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Gustave Flaubert
Salambo

Kapitel 1
Das Gelage

Es war in Megara, einer der Vorstädte von Karthago, in den Gärten Hamilkars.

Die Söldner, die er in Sizilien befehligt hatte, feierten den Jahrestag der Schlacht am Eryx durch ein großes Gelage. Da der Feldmarschall abwesend uud die Versammlung zahlreich war, schmauste und zechte man auf das zwangloseste.

Die Offiziere hatten sich gestiefelt und gespornt in der Hauptallee gelagert, unter einem goldbefransten Purpurzelt, das von der Stallmauer bis zur untersten Schloßterrasse ausgespannt war. Die Scharen der Gemeinen lagen weithin unter den Bäumen, durch die man zahlreiche flachdachige Baracken, Winzerhäuschen, Scheunen, Speicher, Backhäuser und Waffenschuppen schimmern sah, einen Elefantenhof, Zwinger für die wilden Tiere und ein Sklavengefängnis.

Feigenbäume umstanden die Küchen. Ein Sykomorenhain endete an einem Meere grüner Büsche, daraus rote Granatäpfel zwifchen weißen Baumwollenkotten leuchteten. Traubenschwere Weinreben strebten bis in die Wipfel der Pinien. Unter Platanen glühte ein Rosenfeld. Hier und da wiegten sich Lilien über dem Grase. Die Wege bedeckte schwarzer Kies, mit rotem Korallenstaub vermischt. Von einem Ende zum andern durchschnitt den Park eine hohe Zypressenallee, gleich einem Säulengange grüner Obelisken.

Ganz im Hintergrunde leuchtete auf breitem Unterbau das Schloß mit seinen vier terrassenartigen Stockwerken, aus numidischem, gelbgesprenkeltem Marmor. Seine monumentale Freitreppe aus Ebenholz, deren einzelne Stufen links und rechts mit den Schnäbeln eroberter Schlachtschiffe geschmückt waren, – seine roten Türen, die je ein schwarzes Kreuz vierteilte, – seine Fensteröffnungen, die im untersten Stock Drahtgaze vor den Skorpionen schützte, während sie in den oberen Reihen vergoldetes Gitter zeigten, – all diese wuchtige Pracht dünkte die Soldaten so hoheitsvoll und unnahbar wie Hamilkars Antlitz.

Das Gelage fand auf Anordnung des Rates an diesem Orte statt. Die Verwundeten, die im Eschmuntempel lagen, waren bei Morgengrauen aufgebrochen und hatten sich an Krücken und Stöcken hergeschleppt. Immer mehr Menschen trafen ein. Auf allen Wegen strömten sie herbei, unaufhörlich, wie sich Bäche in einen See ergießen. Die Küchensklaven liefen unter den Bäumen hin und her, hastig und halbnackt. Klagend flohen von den Rasenplätzen die Gazellen. Die Sonne ging unter. Der Zitronenbäume Duft machte den Dunst der erhitzten Menschenmenge noch schwerer.

Alle Völker waren vertreten: Ligurer, Lusitanier, Balearier, Neger und römische Überläufer. Neben der schwerfälligen dorischen Mundart dröhnten, rasselnd wie Feldgeschütz, die Worte der Kelten, und die klangvollen jonischen Endungen wurden von Wüstenlauten verschlungen, rauh wie Schakalgeheul. Den Griechen erkannte man an seiner schlanken Gestalt, den Ägypter an den hohen Schultern, den Kantabrer an den feisten Waden. Karier schüttelten stolz die Federbüsche ihrer Helme. Kappadokische Bogenschützen sah man, die auf ihrem Körper Blumenarabesken trugen, mit Pflanzensäften aufgemalt. Auch Lydier saßen beim Mahle, in Frauengewändern und Pantoffeln, Gehänge in den Ohren. Andre hatten sich zum Schmucke mit Zinnober angestrichen und sahen aus wie Statuen aus Korall.

