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Das war ein Mensch, den niemand liebte, dem niemand gutes wünschte, weder ins Gesicht noch hinter seinem Rücken, denn alle waren darüber einig und davon überzeugt, der Himmel zögere nur den streitsüchtigen Kasaken zu strafen bis zur gelegenen Zeit, sie selbst aber wären alle bereit diese Strafe mit dem größten Vergnügen zu besorgen, aber gerade den Leuten wie zum Trotze, verfolgte geradezu das Glück den Dukač.

Es glückte alles, was er unternahm – es lief ihm so zu sagen alles in die Hände; die schon überhaupt zahlreichen Heerden seiner Schafe vermehrten sich wie die Heerden Labans unter Jakob, so daß die in der Nähe liegende Steppe bereits zu klein für sie sich erwies.

Die langgehörnten schweren Zugochsen Dukač’s vermehrten sich, wuchsen und zogen hundert neue, mit Getreide, Wolle und anderen Produkten und Waren beladene Wagen nach Moskau, Nešin, Odessa oder geradezu noch weiter in die Krim; die Bienenstöcke im Lindenwald, vor Wind und Wetter geschützt, zählten nach hunderten.

Mit einem Wort: der Reichtum des Dukač war nach den Begriffen und der Ansicht der dortigen Kasaken ein – unermeßlicher.

Aus welchem Grunde gab ihm das alles Gott?

Die Leute konnten sich dieses nicht erklären, sie wunderten sich, schüttelten mit den Köpfen und trösteten sich damit, daß all’ dieser Reichtum, all’ dieses Glück, dieser Überfluß dem Dukač nicht zum Vorteile gereiche, daß Gott den Dukač nur in Versuchung führe, damit dieser noch stolzer werde als er es bereits ist, um ihn dann ungeahnt, plötzlich von seiner Höhe herabzustürzen mit einem solchen Krach, daß derselbe weit und breit hörbar sein werde.

Ungeduldig bereits geworden, erwarteten diese guten Leute das schreckliche Gericht; aber die Jahre folgten eines nach dem anderen, ohne daß die Strafe Gottes zur Äußerung gekommen wäre.

Der Kasak wurde von Jahr zu Jahr reicher und reicher, hochmütiger, anmaßender, ja bösartiger, und es gab keine Anzeichen noch Hoffnung, daß seinem Übermut, seiner Rohheit ein Damm gesetzt werden würde.

Das beunruhigte nicht nur die nächsten Nachbaren Dukač’s, sondern auch die Gemeinde und die ganze Umgebung, und regte dieselbe auf, um so mehr, als man nicht sagen konnte, daß die Sünden des Vaters sich an den Kindern desselben rächen würden, denn Dukač war – kinderlos.

Aber unerwartet zog sich die Dukačin von den Leuten zurück – sie zeigte sich wenig, wurde schüchtern und zurückhaltend – hörte auf sogar vor’s Haus zu gehen oder Besuche zu machen; – in nicht gar zu langer Zeit verbreitete sich das Gerücht und wurde weitergetragen, die Dukačin befände sich in jenem Zustande, den man bei den Frauen den interessanten zu nennen pflege.

Die guten Leute und Nachbaren erschraken geradezu über diese fast unglaublich scheinende Neuigkeit; die Zungen lösten sich jedoch bald, die durch fruchtlose Erwartung bereits ermüdete öffentliche Meinung fing an sich auf ein großes Ereignis vorzubereiten.

„Was wird das für ein Kind werden? – was wird das für ein Teufelskind sein? … Es wäre besser, es ginge im Mutterleibe zu Grunde, ehe es das Licht der Welt erblickt!“

Solche und ähnliche Wünsche hegte die Gemeinde und Umgebung. Alle erwarteten mit Ungeduld die Zeit der Geburt, bis auch diese eintrat. In einer bitterböskalten Dezembernacht gebar unter dem Dache des großen Bauerhauses unter großen Schmerzen die Dukačin ein kleines Kindlein!

Das neugeborene Weltenkind war ein Knabe, keine tierähnliche Mißgeburt, wie es die guten Leute erwarteten und wünschten, sondern ein ganz reinliches Kindlein mit weißer weicher Haut, schwarzen Haaren und schönen, großen, blauen Augen.

Als die Hebamme Kerasivna diese Neuigkeit den vor dem Hause angesammelten Leuten mitteilte und eidlich bestätigte, der Neugeborene besäße weder Hörner am Kopfe noch einen Pferdefuß oder gar ein Schwänzchen, da fehlte es nicht viel und sie wäre durchgeprügelt worden; angespuckt hat man sie doch.

