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Es fehlte nicht an Reden für Karl IX. und die Königin zu Navarra. Man weiß, in welchem Masse die Hugenotten Redner waren. Viele Anspielungen auf die Vergangenheit, viele Fragen in Beziehung auf die Zukunft wurden mitten unter diesen Reden an den König gerichtet; aber auf alle diese Anspielungen antwortete er mit seinen bleichen Lippen und seinem verschmitzten Lächeln:

»Indem ich meine Schwester Margot Heinrich von Navarra gebe, gebe ich sie allen Protestanten des Königreiches.«

Dieses Wort beruhigte die Einen und machte die Andern lächeln; denn es war wirklich doppelsinnig. Der eine Sinn war väterlich und Karl IX. wollte mit gutem Gewissen seinen Geist nicht damit belästigen; der andere war verletzend für die Neuvermählte, für ihren Gemahl und sogar für denjenigen, welcher ihn aussprach; denn er erinnerte an einige dumpfe scandalöse Gerüchte, mit denen die Chronik des Hofes den Hochzeitrock von Margarete von Valois zu beflecken Mittel gefunden hatte.

Herr von Guise plauderte indessen wie gesagt mit Téligny; aber er schenkte der Unterhaltung keine so beharrliche Aufmerksamkeit, daß er nicht zuweilen umgewendet hatte, um einen Blick auf die Gruppe von Damen zu werfen, in deren Mitte die Königin von Navarra glänzte. Wenn der Blick der Prinzessin dem des jungen Herzogs begegnete, so schien Wolke die reizende Stirne zu verdunkeln, um welche Sterne von Diamanten eine zitternde Glorie bildeten und irgend ein unbestimmter Plan drang aus ihrer ungeduldigen, bewegten Haltung hervor.

Die Prinzessin Claudia, die ältere Schwester von Margarethe, welche einige Jahre vorher den Herzog von Lothringen geheirathet hatte, bemerkte diese Unruhe und näherte sich ihr, um nach der Ursache zu fragen, als Jedermann vor der Königin Mutter, welche auf den Arm des jungen Prinzen von Condé gestützt, herbeikam, zurückwich, und die Prinzessin sich ferne von ihrer Schwester gedrängt sah. Es herrschte nun eine allgemeine Bewegung, welche der Herzog von Guise benutzte, um sich Frau von Nevers, seiner Schwägerin, und folglich auch Margarethe zu nähern. Die Herzogin von Lothringen, welche die Königin nicht aus dem Auge verlor, sah, statt der Wolke, die sie auf ihrer Stirne wahrgenommen hatte, eine glühende Flamme über ihre Wangen hinziehen. Der Herzog kam indessen immer näher, und als er nur noch zwei Schritte von Margarethe entfernt war, wandte sich diese, welche ihn mehr zu fühlen als zu sehen schien, nach ihm um, wobei sie sich unendlich anstrengte, um ihrem Gesichte die Ruhe der Sorglosigkeit zu geben.

Der Herzog verbeugte sich nun ehrfurchtsvoll, und während er sich verbeugte, murmelte er mit halber Stimme:

»Ipse attuli.«

Was bedeutete:

»Ich habe es selbst gebracht.«

Margarethe gab dem jungen Herzog seine Begrüßung zurück und ließ aufstehend die Antwort fallen:

»Noctu pro more.«

»Das heißt:«

»Diese Nacht wie gewöhnlich.«

Durch den ungeheuren gefältelten Kragen der Prinzessin wie in einem Sprachrohre aufgefangen, wurden diese Worte nur von der Person gehört, an welche man sie richtete. So kurz aber auch dieser Zwiesprach gewesen war, so umfaßte er doch ohne Zweifel Alles, was die zwei jungen Leute sich zu sagen hatten; denn nach dem Austausche von zwei Worten gegen drei trennten sie sich, Margarethe die Stirne träumerischer und der Herzog die Stirne strahlender, als ehe sie sich genähert hatten. Diese kleine Scene fand statt, ohne daß der Mann, der am Meisten dabei betheiligt war, im Geringsten darauf aufmerksam zu sein schien; denn der König von Navarra hatte seinerseits nur ein Auge für eine einzige Person, welche um sich her einen eben so zahlreichen Hof versammelte, als Margarethe von Valois. Diese Person war die schöne Frau von Sauves.

