten zur Entwickelung dieser Naturanlage nicht wenig beigetragen, und nun kämpfte er in sich einen um so härtern Kampf, als er sich seiner Schwäche schämte; bei den Anstrengungen, die er machte, um seine wehmüthigen Empfindungen vor der kleinen Marie zu verbergen, trat ihm der Schweiß auf die Stirn und quollen ihm die Augen auf, so daß auch er nahe daran war zu weinen. Endlich wollte er es mit dem Zorn versuchen; aber da er sich eben zu der kleinen Marie hinwendete, gleichsam um sie als Zeugin seiner Seelenstärke aufzurufen, sah er, daß das gute Mädchen in Thränen schwamm; bei diesem Anblick war es ihm nicht mehr möglich, die seinen zurückzuhalten, denn seine ganze erkünstelte Energie war ihm abhanden gekommen, wiewohl er immer noch schalt und drohte.
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