Sie ruhten auf Kissen, hockten schmausend um große Schüsseln oder lagen auf dem Bauche, die Ellbogen aufgestemmt, und zogen die Fleischstücke zu sich heran, alle in der gemächlichen Haltung von Löwen, die ihre Beute verzehren. Die zuletzt Gekommenen lehnten an den Bäumen, blickten nach den niedrigen Tischen, die unter ihren scharlachroten Decken halb verschwanden, und harrten, bis die Reihe an sie kam.

Da Hamilkars Küchen nicht ausreichten, hatte der Rat Sklaven, Geschirr und Liegebänke geschickt. In der Mitte des Gartens flammten wie auf einem Schlachtfelde, wenn man die Toten verbrennt, große helle Feuer, an denen Ochsen gebraten wurden.

Brote, mit Anis bestreut, lagen neben Käsen, größer und schwerer als Diskosscheiben. Mischkrüge voll Wein und Wasser standen neben Körben aus Goldfiligran, in denen Blumen dufteten. Die Freude, nun endlich nach Belieben schwelgen zu können, weitete aller Augen. Hier und da erklang bereits ein Lied.

Auf roten Tonschüsseln mit schwarzen Verzierungen trug man zuerst Vögel in grüner Sauce auf, dann allerlei Muscheln, wie man sie an den punischen Küsten aufliest, Suppen aus Weizen, Bohnen und Gerste, und Schnecken, in Kümmel gekocht, auf Platten von Bernstein.

Dann wurden die Tische mit Fleischgerichten beladen: Antilopen noch mit ihren Hörnern, Pfauen in ihrem Gefieder, ganze Hammel, in süßem Wein gedünstet, Kamel- und Büffelkeulen, Igel in Fischsauce, gebackene Heuschrecken und eingemachte Siebenschläfer. In Mulden aus Tamrapanniholz schwammen safranbedeckt große Speckstücke. Alles war reichlich gewürzt mit Salz, Trüffeln und Asant. Früchte rollten über Honigscheiben. Auch hatte man nicht vergessen, ein paar von den kleinen, dickbäuchigen Hunden mit rosigem Seidenfell aufzutragen, die mit Oliventrebern gemästet waren, ein karthagisches Gericht, das die andern Völker verabscheuten. Die Verwunderung über neue Gerichte erregte die Lust, davon zu essen. Die Gallier, mit ihrem langen auf dem Scheitel geknoteten Haar, rissen sich um die Wassermelonen und Limonen, die sie mit der Schale verzehrten. Neger, die noch nie Langusten gesehen, zerstachen sich das Gesicht an ihren roten Stacheln. Die glattrasierten Griechen, weißer als Marmor, warfen die Abfälle ihrer Mahlzeit hinter sich, während bruttinische Hirten, in Wolfsfelle gehüllt, das ganze Gesicht in ihre Schüsseln tauchten und ihr Essen schweigsam verschlangen.

Es ward Nacht. Man entfernte das Zeltdach über der großen Zypressenallee und brachte Fackeln. Der flackernde Schein des Steinöls, das in Porphyrschalen brannte, erschreckte die dem Mond geweihten Affen in den Wipfeln der Zedern. Sie kreischten laut, den Söldnern zur Belustigung.

