Читать бесплатно книгу «Aus zwei Welttheilen. Zweiter Band.» Friedrich Gerstäcker полностью онлайн — MyBook
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Von neuen Hoffnungen erfüllt, ließ sich St. Clyde endlich durch die Gründe des Richters bewegen, auf seine Vorschläge einzugehen und die Nacht bei ihm zuzubringen. Als er aber am nächsten Morgen mit dem Brief, der Saise aus den Klauen jenes Buben retten sollte, auf der breiten Straße dahinsprengte, da ward er es sich erst selbst so recht bewußt und klar, wie er jenes unglückliche Mädchen liebe und wie es für ihn auf dieser Welt keinen weitern Frieden gebe, als den, den er an ihrer Seite finden konnte. Wohl war er arm und hatte Nichts, als seine eigene Kraft und Ausdauer; die Tochter der Wälder aber, an Entbehrungen von Jugend auf gewöhnt, würde sich wohl schwerlich zu dem civilisirteren Leben der Ansiedlungen zurückgesehnt haben, wenn er ihr wirklich, wie er es hoffte und glaubte, nicht gleichgültig war; nur erst frei mußte sie sein, frei wieder, wie der Vogel der Luft und der Hirsch der Prairie, und diese Angst von ihr genommen werden.

Zu schnellerem Trab spornte er sein wackeres Thier an, als er des armen Mädchens gedachte, und unter den hohen, schattigen Magnolien flog er rasch und fröhlich dahin. Endlich erreichte er die Ansiedlungen des Fausse Riviere, durch das kleine Städtchen sprengte er mit verhängten Zügeln – an Plantage nach Plantage brauste er vorbei – schon war er am »Poydras-College« vorüber und dort – dort schimmerte ihm jetzt das hohe, glänzende Dach aus dem grünen, schwellenden Laub entgegen. Er hatte die Orangenhecke erreicht, sprang vom Pferd, hing den Zügel desselben über einen alten, halbverdorrten Feigenbaum und flog die Stufen hinauf, wo er wußte, daß Mr. Beaufort allmorgendlich sein Frühstück halte.

»Hallo, St. Clyde,« rief ihm dieser freundlich entgegen, »das ist hübsch von Euch, daß Ihr wiederkommt, ich war gestern Abend ein bischen brummig, aber der verdammte Nigger hatte mich so geärgert. Nun, kommen Sie her – dahinten steht noch ein Stuhl – Scipio, Canaille, kannst Du nicht aufpassen, wenn Gentleman einen Stuhl sucht,« unterbrach er sich dann selbst, um einem kleinen, bei Tisch aufwartenden Negerknaben vorher diese freundliche Ermahnung zukommen zu lassen.

St. Clyde blickte ängstlich in dem Raum umher, in dem sonst zu dieser Zeit Gabriele und Saise nie gefehlt hatten.

»Sie suchen meine Tochter?« frug Beaufort, den Blick bemerkend – »ist nicht recht wohl heute Morgen, läßt sich entschuldigen.«

»Und – und Saise!«

»Hören Sie, St. Clyde,« sagte der alte Beaufort, sein Messer niederlegend, »wenn wir gute Freunde bleiben sollen, so verderben Sie mir mein Frühstück nicht und lassen Sie die alte Geschichte ruhen. Die Sache ist abgemacht.«

»Abgemacht? Um Gottes willen, wie? Ist Saise fort?«

»Noch nicht, aber nun thun Sie mir den Gefallen und setzen Sie sich. Der Claret ist ausgezeichnet und das Beefsteak vortrefflich.«

»Mr. Beaufort, ich habe diesen Brief vom Richter an Sie abzugeben; er läßt Sie dringend bitten, seinem Wunsche zu willfahren!«

»Schön,« sagte Beaufort, das Schreiben, ohne es weiter anzusehen, unter den Teller schiebend, »wollen's nachher einmal untersuchen.«

»Es hat Eile, Mr. Beaufort, es hängt das Glück eines Lebens davon ab,« bat St. Clyde.

