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Wilkie Collins
Mann und Weib

Erster Band

Vorspiel.
Die irische Heirath

Erster Theil.
Die Villa in Hampstead

I

Vor etwa vierzig Jahren saßen an einem Sommermorgen zwei Mädchen bitterlich weinend bei einander in der Kajüte eines in Gravesend vor Anker liegenden zur Abfahrt nach Bombay bereiten Passagierschiffes.

Beide waren in demselben Alter, achtzehn Jahre alt. Von frühester Jugend an waren sie die intimsten Schulfreundinnen gewesen. Zum ersten Male in ihrem Leben stand ihnen jetzt eine Trennung, vielleicht auf immer, bevor. Die eine hieß Blanche, die andere Anne.

Beide waren die Kinder armer Eltern, Beide hatten bereits als erwachsene Schülerinnen Unterricht in ihrer Schule gegeben, und Beide waren bestimmt, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu erwerben. Darauf beschränkte sich aber auch die Aehnlichkeit zwischen Beiden.

Blanche war von leidlich angenehmem Aeußern und mäßig begabt, mehr ließ sich von ihrer Person nicht sagen; Anne dagegen war von seltener Schönheit und ungewöhnlicher Begabung. Blanche’s Eltern waren ehrenwerthe Leute, die entschlossen waren, kein Opfer zu scheuen, um das künftige Wohlergehen ihres Kindes zu sichern. Anne’s Eltern waren herzlose und verderbte Menschen Ihre einzige Sorge in Betreff ihrer Tochter war, wie sie möglichst großen Vortheil aus ihrer Schönheit und ihren Talenten ziehen könnten.

Die beiden Mädchen traten unter ganz verschiedenen Verhältnissen in das Leben ein. Blanche stand im Begriff nach Indien zu reifen, um dort eine Stelle als Gouvernante in dem Hause eines Richters anzunehmen. Für Anne sollte die erste Gelegenheit, sie billig nach Mailand zu schicken, abgewartet werden, um sie dort zur Schauspielerin und Sängerin ausbilden und dann nach England zurückkehren zu lassen, wo sie auf die Bühne gehen und das Glück ihrer Familie gründen sollte.

Das waren die Aussichten der beiden Mädchen, als sie, einander fest umschlungen haltend und bitterlich weinend, in der Kajüte des Ostindienfahrers saßen. Die zärtlichen Abschiedsworte die sie sich einander zuflüsterten, kamen Beiden von Herzen.

»Blanche! Vielleicht verheirathest Du Dich in Indien, dann mußt Du sehen, daß Dein Mann Dich nach England zurückbringt.«

»Anne! Vielleicht gefällt es Dir nicht auf der Bühne, dann mußt Du nach Indien kommen.«

»Wo und wie wir uns auch nach Jahren wieder treffen mögen, wir wollen nichts vor einander verborgen halten»und uns als Freundinnen und Schwestern in alter Liebe beistehen. Das mußt Du mir geloben, Blanche!«

»Ich gelobe es Dir, Anne!«

»Von ganzem Herzen und ganzer Seele?«

»Von ganzem Herzen und ganzer Seele!«

Die Segel wurden bereit gemacht, das Schiff fing an sich in Bewegung zu setzen. Es bedurfte der persönlichen Dazwischenkunft des Capitains, um die Mädchen zu vermögen, sich das letzte Lebewohl zu sagen. Der Capitain machte von seiner Autorität einen milden, aber entschiedenen Gebrauch. »Kommen Sie, liebes Kind«, sagte er den Arm um Anne schlingend, »lassen Sie sich das nicht anfechten, ich habe selbst eine Tochter.« Anne ließ ihren Kopf auf die Schulter des Capitains sinken. Er ließ sie an seiner Hand in das Boot hinabsteigen, das sie Land bringen sollte. Fünf Minuten später war das Schiff in der Fahrt, das Boot an der Landungsbrücke – und die beiden Mädchen hatten sich für lange Jahre zum letzten Male gesehen.

Das geschah im Sommer 1831.

II

Vierundzwanzig Jahre später, im Sommer 1855, war eine meublirte Villa in Hampstead zu vermiethen.

Augenblicklich war das Haus noch von den Leuten, die es vermiethen wollten, bewohnt. An dem Abend, an welchem die gegenwärtige Scene unsers Vorspiels beginnt, saßen eine Dame und zwei Herren bei Tische. Die Dame war zweiundvierzig Jahre alt, aber noch immer eine Frau von seltener Schönheit. Ihr einige Jahre jüngerer Mann, Mr. Vanborough, saß ihr schweigend und ersichtlich zurückhaltend gegenüber, ohne sie auch nur ein einziges Mal während der ganzen Mahlzeit anzusehen. Der zweite am Tisch sitzende Herr war ein Gast, Mr. Kendrew.

