Читать бесплатно книгу «Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Zehnter Band: enthaltend Kapitel 19 und 20.» Т. Б. Маколея полностью онлайн — MyBook

Ludwig kehrt nach Versailles zurück

Als die Belagerung vorüber war, übertrug er Luxemburg das Obercommando der Armee und kehrte nach Versailles zurück. Bald fand sich der unglückliche Tourville daselbst ein und wurde freundlich empfangen. Sobald er in dem Zirkel erschien, begrüßte ihn der König mit lauter Stimme. „Ich bin vollkommen zufrieden mit Ihnen und mit meinen Seeleuten. Wir sind zwar geschlagen worden, aber Ihre Ehre und die der Nation sind unbefleckt.”25

Obgleich Ludwig die Niederlande verlassen hatte, waren doch die Blicke von ganz Europa noch immer auf diese Gegend gerichtet. Die daselbst stehenden Armeen waren durch von verschiedenen Seiten herangezogene Verstärkungen vermehrt worden. Ueberall anderwärts waren die militärischen Operationen des Jahres unbedeutend und ohne Interesse. Der Großvezir und Ludwig von Baden thaten wenig mehr, als daß sie einander an der Donau beobachteten. Der Marschall Noailles und der Herzog von Medina Sidonia thaten wenig mehr, als daß sie einander in den Pyrenäen beobachteten. Am Oberrhein und längs der Grenze, welche Frankreich von Piemont scheidet, wurde ein unentschiedener Raubkrieg geführt, durch den die Soldaten wenig, die Landleute aber sehr viel litten. Jedermann aber blickte in gespannter Erwartung eines großen Ereignisses nach der Grenze von Brabant, wo Wilhelm und Luxemburg einander gegenüberstanden.

Luxemburg

Luxemburg, der jetzt in seinem sechsundsechzigsten Jahre stand, war allmälig und durch den Tod mehrerer großer Männer zum ersten Platze unter den Generälen seiner Zeit emporgestiegen. Er stammte aus dem edlen Hause Montmorency, das viele mythische und viele historische Ansprüche auf Ruhm in sich vereinigte, das sich rühmte, dem ersten Franken, der im fünften Jahrhundert auf den Namen Christi getauft wurde, entsprossen zu sein, und das seit dem 11. Jahrhunderte Frankreich eine lange und glänzende Reihe von Connetables und Marschällen gegeben hatte. In Bezug auf Tapferkeit und Talente stand Luxemburg keinem seines erlauchten Geschlechts nach. Aber trotz vornehmer Herkunft und hoher Begabung hatte er nur mit Mühe die Hindernisse bewältigt, die sich ihm auf dem Ruhmeswege entgegenstellten. Wenn er der Freigebigkeit der Natur und der Glücksgöttin viel verdankte, so hatte er doch noch weit mehr unter ihrer Ungunst gelitten. Sein Gesicht war abschreckend häßlich, seine Gestalt klein, und ein hoher, spitzer Höcker erhob sich auf seinem Rücken. Seine Constitution war schwach und kränklich. Gegen seinen sittlichen Wandel waren schwere Beschuldigungen erhoben worden. Er war des Verkehrs mit Zauberern und Giftmischern beschuldigt worden, hatte lange in einem Kerker geschmachtet und hatte endlich seine Freiheit wiedererlangt, ohne seine Ehre völlig wiederzuerlangen.26 Sowohl Louvois als Ludwig hatten ihn nie leiden können. Doch der Krieg gegen die europäische Coalition hatte noch nicht lange gedauert, als der Minister und der König einsahen, daß der Staat den ihnen persönlich verhaßten General nöthig brauchte. Condé und Turenne waren nicht mehr, und Luxemburg war ohne Widerrede der ausgezeichnetste Soldat, den Frankreich noch besaß. An Wachsamkeit, Fleiß und Beharrlichkeit fehlte es ihm. Er schien seine großen Eigenschaften für große Ereignisse aufzusparen. Auf dem offenen Schlachtfelde war er ganz er selbst. Er besaß einen raschen und sicheren Blick. Sein Urtheil war dann am klarsten und treffendsten, wenn die schwerste Verantwortlichkeit auf ihm lastete und wenn die Schwierigkeiten sich massenhaft um ihn her aufthürmten. Seiner Geschicklichkeit, Energie und Geistesgegenwart verdankte sein Vaterland einige ruhmvolle Tage. Aber obwohl in Schlachten außerordentlich glücklich, war er nicht besonders glücklich in Feldzügen. Er erwarb sich auf Wilhelm’s Unkosten einen glänzenden Ruf, und doch gaben die beiden Feldherren in Sachen des Kriegs einander wenig nach. Luxemburg war zu wiederholten Malen siegreich, aber er verstand die Kunst nicht, einen Sieg zu benutzen. Wilhelm wurde zu wiederholten Malen geschlagen; aber von allen Feldherren verstand er es am besten, eine Niederlage wieder gut zu machen.