Flammenzungen leckten die ehernen Panzer. Die mit Edelsteinen eingelegten Schüsseln glitzerten in bunten Lichtern. Die Mischkrüge, deren Bäuche gewölbte Spiegel bildeten, gaben das in die Breite verzerrte Bild eines jeden Dinges wieder. Die Söldner drängten sich um diese Spiegel, blickten erstaunt hinein und schnitten Gesichter, um sich gegenseitig zum Lachen zu bringen. Andre warfen sich über die Tische hinweg mit elfenbeinernen Fußbänken und goldnen Löffeln und schlürften in vollen Zügen Wein: griechischen, den man in Schläuchen aufbewahrt, kampanischen, der in Amphoren verschlossen ist, kantabrischen, der in Fässern verfrachtet wird, auch Wein aus Brustbeeren, Zimt und Lotos. Auf dem Erdboden stand er in Lachen, darin man ausglitt. Der Dampf der Speisen stieg, mit dem Dunst des Atems vermischt, in das Laubwerk der Bäume. In das Krachen der Kinnbacken tönte der Lärm der Stimmen, der Lieder und der Trinkschalen, das Klirren kampanischen Geschirrs, das in Stücke zersprang, und der helle Klang der großen Silberschüsseln.

Je mehr die Trunkenheit zunahm, desto lebhafter gedachte man der Unredlichkeit Karthagos. Die durch den Krieg erschöpfte Republik hatte nämlich die Ansammlung aller Söldner in der Stadt zugelassen. Gisgo, ihr General, war umsonst so vorsichtig gewesen, sie nur abteilungsweise von Sizilien nach Afrika zu schicken, um die Auszahlung ihres Soldes zu erleichtern, aber der Rat hatte gemeint, sie würden zu guter Letzt in Abzüge einwilligen. Jetzt haßte man sie, weil man sie nicht bezahlen konnte. In den Köpfen der Karthager verwuchs diese Schuld mit den zehn Millionen Mark, die Lutatius beim Friedensschluß ausbedungen, und die Söldner erschienen ihnen als ihre Feinde, genau so wie Rom. Das hatten die Truppen in Erfahrung gebracht, und ihre Entrüstung war in Drohungen und Ausschreitungen zum Ausdruck gekommen. Schließlich hatten sie verlangt, sich zur Erinnerungsfeier eines ihrer Siege versammeln zu dürfen.

Die Friedenspartei gab nach aus Rachlust gegen Hamilkar, der die Seele des Krieges gewesen war. Trotz Hamilkars starkem Widerspruch hatte der Feldzug ein Ende genommen, worauf der Feldherr – an Karthago verzweifelnd – den Oberbefehl über die Söldner an Gisgo abgegeben hatte. Wenn nun die Karthager seinen Palast dem Soldatenfeste zur Verfügung stellten, so wälzten sie damit einen Teil des Hasses, der den Söldnern galt, auf Hamilkar ab. Ihm sollten die zweifellos riesigen Ausgaben möglichst allein zur Last fallen.

Stolz darauf, daß sich die Republik ihrem Willen gebeugt hatte, wähnten die Söldner, nun endlich heimkehren zu können, mit dem Lohn für ihr Blut in der Tasche. Jetzt im Taumel der Trunkenheit erschienen ihnen die überstandenen Strapazen ungeheuer groß und in keinem Verhältnis zu dem kärglichen Solde. Sie zeigten einander ihre Wunden und erzählten sich von ihren Kämpfen, ihren Fahrten und den Jagden in ihrer Heimat. Sie ahmten das Geschrei und die Sprünge der wilden Tiere nach. Dann kam es zu schweinischen Wetten. Man steckte den Kopf in die großen Steinkrüge und trank, ohne abzusetzen, wie verschmachtete Dromedare. Ein Lusitanier, ein wahrer Hüne, trug auf jeder Hand einen Mann und lief so zwischen den Tischen einher, indem er dabei Feuer aus den Nasenlöchern blies. Lakedämonier, die ihre Panzer nicht abgelegt hatten, tanzten schwerfällig herum. Einige sprangen mit unanständigen Gebärden vor die andern und ahmten Weiber nach. Andre zogen sich nackt aus, um inmitten des Trinkgeräts gleich Gladiatoren miteinander zu kämpfen. Ein Fähnlein Griechen hüpfte um eine Vase, auf der Nymphen tanzten, während ein Neger mit einem Ochsenknochen den Takt dazu auf einem Blechschild schlug.