Charlotte von Beaune-Semblançay, Enkelin des unglücklichen Semblancap und Frau von Simon von Fizes, Baron von Sauves, war eine von den Hofdamen von Catharina von Medicis und eine der furchtbarsten Gehilfinnen dieser Königin, welche ihren Feinden den Liebestrank eingoß, wenn sie ihnen nicht das florentinische Gift einflößen konnte. Eine kleine Blonde, abwechselnd sprühend von Lebhaftigkeit oder schmachtend von Schwermuth, stets bereit zur Liebe und zur Intrigue, zu diesen zwei großen Beschäftigungen, welche seit fünfzig Jahren den Hof der drei auf einander folgenden Könige einnahmen, eine Frau in der vollen Bedeutung des Wortes und in dem vollen Zauber der Sache, von rein schmachtenden oder in Flammen glänzenden blauen Auge bis zu den zierlichen, in ihren Sammetschuhen wohlgebogenen, kleinen Füßen, hatte sich Frau von Sauves seit einigen Monaten aller Fähigkeiten und Kräfte des Königs von Navarra bemächtigt, der um diese Zeit auf der Liebeslaufbahn wie auf der politischen Laufbahn debutirte, so daß Margarethe von Valois, eine königliche, prachtvolle Schönheit, in dem Herzen ihres Gatten nicht einmal mehr Bewunderung gefunden hatte; und worüber sich Jedermann wunderte, selbst Catharina von Medicis, diese Seele voll finsterer Geheimnisse, hatte, während sie ihren Heiratsplan zwischen ihrer Tochter und dem König von Navarra verfolgte, nicht aufgehört, die Liebe des letzteren zu Frau von Sauves zu begünstigen. Aber trotz dieser mächtigen Hilfe und trotz der leichten Sitten der Zeit, hatte die schöne Charlotte bis jetzt Widerstand geleistet, und aus diesem unbekannten, unglaublichen Widerstande, aus diesem Widerstande, welcher noch viel unerhörter erschien, als die Schönheit und der Geist der Widerstehenden, war in dem Herzen des Bearners eine Leidenschaft entstanden, welche, da sie sich nicht befriedigen konnte, sich auf sich selbst zurückwarf und in dem Herzen des jungen Königs die Schüchternheit, den Stolz und sogar jene halb philosophische, halb der Trägheit entspringende Sorglosigkeit verschlang, welche den Grund seines Charakters bildete.

Frau von Sauves war wohl seit einigen Minuten in den Saal eingetreten. Mag es nun Trotz, mag es Schmerz gewesen sein sie war Anfangs entschlossen, dem Triumphe ihrer Nebenbuhlerin nicht beizuwohnen, und ließ unter dem Vorwande einer Unpäßlichkeit ihren Gatten, der seit fünf Jahren Staatssecretär war, allein nach dem Louvre gehen. Als aber Catharina von Medicis den Baron von Sauves ohne seine Gemahlin erscheinen sah, fragte sie nach den Ursachen, welche ihre viel geliebte Charlotte entfernt hielten, und da sie erfuhr, es wäre nur eine leichte Unpäßlichkeit, schrieb sie ihr ein paar Worte, denen die junge Frau zu gehorchen sich beeilte. Anfangs ganz betrübt über ihre Abwesenheit, athmete Heinrich indessen doch freier, als er Herrn von Sauves allein eintreten sah. In dem Augenblick aber, wo er, keineswegs dieser Erscheinung gewärtig, seufzend sich dem liebenswürdigen Geschöpfe zu nähern im Begriffe war, das er, wenn nicht zu lieben, doch wenigstens als Gemahlin zu behandeln verdammt sein sollte, sah er am Ende der Gallerie Frau von Sauves auftauchen. Nun blieb er an seinen Platz genagelt, die Augen starr nach der Circe gerichtet, die ihn mit einem magischen Bande an sich fesselte, und statt seinen Gang n seiner Gemahlin fortzusetzen, schritt er mit einem zögern, das mehr dem Staunen als der Furcht zuzuschreiben war, auf Frau von Sauves zu.

Die Höflinge, als sie sahen, daß der König von Navarra, dessen entzündbares Herz man bereits kannte, sich der schönen Charlotte näherte, hatten nicht den Muth, sich ihrem Zusammenkommen zu widersetzen, und entfernten sich gefällig, so daß in demselben Augenblicke, wo Margarethe von Valois und Herr von Guise die von uns erwähnten lateinischen Worte wechselten, Heinrich, bei Frau von Sauves angelangt, mit dieser in sehr verständlichem, obwohl mit gascognischem Accente bestreutem, Französisch ein minder geheimnißvolles Gespräch anknüpfte.

