Die kleine Gesellschaft bestand bis jetzt erst aus vier Personen, und zwar aus der Frau Oberpostdirector von Gaulitz – erst seit wenigen Monaten vermählt – aus des Pastors rosigem Töchterlein Sophie, und den beiden Schwestern des Herrn Geheimeraths Seiffenberger aus der Residenz, und das bis jetzt nur über Putz- und Modesachen geführte Gespräch hatte schon einen recht erfreulichen Aufschwung genommen.
Indessen eilten aber, um den freundlichen kleinen Zirkel zu vermehren, zwei andere Damen rasch dem Rittergute zu – nämlich unsere alte Bekannte »Fräulein Schütte nebst Mutter«, wie sie Poller bald darauf so eigenthümlich als bezeichnend anmeldete.
»Aber Anna,« keuchte die Mutter endlich, die fortwährend ein nicht unbeträchtliches Stück hinter ihrer flüchtigeren Tochter zurückgeblieben war, »Du läufst ja, daß man gar nicht zu Athem kommen kann – wenn Du so rennen willst, so geh' allein, ich bin's nicht länger im Stande.«
»Komm nur, Mutter,« bat aber Anna, als jene, dem Wort die That folgen lassend, wirklich stehen blieb, um nur einmal ordentlich Athem zu schöpfen – »es ist wahrhaftig schon drei Uhr vorbei, und Oberpostdirectors sollen immer so früh Kaffee trinken – die werden gar nicht wissen, wo wir bleiben.«
Die Mutter setzte sich wieder langsam in Bewegung, und Anna, ihren Schritt auch etwas mäßigend, daß sie an ihrer Seite blieb, fuhr – augenscheinlich nur ihre bisherigen Gedanken laut aussprechend – fort:
»Nein Mutter, ich kann mich gar nicht darüber zufrieden geben, daß sich der alte Oberpostdirector doch noch hat von der jungen hübschen Frau scheiden lassen, um das ungebildete Ding, seine Wirthschaftsmamsell, zu heirathen – das ist auch ein alter Sünder, der noch einmal, und hoffentlich auf dieser Welt schon, wenn er es am wenigsten erwartet, seinen Lohn kriegt. Na, die kann sich gratuliren, denn besser wie er seine anderen Frauen behandelt hat, wird er's mit der auch nicht machen. Ueberhaupt die Frommen, das ist so die rechte Art – vor den Leuten beten sie, und zu Hause sind's nachher Tyrannen, und Gott weiß was für Hallunken. – Wenn ich nicht so neugierig wäre, zu sehen, wie sie sich zusammen vertragen, ich käme dem Herrn wahrhaftig mit keinem Fuße über die Schwelle.«
»Hat denn seine Frau ihr jüngstes Kind wirklich hergeben müssen?« frug die Mutter, und griff fast unwillkürlich nach der Tochter Arm, die eben schon wieder in größeren Schritten vorauseilen wollte.
»Nun natürlich,« erwiederte diese, »weißt Du denn das nicht? Nicht des Kindes wegen, denn das wird dem alten Geizhals wohl kaum am Herzen liegen, aber der Welt wegen – der gute Mann, sollen die Leute sagen, kann nicht ohne sein Kind leben – was für eine Vaterliebe – siehst Du Mutter, ich wünsche keinem Menschen gern 'was Böses, aber wenn ich den Schuft könnte hängen sehen –«
»Schrei nur nicht so,« sagte die Mutter, »Deine Stimme hört man so über drei Straßen hinüber – da oben steht wahrhaftig der Oberpostdirector am Fenster.«
Und sich freundlich verbeugend und grüßend traten sie in's Haus, wo ihnen Frau von Gaulitz mit höflichem Willkommen entgegen kam und sie den anderen beiden Damen, Fräulein Melinde und Josephine Seiffenberger, Töchter des Herrn Geheimenraths Seiffenberger, vorstellte.