Plötzlich vernahm man klagenden Gesang, der bald laut, bald leise durch die Lüfte zitterte, wie der Flügelschlag eines verwundeten Vogels.

Es waren die Sklaven im Kerker. Ein paar Söldner sprangen mit einem Satz auf und verschwanden, um sie zu befreien.

Sie kamen zurück und trieben unter lautem Geschrei etwa zwanzig Männer mit auffällig bleichen Gesichtern durch den Staub vor sich her. Kleine kegelförmige Mützen aus schwarzem Filz bedeckten die glatt geschorenen Köpfe. Alle trugen sie Holzsandalen, und ihre Ketten klirrten wie das Rasseln rollender Wagen.

Als sie die Zypressenallee erreichten, mischten sie sich unter die Menge, die sie ausfragte. Einer von ihnen war abseits stehen geblieben. Durch die Risse seiner Tunika erblickte man lange Striemen an seinen Schultern. Mit gesenktem Haupte blickte er mißtrauisch um sich und kniff, vom Fackelschein geblendet, die Augen zu. Als er aber sah, daß ihm keiner von den bewaffneten Männern etwas zuleide tat, entrang sich seiner Brust ein tiefer Seufzer. Er stammelte und lachte unter hellen Tränen, die ihm über das Antlitz rannen. Dann ergriff er eine bis zum Rande volle Trinkschale an den Henkeln, hob sie hoch in die Luft mit den Armen, von denen noch die Ketten herabhingen, blickte gen Himmel und rief, das Gefäß immerfort hochhaltend:

»Gruß zuerst dir, Gott Eschmun, du Befreier, den die Menschen meiner Heimat Äskulap nennen! Und euch, ihr Geister der Quellen, des Lichts und der Wälder! Und euch, ihr Götter, die ihr in den Bergen und Höhlen der Erde verborgen lebt! Und euch, ihr tapferen Männer in glänzender Rüstung, die ihr mich befreit habt!«

Dann ließ er das Gefäß sinken und erzählte seine Geschichte. Er hieß Spendius. Die Karthager hatten ihn in der Schlacht bei den Ägatischen Inseln gefangen genommen. In griechischer, ligurischer und punischer Sprache dankte er nochmals den Söldnern, küßte ihnen die Hände und beglückwünschte sie schließlich zu dem Gelage. Dabei sprach er seine Verwunderung darüber aus, daß er nirgends die Trinkschalen der karthagischen Garde erblickte. Diese Schalen, die auf jeder ihrer sechs goldenen Flächen das Bild eines Weinstocks aus Smaragden trugen, gehörten einem Regiment, das ausschließlich aus den stattlichsten Patriziersöhnen bestand. Ihr Besitz war ein Vorrecht, und so ward denn auch nichts aus dem Schatze der Republik von den Söldnern heißer begehrt. Um dieser Gefäße willen haßten sie die Garde, und schon mancher hatte sein Leben gewagt, des eingebildeten Vergnügens wegen, aus jenen Schalen zu trinken.

Jetzt befahlen die Söldner, die Schalen herbeizuholen. Die befanden sich im Gewahrsam der Syssitien. Das waren staatsrechtlich organisierte Familienverbände. Die Sklaven kamen zurück mit der Mitteilung, zu dieser Stunde schliefen alle Mitglieder der Syssitien.

»So weckt sie!« riefen die Söldner daraufhin.

Die Sklaven gingen und kehrten mit der Nachricht wieder, die Schalen seien in einem Tempel eingeschlossen.

»Man öffne ihn!« brüllten die Söldner.

Zitternd gestanden nun die Sklaven, die Gefäße wären in den Händen des Generals Gisgo.

»So soll er sie selber herbringen!« schrien die Soldaten.

