Читать бесплатно книгу «Der Müller von Angibault» Жоржа Санда полностью онлайн — MyBook


»Vor allem gestatten Sie mir die Frage, ob Sie außer dem Gut Blanchemont noch anderes Vermögen besitzen? Ich glaube nicht, denn ich bin gut unterrichtet.«

»Ich besitze in der Tat außerdem nichts«, entgegnete Marcelle ruhig.

»Und glauben Sie, dass das väterliche Erbe Ihres Sohnes von Bedeutung sein wird?«

»Ich habe hievon noch keine Kenntnis. Aber wenn die Güter des Herrn von Blanchemont ebenso verschuldet sind, wie das meinige…«

»Ah, Sie wissen nichts davon? Sie beschäftigen sich also nicht mit Ihren Angelegenheiten? Das ist kurios! Aber die Adeligen sind alle so. Ich muss Ihre Lage kennen, denn so verlangt es mein Gewerbe und mein Interesse. Da ich sah, dass der verstorbene Herr Baron so großartig lebte, und ich nicht voraussah, dass er so jung sterben würde, musste ich die Breschen kennenlernen, welche er in sein Vermögen machte, um gegen den Verlust des meinigen, wenn eines Tages etwa die Anleihen den Wert des hiesigen Gutes überstiegen, auf der Hut sein zu können. Ich ließ also durch Leute, welche die Sache verstehen, alles auskundschaften und kann Ihnen jetzt bei Heller und Pfennig sagen, was Ihrem Kleinen von dem Vermögen seines Vaters übrig bleibt.«

»Haben Sie doch die Güte, mich es wissen zu lassen, Herr Bricolin.«

»Das ist eine leichte Sache und Sie können sich bald davon überzeugen. Höchstens kann ich darin um die Summe von zehntausend Francs fehlschießen. Ihr Gemahl besaß ungefähr eine Million, und diese wäre noch vorhanden, wenn nämlich seine Schulden, welche sich auf die Summe von neunmalhundertundachtzig oder neunzigtausend Francs belaufen, bezahlt wären.«

»Mein Sohn hat also nichts mehr?« fragte Marcelle, durch diese neue Entdeckung verwirrt.

»Wie Sie sagen. Mit dem, was Sie noch haben, wird es etwa die Summe von dreimalhunderttausend Francs ausmachen. Das ist noch hübsch genug, wenn Sie hier aufräumen und liquidieren wollen. In Gütern angelegt, wird es Ihnen eine Rente von sechs oder siebentausend Livres abwerfen. Wenn Sie es durchbringen wollen, wird sich eine Zeit lang noch hübscher davon leben lassen.«

»Ich kann nicht die Absicht haben, die Zukunft meines Sohnes zu vernichten, und meine Pflicht ist, mich so gut, als möglich, aus der Verlegenheit zu ziehen, in welcher ich mich befinde.«

»In diesem Falle hören Sie mich wohl. Ihre Güter und die seinigen ertragen zwei Prozente. Sie aber verzinsen Ihre Schulden mit fünfzehn, auch zwanzig Prozent, und dies zusammengehalten mit den angehäuften Interessen, werden Sie Ihr Schuldkapital bis ins Unendliche vermehren. Was wollen Sie tun?«

»Man muss zum Verkauf schreiten, nicht wahr?«

»Wie Sie wollen. Ich glaube, es wird dies vorteilhaft für Sie sein, im Falle Sie nicht vorziehen, da Sie noch für lange die Nutznießung von dem Vermögen Ihres Sohnes haben, die Unordnung zu Ihrem Vorteil zu benützen.«

»Nein, Herr Bricolin, das ist nicht meine Absicht.«

»Aber Sie können auf das hiesige Gut immer noch Gelder aufnehmen und da Ihr Kleiner Großeltern besitzt, welche er einst beerbt, so kann er bis zur Zeit seiner Mündigkeit nicht bankerott werden.«

»Das ist gut ausgesonnen«, versetzte Marcelle kalt, »aber ich will einen ganz andern Weg einschlagen. Ich will alles verkaufen, damit die Schulden am Ende nicht den Wert der Güter übersteigen, und was mein Vermögen betrifft, so will ich es liquidieren, um die Mittel zu haben, meinem Sohn eine anständige Erziehung angedeihen zu lassen.«