Im Monat Juli befand sich Wilhelm’s Hauptquartier in Lambeque. Ungefähr sechs Meilen davon, bei Steenkerke, lag Luxemburg mit dem Gros seiner Armee, und noch etwa sechs Meilen weiter lag ein starkes Corps unter den Befehlen des Marquis von Boufflers, eines der besten Offiziere in Ludwig’s Diensten.

Die Gegend zwischen Lambeque und Steenkerke war von unzähligen Hecken und Gräben durchschnitten, und keine der beiden Armeen konnte sich der andren nähern, ohne mehrere lange und schmale Defilés zu passiren. Luxemburg hatte daher wenig Grund zu befürchten, daß er in seinen Verschanzungen angegriffen werden würde, und er war überzeugt, daß er in Zeiten erfahren würde, wenn ein Angriff im Werke war; denn es war ihm gelungen, einen Abenteurer, Namens Millevoix zu bestechen, welcher erster Musiker und Privatsekretär des Kurfürsten von Baiern war. Dieser Mann sandte regelmäßig authentische Nachrichten über die Pläne der Alliirten in das französische Hauptquartier.

Im festen Vertrauen auf die Stärke seiner Position und auf die Genauigkeit seiner Nachrichten, lebte der Marschall in seinem Zelte, wie er in seinem pariser Hotel zu leben gewohnt war. Er war zu gleicher Zeit ein Schwächling und ein Wüstling und in beiden Eigenschaften liebte er die Bequemlichkeit. Er bestieg fast nie sein Pferd. Leichte Conversation und Kartenspiel füllten den größten Theil seiner Zeit aus. Seine Tafel war luxuriös, und wenn er einmal bei Tische saß, war es gefährlich, ihn zu stören. Einige Spötter sagten, daß er sich bei seinen militärischen Dispositionen nicht ausschließlich durch militärische Gründe leiten lasse, daß er sich gewöhnlich an einem Orte verschanze, wo das Kalbfleisch und Geflügel besonders gut seien, und daß er stets darauf Bedacht nehme, sich diejenige Communication mit dem Meere frei zu halten, die ihm vom September bis zum April eine regelmäßige Zufuhr von Sandwich-Austern sicherte. Wenn es in der Nähe seines Lagers hübsche Frauen gab, so waren sie in der Regel bei seinen Gastmählern zu finden. Man kann leicht denken, daß unter einem solchen Befehlshaber die jungen Prinzen und Edelleute Frankreich’s in Glanz und Galanterie mit einander wetteiferten.27

