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Gustav Freytag
Das Nest der Zaunkönige / Erzählung aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts

1
Im Jahr 1003

Wo die Geisa das Wasser ihrer Quellen in die Fulda gießt, lag zwischen Wiesen und fruchtbaren Feldern das Kloster Herolfsfeld. Hohe Fürsten des Himmels waren seine Beschützer, denn die Klosterkirche umschloß die Reliquien zweier Apostel; doch den größten Eifer für das Gedeihen des Klosters hatten zwei Gefährten des heiligen Bonifacius bewiesen: Erzbischof Lullus, der die ersten Mönche auf das leere Feld führte, und der Heidenbekehrer Wigbert, dessen Gebeine erst viele Jahre nach seinem Tode im Kloster niedergesetzt wurden, der aber seitdem durch zahllose Wunder den Ruhm der Stätte erhöhte. Als das stärkste von seinen Wundern rühmten die Leute, daß in der einsamen Landschaft ein mächtiges Menschenwerk entstanden war, Türme und hohe Kirchgiebel, um diese herum eine große Zahl von Gebäuden aus Stein und Lehm, deren wettergraue Holzdächer wie Silber in der Mittagsonne glänzten. Was man Kloster nannte, war in Wahrheit eine feste Stadt geworden, durch Mauern, Pfahlwerk und Graben von der Ebene geschieden. Länger als zweihundert Jahre hatten die Mönche gebetet, um den Gläubigen Heil und guten Empfang in jenem Leben zu bereiten, dafür waren sie selbst reich geworden an irdischem Grundbesitz, den ihnen fromme Christen in der bittern Sorge um das Jenseits gespendet hatten. Die Burgen, Dörfer und Weiler, welche ihnen gehörten, lagen über viele Gaue verteilt, nicht nur im Lande der Hessen, auch unter Sachsen und Bayern, vor allem in Thüringen. Ein guter Teil des Kirchengutes, das Bonifacius erworben hatte, darunter die ersten Schenkungen, welche die Waldleute in Thüringen zur Heidenzeit gemacht, gehörte jetzt dem Kloster, und wenn der Abt seine Lehnsleute und Hintersassen zu einer Kriegsfahrt aufrief, so zogen sie dem Lager der Sachsenkaiser zu als ein Heer von Reitern und Fußvolk, in ihrer Mitte der Abt als großer Herr des Reiches mit einem Gefolge von edlen Vasallen. Länger als zweihundert Jahre hatten die Brüder auch mit Axt und Pflug gegen den wilden Wald und das wilde Kraut gekämpft, hatten unermüdlich die Halmfrucht gesäet, Obstbäume gepflanzt und Weingärten eingehegt. So waren sie allmählich große Landbauer geworden, nach Tausenden zählten sie ihre Hufen, ihre zinspflichtigen Höfe und die Familien der unfreien Arbeiter. Jetzt saßen sie in der Fülle guter Dinge als eine Genossenschaft von hundert und fünfzig Brüdern zwischen gefüllten Scheuern und springenden Herden, sahen vergnügt über die reiche Habe und ordneten selbst als umsichtige Landwirte das Tagewerk der zahlreichen Gehilfen, deren Häuser im Zaun ihres Herrenhofes standen oder seitwärts an der Fulda zu einem großen Dorfe vereinigt waren. Doch nicht allein über Landarbeit, sondern über alles, was Handwerk und Kunstfertigkeit zu schaffen vermochte, walteten als Meister die Genossen, welche sich dem Christengott gelobt hatten. Neben dem Palast des Abtes und den Gasthäusern für Fremde, zwischen den Viehhöfen und Scheuern, dem Brauhause und den weiten Kellergewölben erklang der schwere Hammer des Waffenschmieds auf dem Ambos, und daneben der kleine Hammer des Künstlers, welcher edle Steine in Gold und Silber zu fassen wußte für Kirchengerät, für kostbare Bücherdeckel und für Trinkgefäße des Abtes und vornehmer Gäste. Ein Bruder bewahrte den Schlüssel zu dem Rüsthaus, in welchem die Helme, Schwerter und Schilde für ein ganzes Heer bereit lagen, ein anderer zählte den Gerbern die Häute zu, prüfte kunstverständig ihre Arbeit, mischte die Farbe und kochte die Beize für buntes Leder und Gewand. Und wieder ein anderer maß die Räume für neue Bauten, verfertigte den Riß und wies die Maurer an, wie sie den Gewölbbogen schwingen und dauerhaften Mörtel mischen sollten. Von weiter Ferne her zogen die Leute zum Kloster, nicht nur um bei den Gebeinen der Heiligen zu beten und durch Gaben das Gebet der Mönche zu kaufen; auch wer klugen Rat und irdischen Vorteil begehrte, suchte dort Beistand. Der Kaufmann fand Waren, die er gegen andere vertauschte, der große Grundherr holte sich den Bauplan für ein Steinhaus, das er auf luftiger Höhe errichten wollte oder bat um einen meßkundigen Bruder, der ihm fernes Wasser in seinen Hof zu leiten und einen Fluß mit steinerner Brücke zu überspannen wußte. Wer vollends krank war, der neigte sich flehend vor dem Arzte des Klosters und erhielt aus der Apotheke die Holzbüchse mit kräftiger Salbe und den ruhmvollen Trank des heiligen Wigbert. Jeder Dürftige und Bettler im Lande kannte das Haus, denn er war sicher, dort Hilfe gegen den Hunger zu finden und gutherzige Spende an den nötigsten Kleidern. Was die einen in ihrer Sündenangst vor den Altären der Heiligen opferten, um den Himmel zu gewinnen, das vermehrte vielen anderen die Freude des irdischen Lebens. Aber die Mönche selbst, die sich dem Herrn zu demütiger Entsagung und Buße geweiht hatten, wurden allmählich stolze Lehrer und Gebieter in weltlichen Dingen und vermochten nicht mehr mit der alten Klosterzucht Haus zu halten.