Gegen diese beiden Damen verneigte sich Anna Schütte auf das Förmlichste, dann flog sie aber, wie aus einer Pistole geschossen, Sophie Scheidler um den Hals, nannte sie ihr liebes herziges Soph'chen und rief, sich darauf im ganzen Zimmer umschauend:
»Nein aber, wie Sie reizend wohnen, Frau Oberpostdirector – das ist zu herrlich, zu göttlich – ach, so einen Stuhl habe ich mir schon lange gewünscht – nein der ist doch zu wonnig – und die Aussicht – ach die Berge da im Hintergrunde – das möcht' ich malen können – und der wunderschöne Flügel – das ist wohl ein Bretschneider? – spielen Sie denn auch?«
Frau von Gaulitz wurde blutroth, antwortete aber nach kurzem Zögern:
»Ein Bischen – nur sehr wenig – aber bitte, wollen Sie nicht Platz nehmen? – Louise, schenk doch den Damen ein.«
»Den Augenblick, meine Gnädige,« sagte Anna, ließ sich vor dem geöffneten Flügel nieder und griff einige Accorde – »nein, was das Instrument für einen reizenden Ton hat – wundervoll.«
Und ohne vorherige Warnung legte sie sich plötzlich in die Tasten und raspelte der auf's Aeußerste erstaunten Zuhörerschaft mit unzähligen falschen Griffen – armer Karl Maria – Webers Aufforderung zum Tanz herunter. Die beiden Geheimenrathstöchter und Frau von Gaulitz waren auch über die Ausführung wirklich entzückt, lobten wenigstens das Spiel auf das Angelegentlichste, und fragten nur, ob Fräulein Schütte nicht auch singen könne.
»Nur wenig,« entschuldigte sich diese, »ich bin lange heiser gewesen, und muß mich jetzt noch sehr schonen.«
»Nun nach dem Kaffee erfreuen Sie uns vielleicht mit einem Liede,« sagte der Oberpostdirector, der fest entschlossen war, nach dem Kaffee einige wichtige und unaufschiebbare Geschäfte zu haben.
Die Neuangekommenen nahmen nach dieser Wendung und auf nochmaliges Nöthigen ihre Sitze ein. Fräulein Schütte erhielt den Platz zwischen den beiden Geheimenrathstöchter und Freundschaft war auch bald unter diesen dreien geschlossen. Im Anfange schweifte dabei das Gespräch, da man sich ja doch nicht näher kannte, natürlich nur über allgemeine und ziemlich gleichgültige Dinge hin, Wetter und Jahreszeit, beabsichtigte Lustfahrten und die reizende Lage der hiesigen Gegend mußten den Grundstoff liefern, zu dem die verschiedenen Parteien die Variationen ausarbeiteten; nicht lange dauerte es aber, so fing es an, auf einzelne Individuen oder Punkte seinen Stachel hinzulenken, und wurde dadurch, wie sich das von selbst versteht, nur interessanter.
»Sie sind also voriges Jahr auch in Dresden gewesen?« frug Melinde auf eine von Fräulein Schütte geäußerte Bemerkung.
»Ei ja wohl, beinahe fünf Monate, mein Fräulein – es ist doch eine herrliche Stadt – und so billig – nein Sie glauben gar nicht, wie billig und doch angenehm man dort wohnen kann.«
»Wo haben Sie denn eigentlich gewohnt, es wundert mich, daß uns nie das Vergnügen zu Theil geworden.«
»In der Pirnaischen Gasse, im Ploßfeld'schen Hause – Sie kennen es wohl?«
»Das Ploßfeld'sche Haus? – ei gewiß, das ist dasselbe, Josephine, wo früher Mehlheims wohnten.«
»Ach, die,« sagte Fräulein Josephine mit einem so bedeutungsvollen, wenn auch etwas höhnischen Lächeln, daß es augenblicklich die vollkommene Aufmerksamkeit der Familie Schütte erregte.
»Was sind das für Mehlheims?« frug Anna rasch.
