Читать бесплатно книгу «Soll und Haben, Bd. 1 (2)» Gustav Freytag полностью онлайн — MyBook

»Ich habe dem Goldmann geschrieben, er soll mir einen Menschen schicken, den ich mir ansehe, ob ich ihn brauchen kann; abgemacht ist noch nichts,« sprach Ehrenthal vornehm und öffnete das Schreiben.

»Ich bin doch gekommen, damit Sie mich ansehen,« entgegnete Veitel.

»Und was kommst du so spät, junger Itzig? Es ist keine Zeit mehr zur Rede vom Geschäft,« schnarrte ihn der Hausherr an.

»Ich wollte mich melden bei meinem Herrn Hirsch Ehrenthal zum Dienst noch heut Abend, wenn er mir hat zu geben einen Auftrag für morgen früh.«

»Davon ist zu reden morgen früh,« antwortete gereizt der Herr, welcher es für vortheilhaft hielt, dem Neuling zu zeigen, wie wenig ihm an seiner Person gelegen sei. Itzig begriff vollkommen das Zweckmäßige dieses Benehmens, und da er sah, daß seine Stellung bei dem abzuschließenden Geschäftsvertrage bis jetzt keine günstige war, suchte er sie dadurch zu verbessern, daß er tiefer auf die Sache einging und entgegenwarf: »Ich kann vielleicht leisten einen Dienst morgen früh, wo Markttag ist, weil ich kenne die meisten Kutscher von den Herren, welche hereinkommen mit Raps.«

»Was Raps! Was thue ich mit Raps? Was will er reden vom Geschäft?« schleuderte ihm Hirsch Ehrenthal noch grimmiger entgegen.

Aber unerschüttert fuhr Veitel fort sich herauszustreichen, wie ein seidenes Halstuch: »Ich bin auch sonst bekannt in der Stadt, ich kenne die Makler und die kleinen Leut' und kann dem Herrn helfen bei jedem Geschäft, das er machen will im Haus und außer dem Haus.« Und um seinen Selbstverkauf dem Abschluß näher zu bringen, fügte er mit resignirter Miene hinzu: »Ich bin nicht so stolz, daß ich will wohnen in dem Hause bei Herrn Hirsch Ehrenthal; wenn der Herr Ehrenthal für mich nicht hat ein Bett in seinem Hause, so will ich mir suchen mein Lager in der Nähe bei einem Wirth.«

Herr Ehrenthal wurde durch diese Anspruchslosigkeit so weit gerührt, daß er den Burschen noch einmal von oben bis unten ansah und mit mehr Herablassung frug: »Sind deine Papiere in Ordnung, daß du mich in keine Unannehmlichkeiten bringst mit der Polizei?«

Veitel beruhigte ihn über diesen wichtigen Punkt; eine uralte große Brieftasche flog plötzlich auf geheimnißvolle Weise aus den Falten seiner schlottrigen Jacke; aus ihr suchte er seine Legitimation heraus.

Herr Ehrenthal faßte das Papier mit einem geschickt angenommenen Widerwillen gegen die gelbliche Farbe desselben und sah es genau durch, Unterschrift, Siegel und Alles, indem er es sogar gegen das Licht hielt. Veitel wartete gespannt, ob er das Document behalten würde; wenn er es in der Hand behielt, so war das Geschäft zum Abschluß reif.

Als Herr Ehrenthal das Document nachlässig in der Hand wiegte, versuchte Itzig mit unterwürfiger Vertraulichkeit zu lächeln. »Wenn ich dich in meinen Dienst nehme,« sprach der Hausherr, »so wirst du machen Alles in meinem Hause, was ich dir werde auftragen, oder Madame Ehrenthal, oder mein Sohn Bernhard Ehrenthal; du wirst putzen die Stiefeln am Morgen und die Schuhe meiner Frau, du wirst holen in die Küche, was dir die Köchin sagen wird, in meinem Geschäft wirst du machen alle Gänge, die ich habe zu machen, und wirst ausrichten alle Bestellungen.«

»Ich will, Herr Ehrenthal,« sagte Veitel demüthig, »ich will Alles thun, daß Sie seien zufrieden mit mir.«

»Frühstück und Mittagessen wird dir geben die Köchin, am Abend von sieben Uhr kannst du sein dein eigener Herr.« – Veitel nahm mit derselben Bereitwilligkeit auch diese Bedingung an und bemerkte nur: »Kann ich nicht haben am Morgen ein bis zwei Stunden für mich?«

»Nein,« sprach Ehrenthal ungnädig, »ich kann es nicht leiden, wenn Einer in meinen Diensten ist und macht Geschäfte für eigene Rechnung.«

Da Veitel beschlossen hatte, unter allen Umständen Geschäfte für eigene Rechnung zu machen, und Herr Ehrenthal das eben so gut wußte wie Veitel, so wurde auf diesen zarten Punkt nicht weiter eingegangen.