»Ah, mein Herz,« sagte er zu ihr, »Ihr kommt in dem Augenblick, wo man mir mittheilte, Ihr wäret krank, wo ich jede Hoffnung verlor, Euch zu sehen.«

»Sollte mich Eure Majestät glauben machen wollen,« antwortete Frau von Sauves, »der Verlust dieser Hoffnung hätte sie viel gekostet?«

»Bei Blut, ich glaube wohl,« versetzte der Bearner. »Wisst Ihr nicht, daß Ihr meine Sonne bei Tag und mein Stern bei Nacht seid? In der That, ich wähnte mich in der tiefsten Finsterniß, als Ihr so eben erschienet und Alles beleuchtetet.«

»Dann spiele ich Euch einen schlimmen Streich, Sire.«

»Was wollt Ihr damit sagen, mein Herz?« fragte Heinrich.

»Ich will damit sagen, daß man, wenn man Herr der schönsten Frau von Frankreich ist, nur Eines wünschen kann: es möge das Licht verschwinden, um der Dunkelheit Platz zu machen, denn in der Dunkelheit erwartet uns das Glück.«

»Dieses Glück, Schlimme, liegt, wie Ihr wohl wißt, in den Händen einer einzigen Person, und diese Person lacht und spottet über den armen Heinrich!«

»Oh,« versetzte die Baronin, »ich hätte im Gegentheil geglaubt, es wäre diese Person, welche dem König von Navarra zum Gelächter und Spotte diente.«

Heinrich erschrak über diese feindselige Haltung und dennoch bedachte er, daß sie Trotz verieth und daß der Trotz nur die Maske der Liebe ist.

»Ja der That, liebe Charlotte,« sagte er, »Ihr macht mir da einen ungerechten Vorwurf, und ich begreife nicht, wie ein so schöner Mund zugleich so grausam sein kann. Glaubt Ihr denn, ich heirathe? O nein, Ventre-saint-gris! nicht ich!«

»Ich, vielleicht,« versetzte die Baronin spitzig, wenn die Stimme der Frau, die uns liebt und uns zum Vorwurfe macht, daß wir sie nicht lieben, spitzig erscheinen kann.

»Habt Ihr mit Euren schönen Augen nicht weiter gesehen, Baronin? Nein, es ist nicht Heinrich von Navarra, welcher Margarethe von Valois heirathet.«

»Und wer ist es denn sonst?«

»Ei, Bei Gott! es ist die reformirte Religion, welche den Papst heirathet und nichts Anderes!«

»Nein, nein, Monseigneur, ich lasse mich nicht durch Eure Wortspiele hintergehen. Eure Majestät liebt Frau Margarethe, und Gott soll mich behüten, daß ich Euch dies zum Vorwurfe mache. Sie ist schön genug, um geliebt zu werden.«

Heinrich dachte einen Augenblick nach, und während er nachdachte zog ein feines Lächeln die Winkel seiner Lippen etwas in die Höhe.

»Baronin,« sagte er, »Ihr sucht Streit mit mir, wie es scheint, und seid doch nicht berechtigt dazu. Laßt hören, was habt Ihr gethan, um mich von der Vermählung mit Frau Margarethe abzuhalten. Nichts. Ihr ließt mich im Gegentheil verzweifeln.«

»Und dafür bestrafte mich Monseigneur.«

»Wie so?«

»Allerdings, da Ihr heute eine Andere heirathet.«

»Ah, ich heirathe, weil Ihr mich nicht liebet.«

»Wenn ich Euch geliebt hätte, Sire, müsste ich also in einer Stunde sterben.«

»In einer Stunde, was wollt Ihr damit sagen? Und welchen Tod würdet Ihr sterben?«

»Den Tod der Eifersucht, denn in einer Stunde wird die Königin von Navarra ihre Frauen und Eure Majestät ihre Herren wegschicken.«

»Ist das wirklich der Gedanke, der Euch beschäftigt, mein Herz?«

»Das sage ich nicht; ich sage nur, wenn ich Euch liebte, würde mich dieser Gedanke furchtbar beunruhigen.«

»Nun wohl,« rief Heinrich voll Freude, als er dieses Geständnis, das erste, welches er empfing, hörte, »wenn nun der König von Navarra die Herren seines Hofes diesen Abend nicht wegschickte? …«

»Sire,« sagte Frau von Sauves und schaute dabei den König mit einem Erstaunen an, welches diesmal nicht geheuchelt war, »Ihr sprecht da unmögliche und besonders unglaubliche Dinge.«

»Was soll ich thun, damit Ihr sie glaubt?«

»Ihr müßtet mir den Beweis geben, und diesen Beweis könnt Ihr nicht geben.«

»Allerdings, Baronin, allerdings. Bei dem heiligen Heinrich! ich werde ihn Euch im Gegentheil geben!« rief der König, die junge Frau mit einem liebeglühenden Blicke verzehrend.

