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Dumas (père), Alexandre
Königin Margot

Erstes bis viertes Bändchen

I.
Das Latein von Herrn von Guise

Am Montag, dem achtzehnten Tage des Augusts 1572 fand ein großes Fest im Louvre statt.

Die gewöhnlich dunkeln Fenster des alten königlichen Wohngebäudes waren hell erleuchtet; die in der Regel so einsamen benachbarten Straßen und Plätze waren, seitdem es in Saint-Germain-l’Auxerrois neun Uhr geschlagen hatte, gedrängt voll von Menschen. Dieser lärmende, drohende Volkszusammenlauf glich in der Dunkelheit einem düsteren, bewegten Meere, dessen Wellen sich geräuschvoll von einer Stelle zur andern drängen. Dieses Meer schlug auf dem Quai ausgebreitet, von wo es durch die Rue des Fossés-Saint-Germain und durch die Rue de Lastruce ausmündete, mit seinem Strome den Fuß der Mauern des Louvre und mit seinem Gegenstrome die des Hotel Bourbon.

Es lag trotz des königlichen Festes und vielleicht sogar gerade wegen des königlichen Festes etwas Bedrohliches in diesem Volke; denn es vermuthete nicht, daß die Feierlichkeit, der es als Zuschauer beiwohnte, nur das Vorspiel zu einem auf acht Tage verschobenen Feste sein sollte, bei welchem es eingeladen werden und sich von ganzem Herzen ergötzen würde.

Der Hof feierte die Hochzeit von Frau Margarethe von Valois, der Tochter Heinrich II. und der Schwester von König Karl IX. mit Heinrich von Bourbon, König von Navarra. Der Cardinal von Bourbon hatte wirklich am Morgen die zwei Verlobten mit dem bei den Hochzeiten der Töchter von Frankreich üblichen Ceremoniell auf einem an der Pforte von Notre-Dame aufgeschlagenen Schaugerüste vermählt.

Jedermann staunte über diese Heirath, welche einigen klarer Sehenden viel Stoff zum Nachdenken gab. Man konnte nicht recht die Annäherung der zwei Parteien begreifen, die sich so gehässig einander gegenüberstanden, wie es in diesem Augenblick bei der protestantischen und der katholischen Partei der Fall war. Man fragte sich, wie der junge Prinz von Condé dem Herzog von Anjou, dem Bruder des Königs, den Tod seines in Jarnac von Montesquiou ermordeten Vaters vergeben könnte. Man fragte sich, wie der junge Herzog von Guise Coligny den Tod seines in Orléans von Potrot de Méré ermordeten Vaters vergeben könnte. Mehr noch: Johanna von Navarra, die muthige Gemahlin des schwachen Anton von Bourbon, welche ihren Sohn Heinrich zu der königlichen Hochzeit, die seiner harrte, geführt hatte, war vor zwei Monaten gestorben und es hatten sich seltsame Gerüchte über diesen plötzlichen Tod verbreitet. Ueberall sagte man ganz leise und an einigen Orten ganz laut, sie hätte ein furchtbares Geheimnis entdeckt und Catharina von Medicis hätte dieselbe, die Enthüllung dieses Geheimnisses befürchtend, mit wohlriechenden Handschuhen vergiftet, welche von einem gewissen René, einem in solchen Dingen sehr geschickten Landsmann von ihr, verfertigt worden wären. Dieses Gerücht hatte sich um so mehr verbreitet und gekräftigt, als nach dem Tode der großen Königin auf die Bitte ihres Sohnes zwei Aerzte, worunter der berühmte Ambroise Paré, bevollmächtigt worden waren, den Leib zu öffnen und zu untersuchen, nicht aber das Gehirn. Da man nun aber Johanna von Navarra durch den Geruch vergiftet hatte, so konnte nur das Gehirn, der einzige von der Section ausgeschlossene Theil des Körpers, die Spuren des Verbrechens bieten. Wir sagen Verbrechen, denn Niemand zweifelte daran, das ein solches begangen worden war.