»Dafür sollst du erhalten alle Monat zwei Thaler, und wenn ich mit deiner Hülfe ein Geschäft mache, erhältst du deinen Antheil davon.«

»Wie groß soll sein dieser Antheil?« rief Veitel schnell.

»Wie groß er soll sein?« frug Herr Ehrenthal unwillig, »was ich dir werde geben, wird sein groß genug.«

»Groß genug für den Herrn, aber nicht für mich,« antwortete Veitel dreist, denn er fühlte, daß bei diesem Hauptpunkt Entschlossenheit nöthig sei.

»Das wird sich finden, wenn du wirst abgedient haben deine Probezeit. Vier Wochen dienst du auf Probe, nach der Zeit werde ich mit dir reden über deinen Verdienst.«

Das war Alles, was Veitel billigerweise verlangen konnte, er hob sein Bündel von den Treppenstufen auf und sagte unterwürfig: »Ich bin's zufrieden, wenn der Herr Ehrenthal mir noch will schenken eine alte Hose und Rock, daß ich ihm keine Schande mache vor den Leuten.«

»Keinen Rock und keine Hose,« antwortete der Herr entschieden.

»Dann geben Sie mir Hose und Rock in vier Wochen, wenn meine Probezeit zu Ende ist.« Diese Forderung war nach dem Cours der Trödlerbörse gleich einem Geschenk von drei bis vier Thalern, und Ehrenthal fand die Forderung mit Recht hoch, er warf noch einen prüfenden Blick auf den Burschen, auf die Demuth seiner Stellung und die ungewöhnliche Frechheit seiner Augen, er schloß, daß der Mensch brauchbar sein werde, und fühlte sich bewogen, Großmuth zu zeigen. »So mag es sein,« schloß er, »in vier Wochen. Dein Nachtquartier kannst du nehmen bei Löbel Pinkus an der Ecke, damit ich weiß, wo du bist zu finden.« Darauf öffnete Herr Ehrenthal die Entreethüre und rief hinein: »Frau, Bernhard, Rosalie, kommt heraus.« Zwei Stubenthüren und die Küchenthür öffneten sich, und die Familie des Hausherrn wurde sichtbar, dahinter die zerknitterte Köchin.

Madame Ehrenthal war eine volle Frau in schwarzer Seide, mit starken Augenbrauen und rabenschwarzen Hängelocken; sie machte noch große Ansprüche zu gefallen und gefiel auch. Wenigstens versicherten ihr das mit mehr oder weniger Anstand junge Herren vom Adel, welche zuweilen in den Morgenstunden Herrn Ehrenthal besuchten, um mit ihm Geschäfte zu machen; und obgleich diese Versicherungen um so wärmer zu sein pflegten, je kühler Ehrenthal sich gegen das abzuschließende Geschäft verhielt, so galt doch, die Wahrheit zu sagen, Madame Ehrenthal auch bei solchen Leuten, welche keine Sola-Wechsel zu prolongiren wünschten, für eine sehr stattliche Dame. Ihre Tochter aber war in der That eine Schönheit, eine große, edle Gestalt mit glänzenden Augen, dem reinsten Teint und einer nur sehr wenig gebogenen Nase. Wie aber kam der Sohn in diese Familie? Er war fast klein, mit einem bleichen, faltigen Gesicht und gebückter Haltung; daß er noch ein Jüngling war, sah man nur an seinem Munde und dem hellen Blick; auch war er nachlässiger gekleidet, als einem Sohn des Herrn Ehrenthal geziemte, und in dem braunen Haar hingen noch jetzt am Abend einige Federn. Die Familie und Veitel sahen einander stumm an, während Herr Ehrenthal mit Selbstgefühl bemerkte: »Dieses ist der Veitel Itzig, ich habe ihn genommen in unsern Dienst.« Der vornehme Stolz der Mutter, der mißfällige Blick der Tochter und das zerstreute Auge des Sohnes wurden von dem armen Bocher eben so gewandt aufgefangen, wie die bunten Strahlen eines Prismas von einem beobachtenden Naturforscher; er beschloß auf der Stelle, gegen die Mutter sehr, sehr unterwürfig zu sein, sich in die Tochter zu verlieben und Bernhards Stiefel schlecht zu putzen und in den Rocktaschen desselben beim Ausbürsten nachzusehen, ob nicht ein Geldstück durch Nachlässigkeit des Besitzers in den Falten sitzen geblieben.