Schlacht von Steenkerke

Während er sich so auf seine gewohnte Art amüsirte, kamen die verbündeten Fürsten dahinter, daß ihre Beschlüsse verrathen wurden. Ein Landmann fand einen Brief, der verloren worden war, und brachte ihn dem Kurfürsten von Baiern. Dieser Brief enthielt klare Beweise von Millevoix’ Schuld. Wilhelm hegte die Hoffnung, daß es ihm gelingen werde, seine Feinde in der Schlinge zu fangen, die sie ihm gelegt hatten. Der treulose Sekretär wurde vor den König citirt und wegen seines Verbrechens zur Rede gesetzt. Man gab ihm eine Feder in die Hand, hielt ihm ein Pistol auf die Brust und befahl ihm bei Strafe des augenblicklichen Todes zu schreiben. Sein von Wilhelm dictirter Brief wurde sodann ins französische Lager gesandt. Luxemburg wurde darin benachrichtigt, daß die Alliirten am folgenden Tage ein starkes Fouragirungscorps zu entsenden gedächten. Um dieses Detachement vor Belästigung zu schützen, würden in der Nacht einige Bataillone Infanterie, von Artillerie begleitet, ausrücken, um die zwischen den beiden Armeen gelegenen Defilés zu besetzen. Der Marschall las, glaubte und begab sich zur Ruhe, während Wilhelm eifrig seine Vorkehrungen zu einem allgemeinen Angriff auf die französischen Linien betrieb.

Die ganze verbündete Armee stand unter Waffen, als es noch dunkel war. Mit dem Grauen des Morgens wurde Luxemburg durch Kundschafter geweckt, die ihm die Nachricht brachten, daß der Feind in bedeutender Stärke anrücke. Er nahm die Mittheilung anfangs sehr leicht. Sein Correspondent schien, wie gewöhnlich, umsichtig und exact gewesen zu sein. Der Prinz von Oranien hatte ein Detachement zum Schutze seiner Fourageurs entsendet, und der Schrecken hatte dieses Detachement zu einer gewaltigen Armee vergrößert. Doch eine beunruhigende Nachricht folgte der andren auf dem Fuße. Alle Pässe, hieß es, wimmelten von Massen von Infanterie, Cavallerie und Artillerie unter den Bannern England’s, Spanien’s, der Vereinigten Provinzen und des deutschen Reichs, und jede Colonne bewege sich gegen Steenkerke. Jetzt stand der Marschall endlich auf, stieg zu Pferde und ritt aus, um zu sehen was vorging.

Inzwischen war die Vorhut der Alliirten bis dicht an seine Vorposten herangekommen. Etwa eine halbe Meile von seiner Armee lagerte eine Brigade, welche den Namen der Provinz Bourbonnais führte. Diese Truppen hatten den ersten Anprall auszuhalten. Erstaunt und von panischem Schrecken ergriffen, wurden sie in einem Augenblicke geworfen und suchten ihr Heil in der Flucht, ihre Zelte und sieben Kanonen dem Feinde überlassend.