Das war noch nicht Alles. Der König Karl hatte bei dieser Heirath, welche nicht nur den Frieden seines Reiches wiederherstellte, sondern auch die vonehmsten Hugenotten seines Landes nach Paris zog, eine Beharrlichkeit an den Tag gelegt, die man Halsstarrigkeit nennen konnte. Da die zwei Verlobten eines Theils der katholischen Religion, andern Theils der reformierten angehörten, so war man genöthigt gewesen, sich wegen der Dispensation an Gregor XIII. zu wenden, der damals den päpstlichen Stuhl in Rom inne hatte. Die Dispensation blieb lange aus und diese Zögerung beunruhigte die verstorbene Königin von Navarra ungemein. Sie drückte eines Tags gegen Karl IX. die Befürchtung aus, die Dispensation könnte gar nicht kommen, worauf dieser antwortete:

»Seid unbesorgt, meine gute Tante, ich ehre Euch mehr, als den Papst, und liebe meine Schwester mehr, als ich ihn fürchte. Ich bin kein Hugenott, aber ich bin auch kein Dummkopf, und wenn der Herr Papst eine Albernheit begeht, so nehme ich Margot selbst bei der Hand und führe sie mitten im Gottesdienste an den Traualtar.«

Diese Worte verbreiteten sich vom Louvre aus in die Stadt und gaben, während sie die Hugenotten sehr erfreuten, den Katholiken viel zu denken, denn, diese fragten sich, ob der König sie ganz einfach verriethe oder ob er irgend eine Komödie spielte, welche an einem schönen Morgen oder an einem schönen Abend ihre unerwartete Entwickelung fände.

Besonders dem Admiral Coligny gegenüber, welcher seit fünf bis sechs Jahren einen erbitterten Krieg gegen den König führte, erschien das Benehmen von Karl IX. ganz unerklärlich. Nachdem er einen Preis von hundert und fünfzig tausend Goldthalern auf seinen Kopf gesetzt hatte, schwor der König nur bei ihm, nannte ihn seinen Vater und erklärte ganz laut, er würde ihm allein die Führung des Krieges anvertrauen, so daß selbst Catharina von Medicis, welche bis dahin die Handlungen, den Willen und sogar die Wunsche des jungen Prinzen beherrscht hatte, sich zu beunruhigen schien, und zwar nicht ohne Grund, denn in einem Augenblick des Ergusses sagte Karl IX. zu dem Admiral in Beziehung auf den flandrischen Krieg:

»Mein Vater, es ist hierbei noch Eines, worauf man wohl Acht haben muß: die Königin, meine Mutter, welche ihre Nase in Alles stecken will, wie Ihr wißt, weiß nichts von dieser Unternehmung. Halten wir sie so geheim, daß sie nicht ein Bisschen davon erfährt, denn bei ihrem unruhigen, zänkischen Kopfe würde sie uns Alles verderben.«

So weise und erfahren nun auch Coligny war, so konnte er doch ein solches Vertrauen nicht gänzlich geheim halten, und obgleich er mit großem Argwohn nach Paris kam, obgleich bei seinem Abgange von Chatillon eine Bäuerin sich ihm zu Füßen warf und ausrief: »Oh, Herr und Meister! geht nicht nach Paris, denn wenn Ihr dahin geht, werdet Ihr dort sterben, Ihr und Alle, die mit Euch gehen,« erlosch doch dieser Verdacht allmählich in seinem Innern und in dem von Téligny, seinem Schwiegersohne, welchem der König ebenfalls große Freundschaft bezeigte, denn er nannte ihn seinen Bruder, wie er den Admiral seinen Vater nannte, und duzte ihn, wie er dies gegen seine besten Freunde that.

Abgesehen von einigen mürrischen und mißtrauischen Geistern, waren die Hugenotten also völlig beruhigt. Der Tod der Königin galt als eine Folge von Seitenstechen, und die weiten Säle des Louvre waren voll von allen den braven Protestanten, denen die Heirath ihres jungen Führers Heinrich eine unerwartete Rückkehr zum Glück verhieß. Der Admiral Coligny, Larochefoucault, der Prinz von Condé, Sohn, Téligny, kurz alle die Häupter der Partei triumphierten, als sie im Louvre allmächtig und in Paris so willkommen diejenigen sahen, welche drei Monate vorher der König Karl und die Königin Catharina an Galgen, höher als die der Mörder, hatten hängen lassen wollen. Nur den Marschall von Montmorency suchte man vergebens unter seinen Brüdern, denn kein Versprechen hatte ihn verführen, kein Schein hatte ihn täuschen können, und er blieb zurückgezogen in seinem Schlosse Ile-Adam, wobei er sich mit dem Schmerze entschuldigte, den ihm der Tod seines Vaters, des Groß-Connetable Anne von Montmorency, verursachte, welcher in der Schlacht von Saint-Denis durch einen Pistolenschuß von Robert Stuart getödtet worden war. Da aber diese Begebenheit sich vor mehr als zwei Jahren ereignet hatte und sein gefühlvolles Wesen in jener Zeit eine sehr wenig modische Tugend war, so glaubte man von dieser übermäßig ausgedehnten Trauer nur das, was man glauben wollte.