Nach dieser Vorstellung erklärte Herr Ehrenthal, Veitel könne gehen und solle am nächsten Morgen um sechs Uhr im Hause sein. Die Entreethüre schloß sich hinter dem Burschen, auch er stand auf der Treppe, in's Geschäft aufgenommen, ein angehender Kaufmann. Er lächelte vergnügt, als er die Treppe hinunter ging, offenbar war er mit seinem Handel zufrieden. Hatte er sich doch gemessen mit dem großen Herrn im Geschäft und hatte einen Vortheil davongetragen. Denn da er sich auf jede Bedingung auch ohne Garderobenzulage engagirt haben würde, so betrachtete er den alten Rock und Hosen zahlbar in vier Wochen mit Recht als eine angenehme Uebervortheilung seines neuen Prinzipals. Die Ueberlegung: »Es wird nur ein Sommerrock sein,« flog wie ein düsterer Schatten über seine Seele; »aber die Hose wird sein von seinem Bernhard, welcher trägt Tuchhosen auch heut am heißen Sommertage.« So trug er beruhigt sein Bündel um die Ecke zu Löbel Pinkus.

Löbel Pinkus war Hausbesitzer und hielt zu ebener Erde einen kleinen Branntweinladen, welcher zahlreiche Kunden hatte. Doch war ersichtlich, daß weder die starke, wie fettig glänzende Figur des ehrsamen Pinkus selbst, noch die dicke Halskette seiner Frau ihre solide Pracht aus dem Branntweingeschäft allein herleiteten, und die Nachbarn zerbrachen sich manchmal den Kopf darüber, wie Frau Pinkus es durchsetzen könne, immer die theuersten Gänse zu braten, ja zuweilen sogar Truthühner. Indeß da ihr Gemahl ein resoluter Charakter war, in allen seinen Reden grob und entschieden, da er Branntwein verkaufte, was immer für ein Zeichen volksthümlicher Gesinnung gelten wird, und da er außerdem Geld gegen ungewöhnliche Procente auszuleihen wußte, so war er unter den kleinen Handwerkern in der Nachbarschaft doch sehr respectirt und gefürchtet. Seine Reputation war gut. Die Straßenpolizei trank im Vorbeigehen gern in seinem Laden einen Liqueur, für den er das Geld zu nehmen stets verweigerte, er zahlte seine Abgaben pünktlich und galt für einen Freund, ja Vertrauten der executiven Macht. In Wahrheit aber war Herr Pinkus eine von den glücklichen Naturen, welche Honig aus allen Blumen zu saugen wissen, auch aus übelriechenden. Er hielt in dem ersten Stock seines Hauses eine stille Herberge für Männer mit und ohne Bart, welche einen Haß gegen Alles, was von dem Geschlecht der Schweine stammt, nicht überwinden konnten. Diese Männer von uralter Familie schätzten zuweilen ein billiges und verborgenes Nachtlager, bei welchem der Wirth keine hohen Rechnungen machte und keinen Paß abforderte; sie kamen in der Regel am späten Abend in die Herberge und schlichen am frühen Morgen wieder hinaus in die Gassen der Stadt, oder auf die Landstraße, bescheidene Trödler und Schacherer, welche ihren Gewinn nach Groschen und Pfennigen berechneten. Außer diesen Gästen erschienen zuweilen noch andere, unregelmäßig wie Kometen, von jedem Alter, Geschlecht und Glauben, sie verhandelten in größter Stille mit dem Hausherrn und konnten es nicht vertragen, wenn man bei Nacht in der Nähe ihres Gesichtes ein Schwefelholz anzündete. Alte Gastfreunde des Pinkus hatten über solche Eigenthümlichkeit allerdings ihre Ansichten, aber sie fanden es nicht gerathen, darum viele Worte zu verlieren.