»Sie wollen also Blanchemont verkaufen?«

»Ja, Herr Bricolin, und zwar sogleich.«

»Sogleich? O, ich glaub’ es wohl; wenn man sich in Ihrer Lage befindet und ehrlich sich davon losmachen will, ist kein Tag zu verlieren, denn jeder Tag macht das Loch im Geldbeutel größer. Aber meinen Sie, es sei so leicht, ein Gut von solchem Umfang, sei es im Ganzen, sei es teilweise, auf der Stelle zu verkaufen? Wissen Sie nicht, dass heutzutage jedermann, seine Gelder in die Industrie, in die Eisenbahnen und ähnliche Unternehmungen steckt, wo am Hundert Prozent verloren oder gewonnen werden? Mit den Ländereien ist’s dermalen eine verteufelte Geschichte. Bei uns zu Lande will jedermann verkaufen und niemand kaufen, so sehr ist man es überdrüssig, große Kapitalien in Gütern anzulegen, welche nur einen geringen Ertrag gewähren. Ein Landgut eignet sich für einen, der es selber bewohnt und bebaut, kurz, ein Landmann ist, wie ich. Aber für Euch Stadtleute ist das ein erbärmliches Einkommen. Ein Gut von fünfzig, höchstens von hunderttausend Francs Wert wird unter meinesgleichen immer Käufer finden; aber ein Gut von achtmalhunderttausend Francs Wert übersteigt im Allgemeinen unsere Kräfte, und Sie werden vermittelst Ihres Notars zu Paris einen Kapitalisten ausfindig machen müssen, welcher mit seinen Geldern nicht weiß, wohin. Meinen Sie, es gäbe heutzutage viele dergleichen Kapitalisten, da man an der Börse, an der Roulette, in Eisenbahnaktien, mit Bauplätzen und in tausend andern Spekulationen spielen kann? Man muss also irgendeinen furchtsamen alten Edelmann auftreiben, der aus Furcht vor einer Revolution sein Geld lieber zu zwei Prozent in Gütern anlegt, als sich in die hübschen Spekulationen einlässt, welche heutzutage jedermann versucht. Dann müsste aber auch ein schönes Wohngebäude hier sein, in welchem so ein alter Rentier seine Tage beschließen könnte. Aber sehen Sie sich einmal Ihr Schloss an! Ich möchte es nicht als Baumaterial kaufen, denn die verfaulten Balken und vermorschten Steine würden die Mühe des Abbruchs nicht verlohnen. Sie mögen daher immerhin heute oder morgen Ihr Gut als Ganzes zum Verkauf ausschreiben, aber Sie werden zehn Jahre lang auf einen Käufer warten können, denn Ihr Notar mag, wie das der Brauch ist, sagen und drucken lassen, so viel er will, dass es drei oder vierthalb Prozent abwerfe, man wird einfach meinen Pachtvertrag einsehen und daraus entnehmen, dass es nach Abzug der Grundlasten nicht mehr als zwei Prozent, einträgt.«

»Ihr Pachtvertrag ist wohl in Rücksicht auf die Vorschüsse, welche Sie Herrn von Blanchemont gemacht, abgeschlossen worden?« sagte Marcelle lächelnd.

»Wie billig«, versetzte Bricolin, ohne im Geringsten aus der Fassung zu kommen, »und mein Pachtvertrag lautet auf zwanzig Jahre. Jetzt ist eines herum, es bleiben also noch neunzehn. Sie wissen das wohl, denn Sie haben ihn mitunterzeichnet. Freilich, jetzt kann ich annehmen, dass Sie ihn nicht gelesen Gott straf’ mich! Das ist Ihre Schuld.«

»Ich will sie auch niemand aufbürden .... Ich kann also das Gut nicht als Ganzes verkaufen, aber in einzelnen Stücken doch?«

»In einzelnen Stücken werden Sie es bald, werden Sie es auch teuer verkaufen, allein man wird Sie nicht bezahlen.«

»Wieso?«

»Weil Sie sich genötigt sehen werden, an Leute zu verkaufen, die der Mehrzahl nach zahlungsunfähig sind, an Bauern, von denen sogar die besseren Sie nur in sehr langwierigen Terminen bezahlen können, und sehr viel auch an Lumpen, welche von dem Kitzel gestochen werden, auch ein Stückchen Land zu besitzen, welcher heutzutage jedermann sticht, und welche Sie nach Verlauf von zehn Jahren wieder aus dem Erkauften vertreiben müssen, ohne inzwischen Revenuen bezogen zu haben. Es würde Sie bald langweilen, diese Leute zu pressen.«

»Ich könnte mich auch nie dazu entschließen. Also kann ich Ihnen zufolge, Herr Bricolin, das Gut weder verkaufen, noch behalten?«

»Wenn Sie gescheit sein, nicht zu teuer verkaufen und nicht alles bar bezahlt haben wollen, könnten Sie das Gut an einen verkaufen, den ich kenne.«