Uebrigens gab Jedermann dem Marschall von Montmorency Unrecht; der König, die Königin, der Herzog von Anjou und der Herzog von Alençon machten vortrefflich die Honneurs des königlichen Festes.

Der Herzog von Anjou empfing die Hugenotten selbst mit wohlverdienten Complimenten über die zwei Schlachten von Jarnac und Moncontour, die er vor seinem achtzehnten Jahre gewonnen hatte, in dieser Beziehung also frühreifer, als Cäsar und Alexander, mit welchen man ihn verglich, indem man, wohl verstanden, die Sieger von Issus und Pharsalus unter ihn stellte. Der Herzog von Alençon schaute Alles mit seinem schmeichelnden, falschen Auge an. Die Königin Catharina strahlte vor Freude, und beglückwünschte, überströmend von Höflichkeiten, Heinrich von Condé zu seiner Vermählung mit Maria von Kleve. Die Herren von Guise selbst lächelten den furchtbaren Feinden ihres Hauses zu, und der Herzog von Mayenne plauderte mit Herrn von Tavannes und dem Admiral über den nahe bevorstehenden Krieg, den ihn an Philipp II. zu erklären er mehr als je im Sinne hatte.

Mitten unter diesen Gruppen ging, das Haupt leicht gebeugt, das Ohr, für jedes Wort offen, ein junger Mensch von etwa neunzehn Jahren mit seinem Auge, schwarzen, kurz geschnittenen Haaren, dicken Augenbrauen, mit adlerartig gebogener Nase, mit schlauem Lächeln und kaum erst sprießendem Barte hin und her. Dieser junge Mensch, welcher sich nur erst in dem Gefechte von Arnay-le-Duc durch seinen Muth bemerkbar gemacht hatte und Complimente über Complimente erhielt, war der viel geliebte Zögling von Coligny und der Held des Tages. Drei Monate vorher, das heißt, zu der Zeit, wo seine Mutter noch lebte, hatte man ihn den Prinzen von Bearn genannt. Jetzt nannte man ihn den König von Navarra in Erwartung der Epoche, wo man ihn Heinrich IV. nennen würde.

Zuweilen zog eine düstere, rasche Wolke über seine Stirne hin. Ohne Zweifel erinnerte er sich, daß seine Mutter vor kaum zwei Monaten gestorben war, und er zweifelte weniger als irgend Jemand daran, daß sie den Tod durch Gift erlitten hatte. Aber die Wolke war vorübergehend und verschwand wie ein schwebender Schatten; denn diejenigen, welche mit ihm sprachen, die ihn beglückwünschten, die sich an ihn drängten, waren dieselben Menschen, welche die muthige Johanna von Albret ermordet hatten.

Einige Schritte von dem König von Navarra sprach beinahe eben so gedankenvoll, beinahe eben so bekümmert, als der erstere freudig und offen zu sein heuchelte, der junge Herzog von Guise mit Téligny. Glücklicher als der Bearner hatte sein Ruf mit zweiundzwanzig Jahren beinahe den seines Vaters, des großen Franz von Guise, erreicht. Es war ein schmucker Herr von hohem Wachse, mit stolzem Blicke, und begabt mit jener natürlichen Majestät, welche die Leute sagen machte, wenn er vorüberging, neben ihm erschienen die übrigen Prinzen wie Pöbel. So jung er auch war, so sahen doch die Katholiken in ihm das Haupt ihrer Partei, wie die Hugenotten das Haupt der ihrigen in dem jungen Heinrich von Navarra erblickten, dessen Porträt wir so eben entworfen haben. Anfangs führte er den Titel eines Prinzen von Joinville, und er verrichtet seine erste Waffenthat bei der Belagerung von Orléans unter seinem Vater, der in seinen Armen starb und ihm den Admiral Coligny als seinen Mörder bezeichnete. Da leistete der junge Herzog, wie Hannibal, einen feierlichen Eid, die Ermordung seines Vaters an dem Admiral und seiner Familie zu rächen und seine Religionsangehörigen zu verfolgen, wobei er Gott gelobte, ihr Würgengel auf Erden zu sein bis zu dem Tage, wo der letzte Ketzer ausgerottet wäre. Nicht ohne ein tiefes Erstaunen sah man diesen seinem Worte gewöhnlich so treuen Prinzen denjenigen; welche er für seine ewige Feinde zu halten geschworen hatte, die Hand reichen und vertraulich mit dem Schwiegersohne des Mannes sprechen, dessen Tod er seinem sterbenden Vater gelobt hatte.