In diesem Hause tappte Itzig im Finstern eine Treppe hinauf und unsaubere Wände entlang, stieß an eine schwere eichene Thür mit großem Schloß und trat, als er diese durch einen starken Druck geöffnet hatte, in einen wüsten Raum, der fast die ganze Länge des Hauses einnahm. In der Mitte stand ein alter Tisch mit einer schlechten Oellampe, einige Schemel darum; gegenüber der Thürseite war ein großer Wandverschlag mit vielen kleinen Thüren, welche zum Theil offen standen und verriethen, daß der ganze Verschlag aus schmalen, von einander getrennten Abtheilungen mit hölzernen Kleiderhaken und Fächern bestand. Vor den kleinen Fenstern, welche auf die Straße führten, waren verblichene Rouleaux heruntergelassen, auf der gegenüberliegenden Langseite fiel durch eine offene Thür das Abendlicht in das Zimmer, diese Thür führte auf eine hölzerne Galerie, welche längs der Gaststube an der Außenseite des Hauses fortlief.

Itzig warf sein Bündel in einen Wandschrank und trat auf die Galerie hinaus. Da er auch hier keinen zweiten Gast vorfand, fing er an von der Galerie die Aussicht zu bewundern mit demselben Grad von Interesse, welchen ein niederländischer Architekturmaler gehabt haben würde, nur nicht ganz in derselben Absicht. Unten am Fuß des Hauses wälzte ein Fluß sein lehmiges Wasser eilig vorwärts und bildete eine schmale Wasserstraße, welche auf beiden Seiten mit verfallenen hölzernen Häusern eingefaßt war. Fast an jedem Hause, an jedem Stockwerk waren ähnliche hölzerne Galerien herausgebaut und durch gebräunte Balken gestützt. Manchmal liefen drei, vier Galerien übereinander, dann war der Fußboden der obern das Regendach der untern. In alter Zeit hatte die achtbare Zunft der Gerber diese Straße bewohnt, damals war das Holzwerk glatt und neu gewesen, und helle Lämmer- oder Ziegenfelle hatten an den Geländern gehangen, bis sie weich und geschmeidig geworden waren, um Handschuhe für die Patrizier und Ledertaschen für ihre Frauen zu geben. Jetzt waren die Gerber nach entfernteren Stadttheilen hinabgezogen, und statt der Thierfelle hing die Wäsche armer Leute an den hölzernen Balconen, über dem zerbrochenen Schnitzwerk und den wurmstichigen Balkenköpfen. Noch stach die weiße, rothe und blaue Farbe der Wäsche im Abendlichte seltsam ab von dem schwarzen Holzwerk, und das Licht brach sich auf wunderliche Weise an den Säulen und Vorsprüngen der Galerie, an rohen Arabesken der Einfassung und an den dunkeln Pfählen, welche hier und da aus dem Wasser hervorragten. Es war ein unheimlicher Aufenthalt für jedes Geschöpf, außer für Maler, Katzen oder arme Teufel.