Bald erschien Gisgo im Hintergrunde des Gartens, von einer Leibwache aus Gardisten umgeben. Sein weiter schwarzer Mantel, an der goldnen, edelsteingeschmückten Mitra auf seinem Haupte befestigt, umwallte ihn bis auf die Hufe seines Pferdes und verschwamm in der Ferne mit dem Dunkel der Nacht. Man sah nichts als seinen weißen Bart, das Gefunkel seines Kopfschmuckes und die dreifache Halskette aus breiten blauen Schildern, die ihm auf die Brust herabhing.

Als er nahte, begrüßten ihn die Söldner mit lautem Willkommengeschrei.

»Die Schalen!« riefen sie. »Die Schalen!«

Er begann mit der Erklärung, sie seien der Schalen in Anbetracht ihres Mutes durchaus würdig.

Die Menge heulte vor Freude und klatschte Beifall.

Er wisse das wohl, fuhr Gisgo fort, er, der sie dadrüben geführt habe und mit der letzten Kompagnie auf der letzteu Galeere zurückgekehrt sei!

»Das ist wahr! Das ist wahr!« rief man.

Die Republik, redete er weiter, habe ihre Teilung nach Völkern, ihre Bräuche und ihren Glauben geachtet. Sie seien frei in Karthago! Was aber die Schalen der Garde anbeträfe, so sei das Privateigentum.

Da sprang ein Gallier, der neben Spendius gestanden hatte, über die Tische weg, gerade auf Gisgo zu und fuchtelte drohend mit zwei bloßen Schwertern vor ihm herum.

Ohne seine Rede zu unterbrechen, schlug ihn der General mit seinem schweren Elfenbeinstab auf den Kopf. Der Barbar brach zusammen. Die Gallier heulten. Ihre Wut teilte sich den andern mit und drohte sich gegen die Leibwache zu richten. Gisgo zuckte die Achseln, als er die Gardisten erbleichen sah. Er sagte sich, daß sein eigner Mut gegenüber rohen, erbitterten Bestien nutzlos sei. Besser wäre es, dachte er, sich später durch eine Hinterlist an ihnen zu rächen.

Er gab seinen Kriegern einen Wink und zog sich langsam zurück. Unter der Pforte aber wandte er sich noch einmal nach den Söldnern um und rief ihnen zu, das solle sie eines Tages gereuen.

Das Gelage begann von neuem. Doch Gisgo konnte zurückkommen und sie durch Umstellung der Vorstadt, die an die äußeren Wälle stieß, gegen die Mauern drücken. Trotz ihrer Anzahl fühlten sie sich mit einem Male verlassen; und die große Stadt, die im Dunkel unter ihnen schlief, flößte ihnen plötzlich Furcht ein mit ihrem Treppengewirr, mit ihren hohen düstern Häusern und ihren unbekannten Göttern, die noch grauenhafter waren als selbst die Bewohner. In der Ferne spielten Scheinwerfer über den Hafen hin. Auch im Tempel Khamons war Licht. Da gedachten sie Hamilkars. Wo war er? Warum hatte er sie verlassen, als der Friede geschlossen war? Sein Zerwürfnis mit dem Rat war gewiß nur Blendwerk, um sie zu verderben. Ihr ungestillter Haß übertrug sich auf ihn. Sie verfluchten ihn und entfachten ihren Zorn aneinander zur Wut. In diesem Augenblick entstand ein Auflauf unter den Platanen. Mit Händen und Füßen um sich schlagend, wand sich ein Neger auf dem Boden, mit stierem Blick, verrenktem Hals und Schaum auf den Lippen. Jemand schrie, er sei vergiftet. Da wähnten sich alle vergiftet. Sie fielen über die Sklaven her. Ein furchtbares Geschrei erhob sich, und ein Taumel wilder Zerstörungswut erfaßte das trunkene Heer. Man schlug wie blind um sich, zerbrach und mordete. Einige schleuderten Fackeln in die Baumkronen. Andre lehnten sich über die Brüstung der Löwengrube und schossen nach den Löwen mit Pfeilen. Die Verwegensten liefen zu den Elefanten, um ihnen die Rüssel abzuschlagen. Es gelüstete sie nach Elfenbein.