Das Diner ging seinem Ende entgegen. Früchte und Wein standen bereits auf dein Tisch. Vanborough schob die Flaschen schweigend Mr. Kendrew zu. Die Frau vom Hause sah sich nach dem aufwartenden Diener um, und sagte: »Lassen Sie die Kinder kommen.«

Die Thür ging auf und ein zwölfjähriges Mädchen trat, ein kleines fünfjähriges Mädchen an der Hand haltend, herein. Beide trugen frische weiße Kleider mit hellblauen Schleifen. Sie sahen sich aber einander durchaus nicht ähnlich. Das ältere Mädchen war von zartem Körperbau und blaß. Die Jüngere hatte ein blühendes Aussehen, schöne rothe Wangen und helle, keck in die Welt blickende Augen, – ein reizendes Bild der Gesundheit und des kindlichen Glücks.

Mr. Kendrew sah mit einem fragenden Blick nach dem jüngeren Mädchen. »Diese junge Dame«, sagte er, »ist mir völlig fremd.«

»Wenn Sie nicht ein ganzes Jahr lang ein Fremder in unserem Hause gewesen wären«, antwortete Mrs. Vanborough, »so würden Sie die Bekanntschaft des Kindes früher gemacht haben. Es ist die kleine Blanche, das einzige Kind meiner besten Freundin. Als Blanche’s Mutter und ich uns zum letzten Male sahen, waren wir zwei arme Mädchen, die eben die Schule verlassen hatten, und sich ihren Weg durch’s Leben selbst suchen sollten. Meine Freundin ging nach Indien und verheirathete sich dort in schon reiferen Jahren. Vielleicht haben Sie von ihrem Manne, einem« ausgezeichneten Offizier, Sir Thomas Lundie, gehört.« »Jawohl, dem sogenannten reichen Sir Thomas.« »Lady Lundie kehrt eben jetzt zum erstenmal, seit sie, – ich scheue mich zu sagen, vor wie viel Jahren – England verließ, von Indien wieder in ihre Heimath zurück. Ich erwarte sie schon seit gestern, sie kann jeden Augenblick eintreffen. Wir haben uns auf dem Schiffe, mit dem sie nach Indien fuhr, nach guter alter Sitte treue Freundschaft gelobt. Sie können sich vorstellen, wie verändert wir uns bei unserem bevorstehenden Wiedersehen finden werden!«

»Inzwischen«, sagte Mr. Kendrew, »scheint Ihre Freundin Ihnen eine Stellvertreterin in der Person ihrer kleinen Tochter geschickt zu haben? Eine lange Tour für eine so jugendliche Reisende.«

»Die Reise ist dem Kinde vor einem Jahre von den Aerzten in Indien verordnet«, erwiderte Mrs. Vanborough »Die Doctoren fanden, daß die Gesundheit des Kindes einen Aufenthalt in England wünschenswerth mache. Sir Thomas war damals krank, und seine Frau konnte ihn nicht verlassen. Sie mußte also das Kind nach England schicken, und wem anders hätte sie es hier wohl anvertrauen sollen, als mir? Sehen Sie sie an und sagen Sie selbst, ob ihr die englische Luft nicht trefflich bekommen ist. Wir beiden Mütter scheinen buchstäblich zum zweiten Mal in unseren Kindern zu leben. Die kleine Anne hier, meine einzige Tochter, gleicht ihrer Mutter, wie sie in demselben Alter aussah, auf ein Haar, und die kleine Blanche ist das leibhaftige Ebenbild ihrer Mutter. Und, um die Aehnlichkeit vollkommen zu machen, lieben die beiden Kinder sich mit derselben Zärtlichkeit mit der meine Freundin und ich einst als Schulkinder an einander hingen. Man hört oft von erblichem Familienhaß, giebt es auch eine erbliche Liebe?«

Noch bevor der Gast diese Frage beantworten konnte, wurde seine Aufmerksamkeit durch den Herrn vom Hause in Anspruch genommen.