»Oh, Eure Majestät,« murmelte die schöne Charlotte, die Stirne und die Augen senkend … »ich begreife nicht … nein, nein, ihr könnt dem Glücke, das Eurer harrt, unmöglich entgehen …«

»Es gibt vier Heinrich in diesem Saale, meine Angebetete,« versetzte der König, »Heinrich von Frankreich, Heinrich von Condé, Heinrich von Guise; aber es gibt nur einen Heinrich von Navarra.«

»Nun?«

»Nun wenn Ihr diesen Heinrich von Navarra die ganze Nacht bei Euch hättet?«

»Diese ganze Nacht?«

»Ja, werdet Ihr dann überzeugt sein, daß er bei keiner Andern ist?«

»Ah! wenn Ihr das thut, Sire?« rief die Dame von Sauve.

»Bei meinem adeligen Worte, ich thue es!«

Frau von Sauves schlug ihre von wollüstigen Versprechungen feuchten Augen auf und lächelte dem König zu, dessen Herz sich mit berauschender Freude füllte.

»Lasst hören,« versetzte Heinrich, »was werdet Ihr dann sagen?«

»Oh, dann werde ich sagen,« antwortete Charlotte, »ich sei wirklich von Eurer Majestät geliebt.«

»Ventre-saint-gris! Ihr müßt es sagen, denn es ist so, Baronin!«

»Aber was ist zu thun?« murmelte Frau von Sauves.

»Ah, bei Gott, Baronin, Ihr müßt nothwendig in Eurer Umgebung irgend eine Kammerfrau, irgend eine Zofe haben, auf die Ihr Euch verlassen könnt.«

»Oh, ich habe Dariole, die mir sehr ergeben ist, die sich für mich in Stücke zuschneiden ließe, ein wahrer Schatz!«

»Bei Gott, Baronin, sagt dieser Zofe, ich werde ihr Glück machen, wenn ich einmal König von Frankreich bin, wie mir die Astrologen weissagen.«

Charlotte lächelte, denn schon zu dieser Zeit war der gascognische Ruf des Bearners in Beziehung auf Versprechungen gegründet.

»Nun? sagte sie, »was verlangt Ihr von Dariole?«

»Sehr wenig für sie, Alles für mich.«

»Laßt hören.«

»Eure Gemach liegt über dem meinigen?«

»Ja.«

Sie warte an der Thüre. Ich klopfe dreimal an, sie wird öffnen, und Ihr habt den Beweis, den ich Euch anbot.«

Frau von Sauves schwieg ein paar Sekunden; dann, als ob sie um sich her geschaut hätte, um nicht gehört zu werden, heftete sie einen Moment ihre Augen auf die Gruppe, welche bei der Königin Mutter weilte; aber so kurz dieser Moment auch war, so genügte er doch das Catharina und ihre Kammerdame einen Blick austauschten.

»Oh, wenn ich wollte,« sagte Frau von Sauves, mit einem Sirenentone, der das Wachs in den Ohren von Ulysses schmelzen gemacht hatte, »wenn ich Eure Majestät auf einer Lüge ertappen wollte …«

»Versucht es, mein Herz. versucht es …«

»Ah, meiner Treue! ich bekämpfe die Lust dazu.«

»Seht Euch besiegt; die Frauen sind nie stärker, als nach ihrer Niederlage.«

»Sire, ich nehme Euer Versprechen für Dariole an, … am Tage, wo Ihr König von Frankreich werdet …«

Heinrich stieß einen Freudenschrei aus.

Dieser Schrei entschlüpfte dem Munde des Bearners gerade in dem Augenblick, wo die Königin von Navarra dem Herzog von Guise antwortete.

Noctu pro more– diese Nacht wie gewöhnlich.

Heinrich entfernte sich nun von Frau von Sauves, so glücklich als der Herzog von Guise war, da er sich von Margarethe von Valois entfernte.

Eine Stunde nach dieser Doppelscene zogen sich der König Karl und die Königin Mutter in ihre Gemächer zurück. Sogleich fingen die Säle an sich zu leeren, die Gallerien ließen die Base ihrer Marmorsäulen erschauen, der Admiral und der Prinz von Condé wurden von vierhundert hugenottischen Edelleuten mitten durch die bei ihrer Erscheinung murrende Menge geführt. Heinrich von Guise entfernte sich ebenfalls mit den lothringischen Herren und den Katholiken, geleitet von dem Freudengeschrei und dem Beifallklatschen des Volkes.

Was Margarethe von Valois, Heinrich von Navarra und Frau von Sauves betrifft, so weiß man, daß sie im Louvre selbst blieben.

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