An einem heißen Nachmittag des Sommers lag auf den Stufen des Hochaltars ein fremder Mönch in stillem Gebet. Stab und Reisehut hinter ihm ließen erkennen, daß er neu angekommen war; bei dem Reisegerät kniete ein junger Bruder des Klosters, der ihn begleitet hatte. In dem Chorstuhl zunächst dem Sitz des Abtes saß der Dekan Tutilo, welcher Präpositus des Klosters war, ein hoher breitschultriger Mann mit jähzornigen Augen und buschigen Augenbrauen, er hielt die Hände nachlässig gefaltet und sah ungeduldig auf den Fremden, dessen Andacht kein Ende nehmen wollte. Klein war die Zahl der Väter, welche das Gebet abwarteten, nur wenige der Ehrwürdigsten saßen in den Stühlen, unter ihnen Heriger, der Kellermeister, ein fröhlicher Mann und Liebling der Brüder, dem alle gern dienten und der jeden mit freundlicher Rede gefügig machte, dann der Pförtner Walto, welcher Sprecher des Klosters war, als kluger Herr wohlbekannt im ganzen Lande; auch die beiden Alten, Bertram und Sintram, zwei Sachsen, welche mit ihren runden Köpfen und weißen Haarkronen einander ähnlich sahen wie Zwillinge und deshalb von den Mönchen im Scherz die Stiefel genannt wurden; sie waren an einem Tage ins Kloster gekommen, wohnten in derselben Zelle und arbeiteten beide in den Gärten; was einer wollte, gefiel auch dem andern und sie wandelten stets zusammen, obgleich sie schweigsam waren und auch miteinander nicht viel redeten.

Als der Beter sich endlich erhob und mit gesenktem Haupt vor den Dekan trat, ergriff dieser seine Hand, führte ihn in die Mitte des Chors und neigte ihm das Ohr zu, in welches der Fremde die geheimen Worte sprach, an denen die Priester und Würdenträger von der Regel Benedikts einander erkannten. »Gesegnet sei dein Eingang, mein Bruder Reinhard,« antwortete der Dekan mit rauher Stimme, welche von der Decke zurückhallte, und gab den Bruderkuß, worauf der Fremde den andern Brüdern dasselbe tat. »Nicht mühelos wird das Lehramt sein, zu dem du aus der Schulstube des Klosters Altaha gerufen bist, denn du wirst harte Köpfe finden und eine zuchtlose Herde; doch dem heiligen Wigbert fehlt es nicht an Bäumen, um Ruten daraus zu schneiden. Komm, daß ich dir unsere Häuser zeige und die Walstatt, auf welcher du den Krieg gegen die Unwissenheit führen sollst.« Er ging voraus, die Brüder folgten, zuletzt der junge Mönch mit dem Reisegerät des Fremden.