»Nun hab' ich's bald satt,« rief Beaufort halb lachend, halb ärgerlich; »glauben Sie denn, ich ließe der ganzen Welt zu Gefallen, mein Beefsteak kalt und den Claret warm werden? Was nicht bis nach dem Frühstück Zeit hat, bleibt ganz, das ist mein Sprichwort, und nun setzen Sie sich, sonst werd' ich ernstlich böse.«

St. Clyde sah wohl daß hier keine weiteren Vorstellungen halfen, er ließ sich also neben dem Pflanzer nieder, aber nicht möglich war es ihm einen Bissen über die Lippen zu bringen; ein paar Gläser Wein trank er, sein kochendes Blut abzukühlen, und ging dann unruhig in der von Blumen und Blüten durchdufteten Galerie auf und ab. Mr. Beaufort beendete indessen sein Frühstück in aller Behaglichkeit, schlürfte noch langsam den letzten Rest Wein hinunter, wischte sich dann den Mund ab, lehnte sich ein wenig im Stuhl zurück und sagte mit einem tiefen Athemzug:

»So – jetzt wollen wir ein bischen hinuntergehen und zusehen, wie –«

»Aber der Brief –«

»Ach ja so – den hätt' ich beinahe vergessen, nun, was schreibt denn der Richter – Lieber Freund – interessire mich – da ich dringend bedarf – Frau allein – bitte Sie herzlich mir – Saise – beim Himmel wieder der verwünschte Nigger – anzukaufen – Unsinn, kommt zu spät – wichtige Ursachen – Auslieferung zu verschieben – Unsinn, kommt zu spät, sag ich – ungemein verbinden – vollkommenste Hochachtung und Freundschaft – ja, thut mir leid – kommt zu spät –«

»Aber Sie sagten ja erst vor wenigen Secunden, daß Saise noch nicht fort sei? Wie ist es da möglich?«

»Mein Overseer hat sie gekauft,« entgegnete ihm Beaufort, sich die Zähne stochernd; »jetzt wenden Sie sich an den und lassen Sie mich mit der Sache ungeschoren – ich hab' es satt, noch länger mit dem Geschöpf geplagt zu werden.«

»Aber, Mr. Beaufort, was um des Heilands willen hat Sie nur gegen die Unglückliche so hart machen können? Sie behandelten sie ja doch bis jetzt immer mehr wie ein Vater, als ein Fremder.«

»Das ist es eben, Herr!« rief der alte Pflanzer entrüstet – »das ist es eben; die Schande vor allen meinen Niggern erleben zu müssen; glauben Sie denn nicht, daß sich die Schufte halb todt lachen, weil ihr Herr mit einem von ihrer Race so lange an einem Tisch gegessen hat?«

»Wenn aber nun Saise wirklich aus rein indianischem Blute entsprossen wäre und Sie, ohne es zu wissen, ein Bubenstück unterstützt hätten?« frug St. Clyde, den alten Mann fest ins Auge fassend, »wenn nun jener Fremde mit schurkischen Genossen und der Hülfe eines Richters diesen Kaufbrief geschmiedet hätte und durch Sie eine Unglückliche, die Sie bis jetzt für ihren zweiten Vater hielt, in namenloses Elend gestoßen wäre?«

Beaufort sah den jungen Mann einen Augenblick starr an, dann aber schüttelte er ärgerlich mit dem Kopf und rief:

»Thorheit – Unsinn – kommen Sie da mit einem ganzen Packet voll wenn und aber und – zum Donnerwetter, Herr – lassen Sie mich jetzt mit ihren Lamentationen zufrieden, die Dirne ist verkauft – ich habe den Brief selbst unterzeichnet und damit basta. – Gehen Sie zum Overseer, wenn Ihnen so viel d'ran liegt, mit funfzig Dollar Profit wird er sie wieder ablassen – oder – gehen Sie lieber einmal ins Feld und schicken Sie ihn mir herauf, ich habe etwas mit ihm zu sprechen.«

Der alte Mann schritt ins nächste Zimmer und warf ärgerlich die Thüre hinter sich ins Schloß. Aber nicht mehr auf den jungen Creolen zürnte er, sondern auf sich selbst; zum ersten Mal wurde jetzt der Gedanke in ihm wach, daß er doch wohl zu voreilig gewesen und sich von seinem Jähzorn zu sehr habe hinreißen lassen. Das Geschehene ließ sich freilich nicht mehr ungeschehen machen, aber versuchen wollte er nun, ob er es nicht wenigstens verbessern könne. Er gedachte Saise zu kaufen und dann nachzuforschen, ob wirklich schwarzes Blut in ihren Adern rolle; bis dahin konnte sie ein kleines Haus für sich beziehen, und brauchte mit ihm und seiner Tochter nicht in Berührung zu kommen.

Eine Stunde später stand Duxon mit Pitwell wieder am Ufer des Flusses.

»Pitwell,« sagte der Erstere, »ich glaube doch, es ist besser, wir brechen schon morgen auf; den alten Beaufort scheint die Sache zu wurmen – er wird bedenklich.«

»Sollte er etwas merken?« frug Pitwell ängstlich.