Soweit waren Wilhelm’s Pläne mit vollständigem Erfolge gekrönt worden; jetzt aber begann das Glück sich gegen ihn zu wenden. Er war über die Beschaffenheit des zwischen der Stellung der Brigade Bourbonnais und dem Hauptlager des Feindes liegenden Terrains falsch berichtet worden. Er hatte erwartet, daß er im Stande sein würde, ohne allen Aufenthalt vorwärts zu dringen, daß er die französische Armee in einem Zustande wilder Verwirrung finden und daß sein Sieg leicht und vollständig sein würde. Aber er wurde durch mehrere Hecken und Gräben in seinem Vorrücken gehemmt, es entstand ein kurzer Aufenthalt, und dieser kurze Aufenthalt reichte hin, sein Vorhaben zu vereiteln. Luxemburg war ganz der Mann für einen solchen Fall. Er hatte große Fehler begangen, er hatte sorglose Wacht gehalten, er hatte Nachrichten, die sich als falsch erwiesen, blind geglaubt, er hatte Nachrichten, die sich als wahr erwiesen, nicht beachtet, eine seiner Divisionen war in wilder Flucht begriffen, die anderen Divisionen waren nicht kampfbereit. Eine solche Krisis würde die Geisteskräfte eines gewöhnlichen Feldherrn gelähmt haben; die Geisteskräfte Luxemburg’s wurden dadurch nur gestählt und zu erhöhter Thätigkeit angeregt. Sein Geist, ja auch sein kränklicher und verwachsener Körper schienen aus Mißgeschick und Schrecken Gesundheit und Kraft zu schöpfen. In kurzer Zeit hatte er Alles angeordnet. Die französische Armee stand in Schlachtordnung. Unter dieser großen Armee zeichneten sich besonders die Haustruppen Ludwig’s, das berühmteste Corps streitbarer Männer in Europa aus, und an ihrer Spitze erschien, strahlend von eilig übergeworfenen Tressen und Stickereien, ein Schwarm junger Prinzen und Cavaliere, die eben erst durch die Trompeten von ihren Lagern oder ihren Banketten aufgeschreckt worden waren, und die sich beeilt hatten, dem Tode mit der heiteren und festlichen Unerschrockenheit ins Angesicht zu schauen, welche dem französischen Gentleman eigen ist. Am höchsten im Range unter diesen vornehmen Kriegern stand ein sechzehnjähriger Jüngling, Philipp, Herzog von Chartres, Sohn des Herzogs von Orleans und Neffe des Königs von Frankreich. Nur mit Mühe und durch dringendes Bitten hatte der tapfere Knabe Luxemburg die Erlaubniß entrissen, sich dahin begeben zu dürfen, wo das Feuer am heißesten war. Zwei andere Jünglinge von königlichem Geblüt, Ludwig, Herzog von Bourbon, und Armand, Prinz von Condé, bewiesen einen ihrer Ahnherren würdigen Muth. Neben ihnen kämpfte ein Abkömmling der Bastarde Heinrich’s IV., Ludwig, Herzog von Vendome, ein in Trägheit und in die niedrigsten Laster versunkener Mensch, der aber dennoch fähig war, bei einer großen Gelegenheit die Eigenschaften eines großen Soldaten zu entfalten. Auch Berwick war darunter, der sich einen ehrenvollen Namen in den Waffen zu erwerben begann, und an seiner Seite ritt Sarsfield, der sich durch seinen Muth und sein Talent an diesem Tage die Achtung der ganzen französischen Armee verdiente. Unterdessen hatte Luxemburg einen Eilboten abgesandt, um Boufflers herbeizurufen. Aber die Botschaft war überflüssig. Boufflers hatte das Feuer gehört, und als ein tapferer und intelligenter Heerführer eilte er bereits dem Punkte zu, von woher das Geräusch kam.