Tutilo führte in die Klausur, die große Burg des Klosters, welche zweistöckig inmitten aller Höfe und Gebäude ragte. Sie enthielt die Wohnungen der Mönche und der geweihten Schüler, die von ihren Eltern in den Zipfel der Altardecke gewickelt waren, damit sie einst Mönche würden. Das Haus stand im Viereck um einen freien Platz, von allen Seiten nach außen geschlossen, nur durch die Kirche war der Eingang und gegenüber ein Ausgang zu den Küchen und Nebengebäuden. In der Mitte des Hofes umgaben alte Lindenbäume einen Brunnen, und nach dem Hofe öffnete sich der ganze Bau, denn ein weiter Säulengang zog sich am Unterstock den vier Seiten entlang und die Mauer des Oberstocks erhob sich auf den schön gemeißelten Steinsäulen. Zwischen die Säulen waren bequeme Holzbänke gestellt, damit die Brüder bei schlechtem Wetter lustwandeln oder ausruhen konnten, wie es ihnen gefiel. Ganz verlassen stand das Haus, der Fremde vermochte kein geschorenes Haupt zu entdecken, obgleich in dieser Stunde die Regel den Brüdern erlaubte, sich von Arbeit und Gebet zu erholen. Tutilo merkte die suchenden Blicke des Bruders und auf den Säulengang weisend, erklärte er: »An anderen Tagen würdest du die Hände oft rühren müssen, wenn du die Menge der Brüder und Schüler an den Fingern abzählen wolltest, heut aber sind sie ausgezogen. Die letzten Tage waren schwül, ein Wetter droht und das ganze Gesinde des heiligen Wigbert arbeitet im Heu. Dies ist alter Brauch des Klosters, er stammt, wie sie sagen, aus der Zeit der ersten Väter, jetzt freilich ist die Fahrt mehr ein Fest als eine Arbeit. Bald wirst du ihr Gewimmel merken, wenn sie zurückkehren.«

Als sie die innern Räume betraten, sah der zugewanderte Bruder in dem großen Refektorium einen Kredenztisch mit schönen Bechern und Trinkkannen, darunter nicht wenige von edlem Metall, und als er in einen Gang kam, an welchem Zellen der Brüder lagen, erblickte er durch die offenen Türen große Stühle mit seidenen Kissen belegt, auf den Lagerstätten weiche Kopfkissen und lodige Decken von buntgefärbter Wolle, die mit gestickten Borten eingefaßt waren, daneben große Truhen und metallene Leuchter mit Wachslichtern oder schwere vergoldete Lampen, auf einem Tische sogar ein Brettspiel mit geschnitzten Männlein und Tieren, so daß er merkte, wie die Mönche unter Gerätschaften, die sie sich selbst erworben hatten, ganz gemächlich hausten. Und Reinhard, obwohl er als Mönch gewöhnt war, seine Zunge zu hüten, konnte den Ausruf nicht unterdrücken: »Gleich weltlichen Fürsten wohnen die Knechte des Heiligen.«

Tutilo merkte das Mißfallen, aber er erwiderte stolz: »Auch ich meine, daß unsere Brüder ihr Haupt hoch tragen dürfen, wenn sie sich mit den Weltleuten vergleichen. Doch was du hier von eigenem Gut der Brüder etwa gesehen hast, gehört nur den Dekanen und den Alten, denn diese allein haben die Lizenz.«