»Ein Wunder wär's nicht,« knirschte Duxon zwischen den zusammengebissenen Zähnen durch, »der Laffe war ja wieder hier und hat ihm wahrscheinlich in den Ohren gelegen. Denkt nur, er wollte mir die Dirne wieder abkaufen.«

»Wer? Mr. Beaufort?«

»Ja – Beide – erst der Gelbschnabel und dann, wie ich zum Herrn kam, dieser selbst. – Er hatte, während ich mit ihm sprach, einen Brief in der Hand, und meinen Hals wollt ich verwetten, daß er vom Richter war. Da ich nun hier manche Kleinigkeit an der Kreide habe, so sehe ich gerade nicht ein, weshalb wir noch länger zögern sollten. Als ich ihm die Indianerin nicht verkaufen wollte, lief ihm wieder, wie gewöhnlich, die Galle über die Leber und er sagte, ich möchte in einer Stunde zu ihm kommen und mit ihm abrechnen, die Gelegenheit will ich benutzen; eine so schnelle Abrechnung erspart überhaupt manches Unangenehme. Meine übrigen Angelegenheiten kann ich alle bis morgen früh geordnet haben; bis dahin haltet Ihr Euch auch fertig; in vier Tagen müssen wir in Texas sein.«

»Gut!« sagte Pitwell nachsinnend, »aber, Duxon, wir gehen dann in Gesellschaft – ich – ich habe noch einige Freunde, die mich hinter Fischer's Landung erwarten – Ihr – Ihr macht Euch ja doch wohl nichts daraus, ein wenig schnell zu reisen?«

Duxon sah ihn scharf von der Seite an und frug nach kleiner Pause: »Darf ich dann aber auch wissen warum?«

»Und gebt Ihr mir Euer Ehrenwort, daß Ihr schweigen wollt?« flüsterte Pitwell, sich vorsichtig umschauend.

»Braucht Ihr mein Ehrenwort dafür?« lächelte der Overseer.

»Nun, ich sehe, Ihr versteht mich, Duxon,« fuhr der Yankee leise fort; »ich habe wieder ein kleines Geschäft im Gang, gerade so wie wir es damals betrieben. Ein reicher Pflanzer, vom andern Ufer des Mississippi, will seine Sklaven gern nach Texas schaffen, da sie in Louisiana zu vielen Werth für andere Leute haben, und er bezahlt mir hundert Dollar für den Kopf. Unterhalb Waterloo sind wir gestern morgen übergesetzt, und mit Hülfe zweier Gefährten habe ich sämmtliche Neger, hundert und funfzehn Mann, in den zwischen Fischer's Laden und dem Cutoff liegenden Sumpf gebracht – saht Ihr die drei, die heute Morgen hier vorbeizogen? Das waren die letzten. Sie haben sämmtlich falsche Pässe. Jetzt wißt Ihr Alles und seid Ihr gescheidt, so schließt Ihr Euch nicht allein an uns an, sondern nehmt Euch auch noch ein paar – Begleiter mit. Hat denn Beaufort gar keine Neger, denen das Leben in Louisiana nicht länger gefällt? Ihr könnt ihnen ja sagen, es ginge in ein besseres Klima.«

»Das wohl,« murmelte Duxon, in tiefem Sinnen vor sich hinstarrend; »aber Pitwell, die Sache hat einen andern und zwar sehr bösen Haken. Daß wir glücklich fortkommen, daran zweifle ich keinen Augenblick, für Waffen werdet Ihr auch schon gesorgt haben, doch – wenn sich Texas nun an die Vereinigten Staaten schließt, wie es überall heißt, wie dann? Dann liefert uns die Regierung aus.«

»Du lieber Gott,« lachte Pitwell, »wenn die Regierung darauf eingehen wollte, alle die auszuliefern, die irgend etwas verbrochen haben, wer sollte denn da das Land bebauen, Heerden ziehen oder gegen die Mexikaner und Cumanches fechten? Nein, Duxon, laßt Euch darüber keine grauen Haare wachsen, davor sind wir sicher. Das wissen die wackern Burschen auch recht gut, sonst hätten sie ja nie selbst für einen Anschluß an die Union gestimmt.«

»Ich glaube, Ihr habt Recht,« sagte Duxon, »auf keinen Fall dürfte es schwer halten, weiter westlich zu ziehen, wo uns weder Texas, noch Onkel Sam7 etwas anhaben kann; beistehen wird uns, sollte es so weit kommen, Mancher.«

»Sieben Achtel von Texas,« lachte Pitwell.