Aber wie gesagt, dieser Tag war ein Tag der Verwunderung. Mit der Kenntniß der Zukunft, welche leider den Menschen fehlt, mit der Fähigkeit, in den Herzen zu lesen, die zum Glücke nur Gott gehört, hätte der bevorzugte Beobachter, der diesem Feste beizuwohnen im Stande gewesen wäre, gewiß eines der seltsamsten Schauspiele genossen, welche die Jahrbücher der traurigen menschlichen Komödie liefern. Aber dieser Beobachter, welcher aus der innern Gallerie des Louvre nicht zu finden war, fuhr auf der Strafe fort, mit seinen flammenden Augen zu betrachten, mit seiner drohenden Stimme zu murren. Dieser Beobachter war das Volk, das mit seinem wunderbar geschärften Instinkte die Schatten seiner unversöhnlichen Feinde tanzen sah und ihre Eindrücke so genau übersetzte, als es der Neugierige vor den Fenstern eines hermetisch verschlossenen Ballsaales thun kann. Die Musik berauscht und beherrscht den Tänzer, während der Neugierige nur die Bewegung sieht und über die Drahtpuppe lacht, welche sich ohne allen Grund geberdet; denn der Neugierige hört die Musik nicht.

Die Scheine, welche den Augen der Pariser mitten in der Nacht hinzogen, waren die Zukunft beleuchtende Blitze ihres Hasses.

Und dennoch war im Innern fortwährend Alles lachend, und es durchlief sogar ein Gemurmel, süßer und freundlicher als je, in diesem Augenblicke den ganzen Louvre. Die junge Braut, nachdem sie ihre Staatsgewänder, den Schleppmantel und ihren langen Schleier abgelegt hatte, kehrte in den Ballsaal zurück, begleitet von der schönen Herzogin von Nevers, ihrer besten Freundin, und geführt von ihrem Bruder, Karl IX., der sie seinen vornehmsten Gästen vorstellte.

Diese Braut war die Tochter von Heinrich II., es war die Perle der Krone von Frankreich, es war Margarethe von Valois, welche der König Karl IX. In seiner zärtlichen Zuneigung für sie nie anders, als »meine Schwester Margot« nannte.

Gewiß war nie ein Empfang, so schmeichelhaft er auch sein mochte, besser verdient gewesen, als der welchen man in diesem Augenblick der neuen Königin von Navarra bereitete. Margarethe zählte zu dieser Zeit kaum Zwanzig Jahre und war bereits der Gegenstand der Lobeserhebungen aller Dichter, welche sie die Einen mit Aurora, die Andern mit Cythere verglichen. Es war in der That die Schönheit ohne Gleichen dieses Hofes, wo Catharina von Medicis, um ihre Sirenen daraus zu machen, die schönsten Frauen versammelt hatte, welche man finden konnte. Sie hatte schwarze Haare, einen glänzenden Teint, ein wollüstiges, von langen Wimpern verschleiertes Auge, einen frischrothen, feinen Mund, einen zierlichen Hals, eine reiche, geschmeidige Taille und einen in dem Atlasschuh sich verlierenden Kinderfuß. Die Franzosen, welche sie besaßen, waren stolz darauf, auf ihrem Boden eine so herrliche Blume blühen zu sehen, und die Fremden, welche nach Frankreich kamen, kehrten verblendet von ihrer Schönheit, wenn sie dieselbe nur gesehen hatten, im höchste Maße erstaunt über ihr Wissen, wenn sie mit ihr gesprochen hatten, zurück. Margarethe war nicht nur die schönste, sondern auch die gebildetste und gelehrteste Frau ihrer Zeit, und man führt das Wort eines gelehrten Italieners an, der ihr vorgestellt wurde und nachdem er eine Stunde lang in italienischer, spanischer und lateinischer Sprache mit ihr geplaudert hatte, als er sie verließ, in seiner Begeisterung von ihr sagte: den Hof sehen, ohne Margarethe zu sehen, heißt weder Frankreich noch den Hof sehen.

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