Obgleich die Angreifenden den ganzen Vortheil eines Ueberfalles verloren hatten, rückten sie doch beherzt heran. Im Vordertreffen marschirten die Briten unter den Befehlen des Grafen Solms. Mackay’s Division sollte vorangehen, und ihn sollte nach Wilhelm’s Plan ein starkes Corps Infanterie und Cavallerie unterstützen. Obwohl die meisten von Mackay’s Leuten noch nie im Feuer gestanden hatten, versprach ihr Benehmen doch an Blenheim und Ramilies zu erinnern. Sie stießen zuerst auf die Schweizer, welche in der französischen Armee eine ausgezeichnete Stelle einnahmen. Der Kampf war so dicht Mann gegen Mann und so verzweifelt, daß die Mündungen der Gewehre sich kreuzten. Die Schweizer wurden unter einem furchtbaren Blutbade zurückgeworfen. Mehr als achtzehnhundert Mann von ihnen wurden nach den französischen Listen getödtet oder verwundet. Luxemburg äußerte nachher, daß er nie in seinem Leben einen so wüthenden Kampf gesehen habe. Er holte eiligst die Ansichten der ihn umgebenden Generäle ein. Alle waren der Meinung, die Lage der Dinge sei eine solche, gegen die gewöhnliche Mittel nicht ausreichten. Die königlichen Haustruppen mußten die Engländer angreifen. Der Marschall gab die Parole, und die Haustruppen, geführt von den Prinzen von Geblüt, rückten mit geschultertem Gewehr heran. „Das Schwert zur Hand!” erscholl es durch alle Reihen dieser furchtbaren Brigade; „das Schwert zur Hand! kein Feuern! Schlagt sie mit dem kalten Stahl zu Boden!” Nach langer und verzweifelter Gegenwehr wurden die Engländer geworfen. Sie hörten nie auf zu wiederholen, daß, wenn Solms seine Schuldigkeit gegen sie gethan hätte, sie selbst die Haustruppen geschlagen haben würden. Aber Solms gewährte ihnen keine wirksame Unterstützung. Er ließ einige Cavallerie vorgehen, die aber in Folge der Bodenbeschaffenheit wenig oder nichts thun konnte. Seine Infanterie ließ er nicht von der Stelle. Sie könne nichts nützen, sagte er, und er habe nicht Lust, sie zur Schlachtbank zu schicken. Ormond wäre sehr gern zur Unterstützung seiner Landsleute herbeigeeilt, aber er durfte nicht. Mackay sandte einen Eilboten und ließ sagen, daß er und seine Leute dem sicheren Untergange preisgegeben seien; aber es war Alles vergebens. „Nun wohl, Gottes Wille geschehe,” sagte der tapfere Veteran. Er starb wie er gelebt hatte: als ein guter Christ und ein guter Soldat. Mit ihm fielen Douglas und Lanier, zwei unter den Besiegern Irland’s ausgezeichnete Generäle. Auch Mountjoy war unter den Gefallenen. Nachdem er drei Jahre in der Bastille geschmachtet, war er gegen Richard Hamilton ausgewechselt worden, und, durch erfahrene Unbilden, die mächtiger waren als alle Argumente Locke’s und Sidney’s, zum Whiggismus bekehrt, war er unverzüglich als Freiwilliger in Wilhelm’s Lager geeilt. Fünf schöne Regimenter wurden völlig zusammengehauen. Es würde vielleicht kein Mann von dieser opferfreudigen Schaar davongekommen sein ohne den Muth und das Benehmen Auverquerque’s, der im Augenblicke der höchsten Bedrängniß mit zwei frischen Bataillonen zur Hülfe herbeieilte. Noch lange erinnerte man sich an den britischen Wachfeuern mit dankbarer Bewunderung der Tapferkeit, mit der er die Ueberreste von Mackay’s Division befreite. Der Boden, auf dem der Kampf gewüthet, war mit Haufen von Leichen bedeckt, und Die, welche die Erschlagenen begruben, bemerkten, daß fast alle Wunden vom Säbel oder Bajonnet herrührten.

Man erzählte sich, Wilhelm habe seine gewohnte stoische Ruhe soweit vergessen, daß er eine heftige Aeußerung that über die Art und Weise der Hinopferung der englischen Regimenter. Bald jedoch erlangte er seinen Gleichmuth wieder und beschloß den Rückzug anzutreten. Es war hohe Zeit, denn die französische Armee verstärkte sich mit jedem Augenblicke, da die von Boufflers befehligten Regimenter in rascher Aufeinanderfolge herbeikamen. Die alliirte Armee zog sich in guter Ordnung und ohne verfolgt zu werden, auf Lambeque zurück.28