»Nun gut denn, es sei; ist dem aber so, dann brechen wir morgen früh lieber vor Tagesgrauen auf, so daß wir etwa um zehn oder elf Uhr Alle beisammen sind. Verfolgung brauchen wir von hier aus nicht zu fürchten, denn Beaufort steht nicht so früh auf und ich werde schon dafür sorgen, daß er die Fehlenden irgendwo beschäftigt glauben soll. Wird aber Saise gutwillig mit uns gehen?«

»Ist das eine Frage von einem Overseer; habt Ihr keine Peitsche?«

Duxon lächelte und sagte höhnisch: »Ihr scheint nicht zu verstehen, wie man mit Damen umgeht; doch – ich habe ein anderes Mittel, ich nehme unsere kleine Gig und fahre. Als Entschuldigung mögen die Zurückbleibenden nachher dem Herrn sagen, natürlich nicht eher, als er darnach frägt, ich hätte meine Sachen an Fischer's Landung geschafft, wo stets Boote anlegen. Aber Pest und Gift, ich wollte doch heute bei meiner kleinen – Frau bleiben und werde nun bis morgen früh zu rennen und zu laufen haben, daß ich nicht weiß, wo mir der Kopf steht. Nun beim Teufel, in Texas kann ich's ja nachholen, hahaha, sie wird wohl nicht böse darüber werden.«

»Schwerlich!« sagte Pitwell trocken; »also jetzt an's Werk – habt Ihr Waffen?«

»Zwei Büchsen, ein Bowiemesser und drei paar Pistolen – Ihr wißt, ein Overseer muß immer eine kleine Burg aus seinem Haus machen können.«

»Gut, wenn Ihr einen Wagen nehmt, so mögt Ihr nur das Alles mitbringen – solche Sachen sind immer nützlich; aber dort kommt der junge Laffe die Allee herunter, der sich so gewaltig um die Indianerin anstellt. Die Dame vom Haus ist bei ihm; wie heißt sie?«

»Gabriele, ein prächtiges Mädchen, schade, daß Ihr keinen Kaufbrief auf die fabriciren könnt, die nähme ich auch.«

Der Yankee warf ihm einen warnenden Blick zu und ging, um nicht weiter mit dem Overseer zusammen gesehen zu werden, am Fluß hinauf, während jener sein Pferd satteln ließ und auf's Feld hinausritt, dort eine gewisse Anzahl Neger aussuchte und diesen befahl, ihre Aexte zu nehmen, um an einem etwas entfernteren Theil des Waldes, den er ihnen bezeichnen würde, Holz zu fällen. Bald darauf verschwand er mit ihnen in dem die Plantage begrenzenden Sumpfland.

St. Clyde und Gabriele schritten neben einander dem Flusse zu.

»Um Gottes willen, Sir!« sagte die Jungfrau, als sie sich der äußeren Einfriedigung näherten, »was ist Ihnen? Sie scheinen in fürchterlicher Aufregung, so habe ich Sie nie gesehen.«

»Ich muß fort,« flüsterte der junge Mann, die bleiche Hand fest gegen die heiße, fieberglühende Stirn gepreßt – »ich muß fort – muß Hülfe haben. Erst seit dieser unglückseligen Katastrophe fühle ich, wie ich –« er schwieg und wandte sich ab –

»Wie Sie Saisen lieben,« flüsterte Gabriele mit leiser, tonloser Stimme und blickte starr zu dem Creolen auf, »nicht wahr, St. Clyde – Sie – Sie lieben die Indianerin.«

»Ja, Miß Beaufort – ja – warum sollt ich es Ihnen auch verschweigen,« sagte da plötzlich St. Clyde, der stehen blieb und fest in die Augen der erbleichenden Jungfrau schaute, »warum sollt ich mich, Ihnen gegenüber, scheuen es zu gestehen. Sie waren der Unglücklichen Freundin, so lange sie unter Ihrem Schutze stand – Sie sind selbst gegen mich, den fremden, heimatlosen, armen Wanderer immer nur gütig und liebevoll gewesen – Ihnen will ich vertrauen und Sie werden mich auch, so weit es in Ihren Kräften steht, unterstützen.«

»Gewiß – gewiß,« sagte mit kaum hörbarer Stimme Gabriele – »aber – aber, wenn nun Saise – doch eine – eine Negerin wäre? Wenn nun – ach Gott – zürnen Sie mir nicht, ich weiß nicht, was ich rede; nein, nein – Saise ist frei – muß frei werden und – glücklich.«

Sie barg ihr Angesicht in den Händen und die hellen, klaren Thränentropfen quollen zwischen den zarten Fingern hindurch.