»Kendrew«, sagte Herr Vanborough, »wie wäre es, wenn Sie es an diesen zärtlichen Jugenderinnerungen genug sein ließen und jetzt ein Glas Wein tränken?«

Er sprach diese Worte mit dem Ausdruck unverhohlener Geringschätzung in Ton und Bewegung. Mrs. Vanborough erröthete, aber sie wußte ihre sehr natürliche Gereiztheit zu beherrschen und schwieg eine Weile. Als sie ihren Mann wieder anredete, geschah es ersichtlich mit dem Wunsch, ihn zu beschwichtigen und zu versöhnen. »Ich fürchte, lieber Mann«, sagte sie, »Du bist nicht ganz Wohl«

»Es wird mir besser werden, wenn die Kinder mit ihrem Messer- und Gabelgeklapper fertig sind.«

Die Kinder waren damit beschäftigt, sich Aepfel zu scheiden. Das jüngere ließ sich durch die Worte des Mr. Vanborough nicht stören, das ältere aber hielt inne und sah seine Mutter an. Mrs. Vanborough winkte Blanche zu sich heran und deutete nach der in den Garten führenden Glasthür. Möchtest Du Deine Früchte nicht im Garten verzehren, Blanche?«

»O ja,« antwortete Blanche, »wenn Anne mitgeht.«

Anne sprang sofort auf und die beiden Mädchen gingen Hand in Hand zusammen in den Garten. Als sie fortgegangen waren, brachte Mr. Kendrew weislich einen neuen Gegenstand auf’s Tapet. Er führte das Gespräch auf die beabsichtigte Vermiethung des Hauses.

»Die beiden jungen Mädchen«, sagte er, »werden den Garten schmerzlich vermissen Es ist wirklich schade, daß Sie das hübsche Haus aufgeben wollen.«

»Das Aufgeben ist nicht das Schlimmste dabei«, antwortete Mrs. Vanborough. »Wenn mein Mann Hampstead zu entfernt von London findet, so müssen wir es natürlich verlassen. Das einzige, was ich dabei beklage, ist, daß das Haus vermiethet werden soll.«

Herr Vanborough warf seiner Frau einen möglichst unfreundlichen Blick zu und fragte: »Was kümmert denn Dich die Vermiethung?«

Mrs. Vanborough versuchte es, die Wolken am Horizont des ehelichen Himmels durch ein Lächeln zu verscheuchen.

»Lieber John«!, sagte sie sanft, »Du vergißt, daß, während Du den Tag über im Geschäft bist, ich den ganzen Tag hier bin und alle die Leute, die das Haus in Augenschein nehmen, sehen muß. Und was für Leute!« fuhr sie gegen Mr. Kendrew gewandt fort, »sie sehen Alles mit mißtrauischen Augen an, vom Fußkratzer vor der Hausthür bis zu den Kaminen auf dem Dach. Sie dringen zu allen Tagesstunden ein, thun alle erdenklichen Unverschämten Fragen und geben Ihnen deutlich zu verstehen, daß sie Ihren Antworten nicht glauben, noch bevor Sie Zeit gehabt haben, sie auszusprechen. Eine Frau hatte neulich die Ungezogenheit, mich zu fragen, ob ich glaube, daß die Abzugsröhren in Ordnung seien und schnüffelte dabei argwöhnisch umher, noch ehe ich ihre Frage bejahen konnte. Ein flegelhafter Mensch fragte mich, »Sind sie auch sicher, daß das Haus solide gebaut ist«, und stampfte dabei wieder, ehe ich ihm eine Antwort geben konnte, mit aller Gewalt mit beiden Füßen auf den Fußboden. Kein Mensch will an den festen Grund unserer Gartenwege und an unsere Aussicht nach Süden glauben, kein Mensch will etwas von dem, was wir zur Verbesserung des Hauses angeschafft haben, übernehmen. Sobald sie von John’s artesischem Brunnen hören, machen sie ein Gesicht, als ob sie niemals Wasser tränken; Und wenn sie zufällig über meinen Hühnerhof gehen, so thun sie, als wenn sie nie gewußt hätten, daß ein frisches Ei ein gutes Ding ist.«

Mr. Kendrew lachte. »Ich habe das meiner Zeit auch Alles durchmachen müssen« sagte er. »Die Leute, die ein Haus miethen wollen, sind die gebotnen Feinde der Vermiether. Komisch genug, – nicht wahr, Vanborough?«

Die üble Laune Vanboroughs wich vor der Anrede seines Freundes so wenig, wie vor den Worten seiner Frau. »Sie werden wohl Recht haben«, sagte er, »ich habe nicht zugehört.«

Diesesmal war sein Ton fast grob. Mrs Vanborough sah ihren Mann mit einem Ausdruck unverhohlener Ueberraschung und Verstimmung an. »John«, sagte sie. »Was ist Dir nur? Hast Du Schmerzen?

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