Die Franzosen gestanden ein, daß sie ungefähr siebentausend Todte und Verwundete hatten. Der Verlust der Alliirten war nur sehr wenig größer, wenn er überhaupt größer war. Die relative Stärke der beiden Armeen war die nämliche wie am vergangenen Tage, und sie blieben in ihren bisherigen Stellungen. Aber der moralische Eindruck der Schlacht war groß. Der Stern von Wilhelm’s Ruhm begann zu erbleichen. Selbst seine Bewunderer mußten zugeben, daß er im Felde Luxemburg nicht gewachsen sei. In Frankreich wurde die Nachricht mit maßlosem Jubel und Stolze aufgenommen. Der Hof, die Hauptstadt, selbst das Landvolk der entlegensten Provinzen freute sich über die ungestüme Tapferkeit, die so viele Jünglinge, die Erben berühmter Namen, an den Tag gelegt hatten. Man erzählte sich mit Freude und Rührung im ganzen Lande, daß der junge Herzog von Chartres durch keine Vorstellungen sich von der Gefahr habe zurückhalten lassen, daß eine Kugel seinen Mantel durchlöchert habe und daß er an der Schulter verwundet worden sei. Das Volk versammelte sich längs der Straßen, um die von Steenkerke zurückkehrenden Prinzen und Cavaliere zu sehen. Die Juweliere verfertigten Schnallen à la Steenkerke, die Parfümeriehändler verkauften Pulver à la Steenkerke. Besonders aber wurde der Name des Schlachtfeldes einer neuen Art Halsbinde gegeben. Die Modeherren trugen damals Spitzenhalstücher, die sie mit großer Sorgfalt zu knüpfen pflegten. In dem schreckensvollen Augenblicke aber als die Brigade Bourbonnais vor dem Angriffe der Alliirten floh, war keine Zeit, sich zu putzen, und die elegantesten Herren vom Hofe kamen mit ungeordneten Cravatten vor die Front der Schlachtlinie gesprengt. Es wurde daher bei der Pariser schönen Welt Mode, Tücher von den feinsten Spitzen in gesuchter Unordnung um den Hals zu tragen, und diese Tücher hießen Steenkerkes.29

Im Lager der Alliirten herrschte allgemeine Uneinigkeit und Unzufriedenheit. Nationale Eifersüchteleien und Animositäten wütheten rückhaltlos und unverhohlen. Die Entrüstung der Engländer äußerte sich laut. Solms war, obgleich Diejenigen, die ihn genau kannten, ihm einige schätzenswerthe Eigenschaften nicht absprachen, nicht der Mann, Soldaten für sich zu gewinnen, die gegen ihn als Ausländer eingenommen waren. Sein Benehmen war anmaßend, sein Character unbiegsam. Schon vor der unglücklichen Schlacht von Steenkerke verkehrten die englischen Offiziere nicht gern mit ihm, und die gemeinen Soldaten murrten über sein barsches Wesen. Nach der Schlacht aber wurde das Geschrei gegen ihn wüthend. Er wurde, vielleicht mit Unrecht, beschuldigt, während des verzweifelten Kampfes der englischen Regimenter gegen eine große Uebermacht mit gefühlloser Leichtfertigkeit geäußert zu haben, daß er neugierig sei, wie die Bulldoggen sich herausbeißen würden. Würde jetzt noch, fragte man, Jemand behaupten, daß er seiner hervorragenden Geschicklichkeit und Erfahrung wegen über so viele englische Offiziere gestellt worden sei? Es sei gebräuchlich zu sagen, daß diese Offiziere noch niemals Krieg in großem Maßstabe gesehen hätten. Aber sicherlich sei auch der unerfahrenste Neuling befähigt das zu thun was Solms gethan habe: Befehle falsch zu verstehen, Cavallerie zu Diensten zu verwenden, die nur Infanterie verrichten könne, und aus sicherer Entfernung zuzusehen, während tapfere Männer in Stücke gehauen würden. Es sei zuviel, zu gleicher Zeit beschimpft und aufgeopfert, von den Ehren des Kriegs ausgeschlossen und doch den ärgsten Gefahren desselben entgegengeworfen, als ungeschickte Rekruten verhöhnt und dann ohne Beistand dem Kampfe mit dem schönsten Corps Veteranen von der Welt überlassen zu werden. So lauteten die Klagen der englischen Armee, und sie fanden bei der englischen Nation Wiederhall.

Zum Glück wurde um diese Zeit eine Entdeckung gemacht, welche dem Lager von Lambeque wie den Kaffeehäusern London’s einen Unterhaltungsstoff lieferte, der den Jakobiten viel weniger angenehm war als die Niederlage von Steenkerke.

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