Und trotz alledem blieb der Knabe was er war, ein schönes Kind, und dabei außergewöhnlich ruhig: er atmete ganz leise, so daß es kaum bemerkbar war, als schämte er sich zu schreien.

Drittes Kapitel

Als Gott dieses Knäblein dem Dukač schenkte, stand derselbe bereits nahe den Fünfzigen.

Bejahrten Leuten, namentlich solchen, welche über einen gewissen Wohlstand oder Reichtum verfügen, bereitet die Geburt eines Nachfolgers eine ganz besondere Freude.

Selbst Dukač freute sich sehr der Geburt seines Sohnes, aber seine Freude äußerte sich, wie es ja bei seinem rauhen Charakter nicht anders sein konnte, in eigener Art.

Vor allen anderen ließ er den bei ihm lebenden vermögenslosen Verwandten Agap zu sich rufen und teilte ihm mit, daß er von nun an sich keine Hoffnung machen dürfe, ihn – den Dukač – beerben zu können, um so mehr, als ihm Gott einen wirklichen Erben geschenkt habe; dann befahl er ihm so rasch wie möglich seinen Sonntagsstaat anzuziehen, die neue Mütze aufzusetzen und so, wie es Tag wird, den hier zu Besuch weilenden jungen Gerichtsbeamten und die Frau des Popen aufzusuchen und sie als Taufpaten für das neugeborene Kind einzuladen.

Agap war nicht mehr jung, nahezu an vierzig, furchtsam, er sah mehr einem Huhn mit beschädigtem Kopfe ähnlich, was davon herrührte, daß ihm ein großer Flecken Haare am Kopfe fehlte, wodurch eine lächerliche Kahlheit entstand; ein Zeichen von Dukačs starker Hand.

Agap verlor die Eltern noch im Kindesalter und wurde von Dukač angenommen; zu der Zeit war Agap ein aufgeweckter lebhafter, fast übermütig ausgelassener Knabe, der seinem Onkel nur Nutzen brachte, denn er konnte lesen und schreiben, was Dukač nicht konnte.

In den ersten Jahren pflegte Dukač den Agap mit Fuhren nach Odessa zu schicken.

Als Agap einmal von einer solchen Odessaer Reise zurückkehrte, die Abrechnung pflegte und in der Rechnung den Ankauf einer neuen Mütze auswies, da wurde Dukač darüber, daß Agap, ohne seine Einwilligung eingeholt zu haben, eine Ausgabe machte, so wild, daß er den Agap über Kopf und Nacken so heftig schlug, daß dieser sehr lange nicht nur Schmerzen litt, sondern auch seit dieser Zeit den Kopf nach einer Seite geneigt trug; die Mütze nahm Dukač dem Agap ab, hängte sie auf einen Nagel in der Stube auf, bis sie die Motten zerfraßen.

Der schiefhalsig gewordene Agap ging ein ganzes Jahr lang ohne Mütze herum; alle Leute lachten ihn deswegen aus.

Während des Verlaufes dieses Jahres weinte Agap sehr oft und sehr lange; er hatte Zeit genug darüber nachzudenken, wie er sich in der Folge in einem solchen Falle zu benehmen hätte.

Durch die rohe Behandlung seines Onkels ist Agap selbst stumpf geworden; die Leute rieten ihm seinen Verwandten zu betrügen, aber dieser Betrug müsse so politisch sein, daß er, Agap, eine Mütze hätte, ohne daß Dukač dahinter kommen könnte, in welcher Art und Weise er, Agap, sich das Geld zum Ankauf verschafft habe, dieses sei jedoch nur dann möglich, wenn er, Agap, das für die Mütze verausgabte Geld in kleinen Beträgen auf die anderen Ausgaben verteile.

Sodann müsse er, Agap, behufs Sicherung, für alle Fälle, sich Hals und Nacken recht dick mit Tuch umwickeln, sobald er mit seinem Onkel Dukač die Abrechnung pflegen wird, denn wenn ihn dann Dukač schlagen sollte, so wird er, Agap, wenigstens keine Schmerzen empfinden.

Agap hat sich diese und ähnliche Ratschläge recht wohl gemerkt und als ihn Onkel Dukač das nächste Jahr wiederum nach Nižnij3 schickte, da kam Agap, der ohne Mütze vom Hause wegging, mit neuer Mütze zurück, die jedoch in der Rechnung nicht angeschrieben stand.