Der Fremde senkte schweigend das Haupt. Tutilo winkte dem jungen Mönch zurückzubleiben, zog einen großen Schlüssel aus der Tasche und öffnete in dem Kreuzgang eine niedrige Pforte, die er hinter seinen Begleitern wieder verschloß. Sie standen in dem Hofe der Abtei zwischen Ställen und Vorratshäusern vor einem stattlichen Holzbau, um den ein Laubengang führte. Doch auch hier war alles leer, die Lichtöffnungen des Hauses waren mit Fensterglas und Blei verschlossen, aber die Scheiben waren erblindet und manche Raute war zerschlagen. »Du weißt ja wohl,« fuhr Tutilo mit düsterer Miene fort, »daß Herr Bernheri, unser Abt, es verschmäht, unter den Brüdern zu wohnen. Dort oben auf dem Berge St. Peter hat er sich eine eigene Zelle stattlich hergerichtet, dort haust er mit denen, die ihm am liebsten sind, und selten betritt sein Fuß diesen Herrenhof. Oben hört man's deutlicher, wenn der Auerhahn balzt und der Hirsch schreit. Wir aber in der Tiefe harren der Gebote, welche er aus der Höhe zu uns sendet. Hier beginnt wieder dein Reich,« fuhr er fort und geleitete in einen andern umhegten Hof. »Hier ist die äußere Schule, worin die Schüler zu übermütigen Weltgeistlichen erzogen werden; dreißig Scholastiker zählte das Kloster, erst seit dem Tode deines Vorgängers hat sich die Zahl vermindert. An der ersten Bank sitzen nur Söhne von Edlen, meist Thüringe und Hessen, trotzige Knaben sind darunter, ungern fügen sich die stolzen darein, im Kloster zu dienen.«

»Schwingen auch sie heut das gedörrte Gras?« frug der Fremde.

»Einen wenigstens magst du sehen,« versetzte der Kellermeister Heriger leise und wies nach der Höhe. In dem Schalloch des Glockenturmes saß ein Jüngling und starrte hinaus auf die Höhen im Osten, ohne die Mönche im Hofe zu beachten. »Es ist Immo, der Thüring, er hängt oft dort oben und immer sieht er nach derselben Himmelsseite, weil dort seine Heimat liegt!«

Reinhard maß den Jüngling mit einem schnellen Blick: »Erkenne ich ihn recht auf seinem luftigen Sitze, so sieht er mehr einem jungen Kriegsmann ähnlich, als einem Schüler, der auf das heilige Öl und die Stola hofft.«

»Du wirst ihn wild und tückisch finden,« versetzte Tutilo. »In den ersten Jahren hat ihn unser Herr Bernheri verzogen, jetzt tun ihm Hunger und Geißel not, und du würdest ihn vielleicht im Keller auf dem Stroh erblicken, statt dort in hoher Luft, wenn die Brüder nicht allzuoft an das Verdienst seines Ahnherrn dächten.«

»Denn wisse, mein Bruder,« fuhr Heriger fort, »er ist aus dem Geschlechte eines seligen Helden, der, wie sie sagen, zugleich mit dem heiligen Bonifacius von den Heiden erschlagen wurde. Sein Ahnherr war es, zu dem der Heilige in der Todesnot seine letzten Worte sprach, welche in den Büchern geschrieben stehen: Wirf dein Schwert von dir! Und darum haben auch von je die Männer und Frauen seines Geschlechtes unser Kloster mit Hufen und Gaben ausgestattet.«

Gegenüber dem Schülerhause lag der Kirche angebaut die Bibliothek und die Stube der Schreiber. Der Fremde betrat ein kahles Gemach; die beiden Fenster waren durch Glas und Blei verschlossen, aber große Spinnengewebe hingen an Wand und Rahmen, und durch die Scheiben drang nur ein trübes Zwielicht, so daß eine brennende Lampe das Beste tun mußte, um den Raum zu erhellen. Vor der Lampe saß am Pult ein schreibender Mönch. Langsam erhob er sich, als die Brüder eintraten, und noch während er den Ankömmling begrüßte, waren die kleinen Augen in seinem runzligen Gesicht auf die Pergamentblätter gerichtet.

»Willst du deinen Augen Pönitenz antun, Vater Gozbert,« begann Tutilo verwundert, »daß du das Sonnenlicht aussperrst?«

»Es muß ein dunkler Nebel in der Welt sein,« versetzte der Mönch, »denn es will nicht hell werden.«

»Nicht der Nebel ist es, der dir das Licht raubt, sondern die Bosheit anderer,« rief Tutilo, das Fenster öffnend, »sieh her, die Scheiben sind von außen durch trübe Farbe verdunkelt und merke, jemand hat dir einen üblen Streich gespielt.«

»In Wahrheit, draußen scheint die Sonne,« sagte der Mönch, »ich erkenne Lehm und Kienruß an den Scheiben.«

»Ich aber weiß, wer die Ungebühr gegen dich geübt hat, entweder selbst oder durch die Jungen,« sagte Tutilo, »denn der Scholastikus Immo leitet die Knaben zu vielem Frevel an. Doch sein Maß ist voll.« Und auf Reinhard blickend fuhr er fort: »Vater Gozbert ist ein Künstler in der Schrift, wenige verstehen sich besser auf jede Art von Duktus.«

Gozbert ging zu einem Bücherbrett, schlug einen Kodex auf und zeigte mit Selbstgefühl die Blätter, auf welche Buchstaben mit bunten Farben gemalt waren.