Junker Itzig war schon früher ein und das andere Mal in dem Hause gewesen, aber immer in größerer Gesellschaft. Heut bemerkte er, daß eine lange bedeckte Treppe vom Ende seiner Galerie bis hinunter an das Wasser führte; er sah, daß neben dieser bedeckten Treppe eine ähnliche am Nachbarhause hinablief, und schloß daraus, daß es möglich sein müsse, die eine Treppe hinunter und die andere hinauf zu steigen, ohne sich mehr als die Schuhe naß zu machen; er entdeckte ferner, daß es bei dem niedrigen Wasserstand des Sommers möglich war, längs der Häuserreihe am Wasser weit hin fortzugehen, und er überlegte, ob es Menschen geben könnte, welche bei Tag oder Nacht einen solchen Spaziergang für nützlich hielten. Nachtwächter und Polizeidiener wenigstens waren dort nicht zu befürchten. Durch diese Betrachtungen wurde seine Phantasie so aufgeregt, daß er in das Gastzimmer zurücklief, in die Wandschränke kroch, welche offen standen, und die Holzwände derselben durch Klopfen und Schütteln untersuchte. Mit Erstaunen entdeckte er, daß auch die Rückwand von Holz war und hohl klang. Da an dieser Seite die Mauer laufen mußte, welche dies Haus vom Nachbargebäude trennte, so fand er den hohlen Ton auffällig und nicht in der Ordnung und war eben im Begriff, einen verschlossenen Wandschrank anzugreifen und zu sehen, ob nicht ein Ritz in dem Holze der Rückwand weiteren Aufschluß gebe, als ein dumpfes Knurren seine Hand von der Schrankthür zurückhielt. Er sah sich um und erkannte – ohne große Beschämung – daß er nicht mehr allein war. In einer Ecke des Zimmers lag in seinen Kaftan gewickelt, das schwarze Käppchen im Haar, ein galizischer Handelsmann zusammengekauert auf dem Strohsack. Er hatte seine Sachen in dem angegriffenen Wandschrank verschlossen und hielt für nöthig, gegen die Untersuchung des Wißbegierigen zu protestiren. Itzig versuchte ein Gespräch mit dem Fremden anzuknüpfen; da dieser aber mehr Lust zum Schlafen als zur Unterhaltung zeigte, setzte sich Itzig in die gegenüberliegende Ecke auf einen andern Strohsack und saß dort mit seinem rastlosen Geiste rechnend und Geschäfte ausdenkend, wobei er zuweilen in lebhaftem Sinnen mit Händen und Beinen schlenkerte, bis die Dunkelheit der Nacht durch die Thür eindrang, und die kleine Oellampe zu knistern anfing und Miene machte auszugehen. Noch kam Pinkus der Wirth selbst herauf, ein Licht in der Hand; er untersuchte den Bestand seiner Gäste, setzte einen Krug Wasser auf den Tisch und schloß beim Herausgehen die Thür von außen ab. Im Finstern holte Itzig ein Stück trockenes Brod aus der Tasche und schlief endlich unter dem Schnarchen seines Stubengenossen ein, den Strohsack unter sich, zugedeckt mit seiner alten Jacke.

Zu derselben Stunde wickelte sich sein Reisegefährte im Patrizierhause in die gesteppte Decke seines Lagers, sah noch einmal mit müden Augen in der Stube umher und bemerkte schlaftrunken, daß die gelbe Katze auf dem Schreibtisch ihre Beinchen bewegte, sich mit der Pfote zu strählen anfing und ihm zuletzt sogar mit beiden Pfoten Kußhändchen zuwarf. Bevor er Zeit hatte, über diese ungewöhnliche Freundlichkeit des Gipses nachzudenken, war er eingeschlafen. Vor beiden Jünglingen senkte sich das Gewebe von grauem Flor herab, auf welchem die Traumgöttin ihre bunten Bilder zu zeigen pflegt. Anton sah sich selbst auf einem großen Waarenballen sitzen und durch die Luft fliegen, während eine gewisse junge Dame die Arme nach ihm ausstreckte; und Veitel Itzig entdeckte mit Behagen, daß er ein Baron geworden war, welcher von Hirsch Ehrenthal um ein Almosen angeredet wurde. Er sah, wie er dem alten Ehrenthal seine sechs Ducaten als Geschenk gab und wie dieser sich kläglich bedankte. Ueber diese Großmuth erschrak er im Traume so, daß er mit Händen und Beinen um sich schlug.

Am nächsten Morgen begann jeder der beiden Jünglinge seine Thätigkeit. Anton saß auf seinem Platze im Comtoir und copirte Briefe; und Veitel stand, nachdem er sämmtliche Stiefeln und Schuhe der Familie Ehrenthal gebürstet und die Kleidertaschen Bernhards durchsucht hatte, als Aufpasser vor dem größten Hotel der Stadt, um einen fremden Herrn vom Lande zu beobachten, welcher mit Herrn Ehrenthal unzufrieden geworden war und im Verdacht stand, sich andere Geschäftsfreunde auf sein Zimmer bestellt zu haben. Anton bekam durch das Copiren der Briefe Einsicht in Styl und Sprache seines Geschäfts, und Veitel hatte während seines Lauerns vor dem Gasthofe das Glück, die Adresse eines vorübergehenden Studenten zu erhalten, welcher es für zeitgemäß hielt, seine silberne Uhr zu verkaufen.

In seinen ersten Mußestunden zeichnete Anton das Schloß, die Kletterpflanzen, den Balcon und die Thürmchen aus dem Gedächtniß auf das beste Papier, das ihm die große Stadt liefern konnte. Er ließ das Bild in einen Goldrahmen fassen und hing es über seinem Sopha auf.

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