»O, Miß Beaufort!« rief St. Clyde gerührt, »Sie sind so gütig gegen die Unglückliche, wie werde ich Ihnen das je danken können?«

Gabriele sammelte sich gewaltsam. »Was wollen Sie thun – was ist Ihr Plan?« frug sie schnell; »wie glauben Sie Saise retten zu können, da Sie mir selber sagten, jener Bube habe sie an Duxon verkauft und dieser sich mit meinem Vater überworfen. Was können Sie gegen jene Elenden ausrichten, die die Gesetze auf ihrer Seite haben?«

»Nichts mehr durch die Gesetze,« sagte St. Clyde mit unterdrückter Stimme – »Alles ohne sie. Der Richter hat mir gestern gesagt, daß am Mississippi ein Trupp von Chocktawjägern lagere, die müssen mir beistehen; kann ich sie nicht dadurch gewinnen, daß sie eine Tochter ihrer eigenen Race von Sklaverei retten sollen, sind sie so verderbt, daß selbst das keinen Eindruck mehr auf sie macht, dann steht mir ein anderes, für sie kräftigeres Mittel zu Gebote – der Whiskey. Ein Grenzindianer ist ja durch Whiskey zu jeder Schlechtigkeit zu bewegen, warum nicht auch einmal zu einer guten That – es ist das letzte Mittel.«

»Aber die Gefahr, der Sie sich aussetzen?«

»Gefahr? Giebt es denn eine Gefahr, wo ich nur sterben kann? Nein, Miß Beaufort – ohne Saise, wenn ich sie glücklich wüßte, hätte ich vielleicht leben können; mit dem Gefühl aber, daß sie, dem entsetzlichsten Verderben preisgegeben, in schmachvollen Fesseln schmachten, die freie Tochter der Wälder eine Sklavin – nein – nein – Leben wäre da Wahnsinn. – Aber ich muß fort – die kostbare Zeit verfliegt – Duxon hat sich mit Ihrem Vater gezankt und will fort; die ganze Ansiedlung spricht davon, wie er ihn betrogen und sich in den wenigen Jahren, die er hier sei, ein Vermögen gewonnen, er wird deshalb nicht säumen, das in Sicherheit zu bringen, und geht er zu Schiffe, vielleicht nach New-Orleans, dann wäre es unmöglich, den Einzelnen in der ungeheueren Stadt wiederzufinden. Doch jetzt meine Bitte, wollen Sie sich Saisens annehmen?«

»Wie kann ich es?« erwiederte mit ängstlich gefalteten Händen Gabriele – »Sie ist Duxon's Eigenthum.«

»Ich weiß es, aber Sie haben vielen Einfluß auf Ihren Vater, selbst auf jenen Buben; es ist die Gewalt, die stets die Tugend über das Laster übt, die Scheu, die der Böse dem Guten gegenüber nicht überwinden kann. Dringen Sie darauf, daß Saise ihm heute noch nicht ausgeliefert werde, oder daß sie, wenn Sie das nicht verhindern können, diese Nacht noch bei Ihnen, oder wenigstens unter dem Schutze jener alten Negerin zubringe.«

»Sie wollen sie entführen?« frug Gabriele bestürzt.

»Nein,« sagte St. Clyde düster, »ihr Kaufbrief würde in den Händen jenes Buben, Saise aber in dem Gedanken daran stets elend bleiben; nein – ich muß den Brief in meine Gewalt bekommen; die Gesetze wollen mir nicht beistehen, so mag Gott es thun. Versprechen Sie Saisen so lange zu beschützen?«

»Ja,« flüsterte Gabriele und reichte ihm mit abgewandtem Antlitz ihre Hand – »und Sie wollen?«

»Saise retten oder – sterben,« erwiederte fest der junge Creole.

»Und dann – wenn Sie – wenn Saise die Ihrige ist? –«

»Such ich ein fernes Land, wo nicht Menschen wie Thiere verkauft und mißhandelt werden; ich stamme aus Frankreich – meine Familie soll zu den edelsten des Landes gehören; dorthin kehre ich zurück.«

»Mit Saise?«

»Mit meinem Weibe.«

»So leben Sie wohl, St. Clyde, leben Sie wohl; möge Gott Sie schützen und schirmen!«

 







 







 






 



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