Inzwischen waren balearische Schleuderer, um gemächlicher plündern zu können, um die Ecke des Palastes gelaufen. Sie stießen auf ein hohes Gitter aus indischem Rohr, durchschnitten die Riemen des verschlossenen Tores mit ihren Dolchen und befanden sich nun unter der Karthago zugewandten Palastfront in einem zweiten Garten mit verschnittenen Hecken. Lange Reihen dicht aneinander gepflanzter weißer Blumen beschrieben hier auf dem azurblauen Boden weite Bogen gleich Sternenketten. Die dunkeln Gebüsche hauchten schwüle Honigdüfte aus. Mit Zinnober bestrichene Baumstümpfe schimmerten wie blutige Säulen. In der Mitte des Gartens trugen zwölf kupferne Träger je eine große Glaskugel, in deren Rundungen bizarre rötliche Lichter spielten; sie glichen riesigen, lebendigen, zuckenden Augäpfeln. Die Söldner leuchteten mit Pechfackeln, indes sie über den abschüssigen und tief umgegrabenen Boden stolperten. Da erblickten sie einen Weiher, der durch Wände von blauen Steinen in mehrere Becken zerlegt war. Das Wasser war so klar, daß das Licht der Fackeln bis auf den Grund fiel und auf einem Bett von weißen Steinen und Goldstaub zitterte. Das Wasser begann zu schäumen. Sprühende Funken glitten durch die Flut, und große Fische, die Edelsteine am Maule trugen, tauchten zur Oberfläche empor.

Die Söldner steckten ihnen unter lautem Gelächter die Finger in die Kiemen und trugen sie zu ihren Tischen.

Es waren die Fische der Barkiden. Sie stammten sämtlich von jenen Urquappen ab, die das mystische Ei ausgebrütet hatten, aus dem die Göttin entstanden war. Der Gedanke, einen gottlosen Frevel zu begehen, reizte die Begierde der Söldner. Flugs machten sie Feuer unter ehernen Becken und ergötzten sich daran, die schönen Fische im kochenden Wasser zappeln zu sehen.

Die Söldner schoben uud drängten sich. Sie hatten keine Furcht mehr. Von neuem begannen sie zu zechen. Die Salben, die ihnen von der Stirn trieften, flossen in schweren Tropfen auf ihre zerrissenen Waffenröcke. Sie stemmten beide Ellbogen auf die Tische, die ihnen wie Schiffe zu schwanken schienen, und schauten mit stieren, trunkenen Blicken umher, um wenigstens mit den Augen zu verschlingen, was sie nicht mitnehmen konnten. Andre stampften mitten unter den Schüsseln auf den purpurnen Tischdecken herum und zertrümmerten mit Fußtritten die Elfenbeinschemel und die tyrischen Glasgefäße. Gesänge mischten sich in das Röcheln der Sklaven, die zwischen den Scherben der Trinkgefäße ihr Leben aushauchten. Man forderte Wein, Fleisch, Gold. Man schrie nach Weibern. Man phantasierte in hundert Sprachen. Einige glaubten sich im Dampfbade wegen des Brodems, der sie umwogte. Andre wähnten sich beim Anblick des Laubwerks auf der Jagd und stürmten auf ihre Gefährten ein wie auf Wild. Das Feuer sprang von Baum zu Baum, und die hohen grünen Massen, aus denen lange weiße Rauchkringel emporstiegen, sahen wie Vulkane aus, die zu qualmen beginnen. Das Geschrei nahm zu. Im Dunkeln brüllten die verwundeten Löwen.

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На этой странице вы можете прочитать онлайн книгу «Salambo», автора Гюстава Флобер. Данная книга относится к жанру «Зарубежная классика».. Книга «Salambo» была издана в 2019 году. Приятного чтения!