»Ich sah selten so leuchtendes Gold so wohl geglättet,« lobte der Fremde.

»Durch den Stein Achates,« erklärte Gozbert und blätterte zum Anfange zurück, dort war als großes Bild ein Kaiser auf seinem Stuhl und zur Seite vier Frauen, tief gebeugt mit seltsamen Kronen auf dem Haupt, jede eine Mulde in den Armen, worin etwas Undeutliches lag, darüber standen die Namen von vier Ländern, welche zum Reich gehörten. »Ich selbst habe den Weibern die Verneigung erdacht,« sagte Gozbert stolz, »denn in der alten Handschrift, die wohl noch aus der Urzeit der Römer stammt, standen sie gerade.«

»Niemand merkt, daß es das Gesäß des Vaters Sintram ist, welches Gozbert viermal gebildet hat,« erklärte Heriger mit lustigem Augenzwinkern, »denn Sintram mußte oft gekrümmt stehen mit den Händen am Türpfosten, während Gozbert zeichnete.« Der Schreiber warf einen mißbilligenden Blick auf den Sprecher und zeigte mit dem Finger auf das rötliche Gesicht des Kaisers. »Herr Otto der Rote seligen Andenkens.«

»Ich aber will unsern Vater rühmen,« fuhr Heriger fort, »denn schwerlich wird man einen Schreiber unter den Lebenden finden, welcher mehr geschrieben hat; vierzig Jahre lang schreibt er bei uns jeden Tag im Sommer und Winter; fünfzig Bücher bewahrt das Kloster von seiner Hand und nicht wenige sind zum Tausch gegeben gegen andere.«

Gozbert neigte bescheiden den Kopf während des Lobes, aber seine kleinen Augen glänzten. »Wenn es mir nur nicht an Pergament gefehlt hätte,« sagte er, »und an Büchern zum Abschreiben.«

»Vielleicht wird es möglich, daß du von dem Kloster, aus dem ich komme, ein gutes Buch geliehen erhältst,« tröstete Reinhard.

»Was es auch sei,« versetzte Gozbert erfreut, »ich schreibe es gern, wenn du oder ein anderer Gelehrter mir sagt, daß keine Sünde darin steht. Denn die heiligen Namen zeichne ich mit Rot aus und die Übles bedeutenden Namen in den profanen Büchern habe ich immer weggelassen, so oft ich ihre Tücke merkte. Manche Nacht habe ich in Ängsten gewacht und oft hat mir beim Schreiben geschaudert, ob ich nicht vielleicht etwas schreibe, was dem Heil meiner Seele schaden könnte. Endlich bin ich gewarnt worden, daß ich die sündigen Bücher meide.« Er schlug das Kreuz und wandte sich geheimnisvoll zu dem neuen Mönche, während die andern, welche die Lieblingsgeschichte des Alten wohl kannten, einander bedeutsam ansahen. »Merke auf jenen Holzkrug, mein Bruder,« fuhr Gozbert fort, »in welchem ich mein Trinkwasser bewahre. Ein Deckelkrug, diesem gleich, stand an derselben Stelle, als ich gerade einiges von dem Heiden Ovidius schrieb. Da hörte ich hinter mir den Deckel klappen, ich wandte mich um und mein Haar sträubte sich, der Krug stand still, aber zuweilen hob sich der Deckel und schlug wieder abwärts, wie von innerer Gewalt getrieben. Ich rief die Heiligen zu Hilfe, plötzlich sah ich zwei Hörner aus dem Krug ragen und wieder verschwinden. Im Entsetzen stieß ich den Krug um und sogleich sprang der teuflische Geist, einem kleinen Tier mit Hörnern ähnlich, aus dem Holz, fuhr in dem Zimmer umher und endlich durch den Türritz hinaus, indem er bösen Nebel und Gestank zurückließ. Ich aber erkannte die Warnung.«

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