»Kennen Sie die Mehlheims nicht?« sagte Fräulein Melinde erstaunt – »Professor Mehlheims, die erst vor zwei Jahren von Breslau zu uns kamen? – Sie stammen aus Dresden.«
»Nein, von denen habe ich nie gehört«
»Hm, das wundert mich, lieber Gott, sie ist eine Schwester der Regierungsräthin Hertig – die kennen Sie doch.«
»Hertig? Hertig? Sind die etwa mit den Hertigs in Plauen verwandt?«
»Das weiß ich nicht, aber ihre Mutter war eine geborene Jähn, von Assessor Jähn's die Tochter.«
»Ach, die kenne ich ganz gut,« fiel hier die Frau Commerzienräthin ein, »die haben uns einmal ein halbes Jahr lang schräg über gewohnt – also mit denen sind die Mehlheims verwandt; aber was wollten Sie denn vorhin erzählen?«
»O gar nichts von Bedeutung weiter,« sagte Melinde, »ich meine nur, sie hatten alle Ursache aus dem Logis zu ziehen, denn in solchem Schmutz und Unrath hätten sie doch nicht länger fortbestehen können.«
»Aber das begreif' ich gar nicht,« fiel hier der Oberpostdirector, der sich bis dahin am Gespräch mit keiner Sylbe betheiligte, sondern nur manchmal aus dem Fenster nach dem erwarteten Pastor geschaut hatte, ein – »gerade die Professorin Mehlheim ist als eine vortreffliche Frau und gute Wirthin bekannt, und ich selbst bin schon oft bei ihnen gewesen, und weiß, daß ich mich sogar über die dort herrschende Sauberkeit sehr gefreut habe.«
»Lieber Herr Oberpostdirector,« fiel ihm hier die jüngste Fräulein Seiffenberger in's Wort – »Sie können sich darauf verlassen, bei Mehlheims ist eine schauerliche Wirthschaft – ich weiß das aus ganz sicherer Quelle, und was die Professorin selber als Wirthschafterin betrifft, so nehmen Sie mir das nicht übel, davon versteht sie gar Nichts. Nein, die gelehrte Dame will sie gern spielen, den ganzen Tag sitzt sie auf dem Sopha, und liest Bücher und Journale und draußen in Küche und Speisekammer geht's drunter und drüber, und die Kinder dürfen Alles herrichten, wie es ihnen gerade Spaß macht.«
»Unser Mädchen hat auch, ehe sie zu uns zog, bei Mehlheims gedient,« sagte die Schwester, »und uns schöne Geschichten von dort erzählt – den Wein konnte sie nur so wie sie wollte aus dem Keller nehmen, da war sie förmlich daran gewöhnt.«
»Aber die Mädchen reden auch manchmal mehr, als sie sollen und verantworten können,« sagte Sophie Scheidler, »man darf wahrlich nicht Alles glauben, was die sagen; ich weiß, was nur allein hier in Horneck schon für häßliche Sachen aus solchem unbegründeten Nacherzählen entstanden sind.«
»Nun da kommen wir wieder auf unser Kapitel, liebes Sophiechen,« nickte ihr Anna zu – »das weiß der liebe Gott, die Noth, die man mit den Dienstboten jetzt hat, ist entsetzlich – unsere Rieke, das ist soweit ein ganz gutes Mädchen, aber das Klatschen – das liebe Mundwerk steht ihr den ganzen Tag nicht still, und schickt man sie gar einmal aus, so kann man sich nur fest darauf gefaßt machen, daß sie in der ersten Stunde nicht wieder kommt.«
»Das machen sie alle so,« nahm hier Fräulein Melinde die Sache auf, »ich hatte einmal ein Mädchen, das durfte ich Abends gar nicht aus den Augen lassen, und selbst im hellen Sonnenschein verging kaum ein Tag, wo sie nicht irgend ein Bruder aus der Provinz, manchmal Soldat, manchmal Civil, besucht hätte. Und kein Fertigwerden mit ihr; zum Aufwasch brauchte sie manchmal drei volle Stunden.«
»Nun ich dächte« fiel ihr hier Josephine in's Wort, »darin leistete unsere jetzige auch etwas – denken Sie sich, neulich Abends nach dem Essen hatte sie Nichts mehr zu thun, als das Bißchen Messing und Kupferzeug zu putzen, den Vorsaal und die Küche zu scheuern, und uns noch eine Kleinigkeit von Taschentüchern und Kragen zu waschen, und wissen Sie bis wie lange sie dabei das theure Oel verbrannt hat? – bis Morgens um zwei Uhr – das ist denn doch wahrhaftig zum krank ärgern, und da hilft auch kein Reden und Sagen.«
»Der muß es aber bei uns wie im Himmel sein,« nahm hier Fräulein Melinde die Unterhaltung wieder auf, – »denn vorher war sie bei der Frau Hauptmann Kohlwitz in Dienst gewesen, und die sollen Dienstleute wirklich wie die Sclaven behandeln.«
»Nun, den Ruf hat sie wenigstens,« fügte, wenn das irgend noch nöthig gewesen wäre, Fräulein Schütte als Bestätigung hinzu – »wissen Sie, meine Gnädige, – ach, die Frau Oberpostdirector war ja nie in Dresden – wissen Sie, Fräulein Seiffenberger, wie der Hauptmann damals das Duell mit dem alten Bergcommissar hatte – ich war gerade in der Zeit auf ein paar Tage zu Besuch oben, da kam eine gute Freundin von der Frau Hauptmann manchmal zu uns, und die hat uns entsetzliche Geschichten von ihr erzählt –«
»Und kleiden thut sich die Frau,« setzte Fräulein Josephine hinzu – »das ist fabelhaft, man kann ihr doch recht gut nachrechnen, was ihr Mann eigentlich zu verzehren hat, denn das Gerücht mit dem amerikanischen Onkel war doch ein Bißchen gar zu plump, und sollte wahrscheinlich die Gläubiger etwas geduldiger machen, – und trotzdem giebt sie allein mehr für seidene Kleider und Hüte aus, wie – das weiß ich aus ganz sicherer Quelle – ihr monatliches Wirthschaftsgeld beträgt.«
»Wissen Sie denn, wer jetzt – erst etwa vor zwei Stunden, in Horneck eingetroffen ist?« frug Fräulein Schütte plötzlich, aber mit leiser Stimme, als ob sie irgend ein wichtiges Geheimniß mitzutheilen habe. Die Frage verfehlte ihre Wirkung denn auch keineswegs, die Damen fuhren blitzesschnell mit den Köpfen zusammen, und ein erstauntes »wer denn?« lief durch die Reihe.