»Wer ist dieser?«

»Ich.«

»Sie, Herr Bricolin?«

»Ich, Nicolaus Etienne Bricolin.«

»In der Tat«, versetzte Marcelle, welche sich in diesem Augenblick einiger dem Müller von Angibault entfallener Worte erinnerte, »ich habe von so etwas reden hören.«

»Ich setze mich mit Ihren Gläubigern, deren Gelder auf dem Gute haften, auseinander, zerstückle die Ländereien, verkaufe dort, kaufe hier, behalte, was mir anständig, und bezahle Ihnen den Rest bar.«

»Und die Gläubiger? Wollen Sie diese auch bar bezahlen? Sie .müssen ja ungeheuer reich sein, Herr Bricolin?«

»Nein, ich lasse sie warten; aber ich werde Sie auf diese oder jene Weise von ihnen befreien.«

»Ich glaubte, sie wollten unverzüglich bezahlt sein. Haben Sie mir nicht so gesagt?«

»Sie würden Sie drängen, mir aber, mir werden sie Kredit geben.«

»Ich verstehe; ich gelte für zahlungsunfähig.«

»Möglich, man ist heutzutage so misstrauisch. Sehen Sie mal, Frau von Blanchemont, Sie schulden mir hunderttausend Francs, ich gebe Ihnen noch zweimal hundertundfünfzigtausend, und wir sind quitt.«

»Das heißt, Sie wollen mir zweimal hundertundfünfzigtausend Francs zahlen, während ich eigentlich dreimalhunderttausend zu fordern hätte?«

»Das ist ein kleiner Profit, den Sie mir billigerweise zugestehen müssen. Ich zahle bar. Sie werden sagen, es liege in meinem Interesse, keine Zinsen zu bezahlen, wenn ich bares Geld hätte, es liegt aber ebenso in dem Ihrigen, Ihr Vermögen, welches Sie, wenn Sie länger zögern, bei Heller und Pfennig einbüßen werden, in Händen zu haben.«

»Sie wollen also meine Verlegenheit dergestalt ausbeuten, dass Sie das wenige, was mir bleibt, noch um den sechsten Teil verkürzen.«

»Das ist mein Recht und jeder andere würde es noch schärfer nehmen. Seien Sie übrigens versichert, dass ich Ihren Vorteil wahren werde, so viel möglich. Nun, das ist mein erstes und letztes Wort. Sie werden es bedenken.«

»Gewiss, Herr Bricolin, es scheint mir, dass ich es bedenken muss.«

»Teufel! Ich glaub’ es wohl. Sie müssen sich allererst vergewissern, dass ich Sie nicht täusche und dass ich mich selbst nicht täusche, betreffs Ihrer Lage und des Wertes Ihrer Güter. Sie können sich jetzt hier heimisch machen, können alles selbst in Augenschein nehmen, können sich in eigener Person von dem Zustand der Ländereien Ihres Mannes in der Gegend des Blanc überzeugen und dann, wann Sie auf dem Laufenden sein werden, binnen Monatsfrist etwa, werden Sie mir eine Antwort sagen. Sie können, indem Sie mein Anerbieten in Erwägung ziehen, Ihre Berechnung machen, deren Erweisung mich nicht besorgt macht. Sie können 1) das, was Ihnen bleibt, netto um das Zweifache des von mir Gebotenen verkaufen, jedoch nicht die Hälfte des Geldes erhalten, wohl aber zehn Jahre warten müssen, während welcher die Zinsenlast so anschwillt, dass Ihnen nichts bleiben kann; Sie können 2) das, was Ihnen bleibt, mit einem Sechsteil Verlust an mich verkaufen und in diesem Falle binnen drei Monaten hier zweimal hundertundfünfzigtausend Francs von mir erhalten, entweder in gutem Gold oder in gutem Silber oder in allerliebsten Bankbillets, ganz, wie es Ihnen beliebt. Damit hat sich’s. Jetzt kommen Sie binnen einem Stündchen ins Haus hinüber, um mit uns zu Mittag zu essen. Sie müssen tun, als wären Sie bei uns zu Hause, hören Sie, Frau Baronin?«

Die Lage, in welcher sich Marcelle jetzt der Familie Bricolin gegenüber befand, musste ihr große Beklemmung erregen, und dennoch sah sie sich genötigt, die Einladung des Pächters anzunehmen. Sie versprach also, davon Gebrauch zu machen, allein sie wünschte, bis zur Essstunde in dem alten Schlosse zu bleiben, um einen Brief zu schreiben, worauf Herr Bricolin sie verließ, um ihre Leute und ihr Gepäck herüberzuschicken.

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