Dukač bemerkte gar nicht, daß Agap eine Mütze besitze, ja er belobte sogar seinen Neffen Agap und bemerkte, daß er diesesmal keine Ursache habe, ihn durchzuprügeln; die Angelegenheit wäre ganz friedlich verlaufen, wenn dem Agap der Teufel nicht geraten hätte dem Onkel zu zeigen, wie er „politisch“ sein und der Redlichkeit ein Schnippchen schlagen könne.

Vorerst jedoch betastete er vorsichtig Hals und Nacken, ob auch die Handtücher, die er vorsichtshalber umgewickelt hatte, fest säßen, und erst dann meinte Agap:

„Ah! Onkel! … gut … gut … für nichts zu schlagen nötig! … Redlichkeit gibt es doch auf der Welt.“

„Was für Redlichkeit?“

„Was für Redlichkeit? … Schaut her, Onkel,“ und er tippte mit dem Finger auf das Papier, auf welchem die Rechnung geschrieben war, „gibt es hier eine Mütze?“

„Nein, ist nicht,“ gab Dukač zur Antwort.

„Und ist die Mütze drin,“ belobte sich Agap selbst und setze diese schief aufs Ohr.

Dukač sah auf und sagte:

„Wirklich eine schöne Mütze – geb’ sie doch ’mal her, ich will sie anprobieren.“

Er setzte die Mütze auf und ging zu dem Spiegelscherben, welcher in einen Holzspan eingeklemmt war, schüttelte seinen grauen Kopf und meinte:

„Gewiß, eine sehr schöne Mütze, die ich selbst tragen werde.“

„Sie steht Euch sehr gut zu Gesichte, Onkel.“

„Ja, wo hast Du, Lump, die Mütze gestohlen?“

„Was Euch nicht einfällt, Onkel, ich stehle nie,“ gab Agap zur Antwort, „Gott soll mich bewahren, ich, und stehlen!“

„Also, woher hast Du die Mütze?“

Agap meinte, gestohlen habe er sie nicht, aber durch Politik sei er in den Besitz derselben gekommen.

Dem Dukač erschien dies alles so außerordentlich lächerlich und unglaublich, daß er tatsächlich zu lachen anfing und meinte:

„Ist es Dir nicht schwer vorgekommen Politik zu treiben?“

„Weshalb?“

„Also red’, wie hast Du das angestellt?“

„Politisch.“

Dukač drohte dem Agap mit dem Finger; doch dieser blieb bei seiner Behauptung die Mütze politisch erworben zu haben.

„Welcher Teufel hat Dir eingeredet, politisch zu sein?“ frug Dukač weiter, „wie kann es möglich sein, daß ein so dummer Junge, wie Du es bist, in Nižnij Politik treiben kann?“

Doch Agap blieb fest bei seiner Behauptung stehen.

Dukač befahl schließlich dem Agap sich zu setzen und ihm haarklein zu erzählen, in welcher Art und Weise er Politik getrieben habe. Dukač selbst goß sich einen kleinen Topf Pflaumenbranntwein ein, brannte seine Pfeife an und richtete sich gemächlich zu längerem Zuhören ein.

Doch die Erzählung war kurz.

Agap las nochmals die sämtlichen Posten der Rechnung vor, und meinte dann:

„Gibt es hier eine Mütze?“

„Nein, nicht,“ gab Dukač zur Antwort.

„Und sie ist doch drin!“

Und nun beichtete er, wo und in welchen Posten und wie viel bei jedem zugerechnet worden ist, und dieses alles erzählte er mit einer solchen Offenheit und Freude, als er sicher war, daß ein Überfall seines Onkels ihm keine großen Schmerzen bereiten könne, denn sein Hals und Nacken waren ja mit vielen Lagen von Handtüchern dicht umwickelt; aber es ereignete sich etwas anderes, ganz unerwartetes, unerwünschtes, worauf Agap ganz unvorbereitet war.

Anstatt seinen Verwandten zu prügeln, meinte Dukač:

„Sieh’! sieh’! wirklich, Du bist sehr politisch vorgegangen und hast die Ausgabe für die Mütze so gut verheimlicht, daß es mir nicht wehe tuet, ich aber werde Dich eine andere Politik lehren,“ und aufspringend riß er dem Agap nicht nur eine Handvoll Haare vom Kopfe, sondern auch gleichzeitig das Stück Haut mit, so daß an dieser Stelle seit dieser Zeit auch keine Haare mehr gewachsen sind.

In dieser Weise endete das politische Spiel des Neffen mit dem Onkel, und als dieser Vorfall im Dorfe bekannt wurde, da wuchs das Ansehen des Dukač noch mehr, als man zu der Überzeugung kam, daß man dem Dukač weder durch List noch Gradheit beikommen oder ihn betrügen könne.

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