»Die Frau Ministerin von Herchenthal mit Mutter und Tochter?« rief triumphirend Anna und ein erstauntes »ist es denn möglich?« war ihr Lohn.
»Was muß aber da nur vorgegangen sein?« frug Fräulein Melinde rasch.
»Vorgegangen?« sagte Sophie Scheidler – »weshalb soll da gerade etwas vorgegangen sein; die Frau Ministerin – ist seit drei Jahren jeden Sommer herausgekommen.«
– »Aber nicht mit der Mutter, mein Herz,« fiel ihr Anna Schütte rasch in's Wort – »nicht mit der Mutter und einem Reisewagen voll Koffer, als ob sie ihre Winterquartiere beziehen wollten; und nicht Anfang April, sondern Ende Mai, wenn die Tage ganz warm und schön waren. Nein, richtig ist die Sache nicht, darauf wollte ich mein Leben einsetzen.«
»Das geschieht ihr aber ganz recht« versicherte in's Blaue hinein und ungewiß, auf was sich das »nicht richtig« eigentlich bezöge, Fräulein Josephine und hielt der Wirthschaftsmamsell zum fünften Mal ihre Tasse hin – »einen solchen Hochmuth wie die Leute gehabt haben – nein das ist ganz unglaublich; ich wünsche keinem Menschen etwas Böses, aber das gesteh ich, das könnte mir ordentlich einen frohen Tag bereiten, wenn ich erführe, daß es denen einmal nach Verdienst gegangen wäre.«
»Was will denn die aber auf dem Lande?« frug Melinde – »von der Wirthschaft versteht sie denn doch nicht so viel. Kaskelts, die dicht neben an gewohnt haben, und ihnen gerade in den Hof sehn konnten, versicherten mich oft es sei wirklich traurig wie es bei Denen zu gehe – einen Hasen haben sie einmal drei ganze Wochen vor dem Küchenfenster hängen gehabt, bis er gar nicht mehr zu genießen war, denken Sie sich, den hatten sie rein vergessen und was die allein den vier kleinen Bologneser Hunden füttern, die sich die Frau Ministerin hält, davon könnten zwei arme Menschen anständig leben. Das sollte denn doch wahrhaftig nicht sein, und selbst in der theueren Zeit hat sie nicht einen einzigen abgeschafft.«
Eine kurze Unterbrechung entstand hier durch das Eintreten des Pastors, der übrigens keinen Theil an der Unterhaltung nahm, sondern sich mit dem Oberpostdirector in die Ecke des Zimmers auf ein kleines Seitensopha setzte, und dort mit diesem einiges sehr angelegentlich zu besprechen schien. Das so interessante Gespräch der Damen wurde aber auch jetzt, als ob sie die Gegenwart des geistlichen Herren scheuten, mit etwas leiserer Stimme, sonst jedoch mit keineswegs vermindertem Eifer, fortgesetzt. Die beiden liebenswürdigen Schwestern Seiffenberger schienen sich übrigens der Unterhaltung mehr und mehr zu bemächtigen und Fräulein Schütte wurde einsylbiger als man das sonst wohl von ihr gewohnt war – sie brannte nämlich darauf irgend ein brillantes Gesangstück vorzutragen und hoffte bis jetzt nur noch immer auf eine erneute Einladung als zündende Lunte – obgleich sie im entgegengesetzten Fall dennoch fest entschlossen war, von selber los zu gehn.
Die Dämmerung brach indessen an, es wurde dunkel in dem, von ein paar hohen Kastanienbäumen stark beschatteten Gemach – der Oberpostdirector und Pastor waren in ihrer düsteren Ecke kaum noch zu erkennen, ebenso verschwammen Fräulein Schüttes Umrisse, die vom Tisch aufgestanden – leise zu dem Fortepiano geschwebt war und sich dort schwärmerisch sinnend auf dem kleinen gestickten Sessel niedergelassen hatte, mit dem fahlen Hintergrund der Tapete.
Da öffnete Poller die Thür, schaute herein und sagte:
»Der Herr Schriftsetzer Strohwisch wünschen die gnädige Frau zu sprechen.«
»Schriftsetzer?« riefen Fräulein Melinde und Josephine wie aus einem Athem – »hahaha – das ist göttlich – das ist himmlisch – Schriftsteller meinen Sie – das ist eine reizende Verwechselung – Herr Strohwisch ist humoristischer Schriftsteller – das hätte sich ja gar nicht besser treffen können, der liefert charmante Sachen.«
»Wird mir sehr angenehm sein« sagte, während aus der Ecke in der der Oberpostdirector saß, ein leiser Seufzer emporstieg, Frau von Gaulitz zum Bedienten gewandt. Dieser verschwand – die Thür that sich auf und herein trat, im schwarzen Frack und mit den unausweichbaren papageigrünen Glacéhandschuhen, unter denen hervor ein Stück der derben, fest zusammengepreßten blutrothen Hand sichtbar wurde, in großcarrirten Unaussprechlichen, die Haare allem Anschein nach noch kürzer als gewöhnlich geschnitten, ebenso die Nase, wenn das möglich gewesen wäre, noch stumpfer, die Augenbrauen noch mehr heraufgezogen, die Augen noch stierer und größer, die Stirn noch schmaler, die weit abstehenden Ohren noch feindlicher gegen einander gesinnt – die Sporen noch klirrender, die Reitpeitsche noch graciöser in der Hand, Feodor Strohwisch, mit einem freundlichen Lächeln auf den breiten Zügen.
Die Begrüßung war kurz, Strohwisch schien nicht gewohnt lange Complimente zu machen – ubi bene, ibi patria, ob sich das patria nun eben so wohl um ihn herum fühlte, galt ihm ziemlich gleich.
Fräulein Schütte hatte er übrigens in ihrer dunklen Ecke noch gar nicht erkennen können, und selbst nach dem Sopha, auf dem die beiden Herren saßen warf er, als diese sich aus ihrer Stellung nicht bewegten, einen mistrauischen Blick, ohne jedoch im Stande zu sein, die Identität ihrer Personen zu bestimmen.
Frau von Gaulitz wollte Licht bringen lassen, dem widersetzten sich aber die beiden Damen Seiffenberger »o es war jetzt zu reizend, zu herrlich hier in dem düsteren dämmernden Stübchen, – wie schauerlich schön wehte und rauschte die Kastanie draußen vor dem Fenster, und wie wunderhübsch war das, daß man von einander nur die Umrisse der Gestalten, gar nicht einmal die Gesichtszüge erkennen konnte.« Frau von Gaulitz fügte sich, und Feodor Strohwisch wurde bald der Mittelpunkt des Gesprächs, indem er den Faden der Unterhaltung, den bis dahin die Damen Seiffenberger und Schütte in Händen gehalten, fast allein für sich usurpirte.
Vor allen Dingen berichtete er ziemlich ausführlich über den Zustand des Wetters draußen, und gab seine Vermuthungen an, was er davon für morgen erwarte, wunderte sich über das »famose« Frühjahr und versicherte der älteste Mann in Horneck wisse sich, wie er das aus dessen eigenem Munde vernommen, einer solchen Jahreszeit gar nicht zu erinnern.
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На этой странице вы можете прочитать онлайн книгу «Pfarre und Schule. Zweiter Band.», автора Friedrich Gerstäcker. Данная книга имеет возрастное ограничение 12+, относится к жанрам: «Зарубежная классика», «Зарубежная старинная литература».. Книга «Pfarre und Schule. Zweiter Band.» была издана в 2017 году. Приятного чтения!
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