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Dumas Alexandre (père)
Das Brautkleid

I.
Das Hochzeitskleid

Wir sprechen von der Zeit zwischen dem Frieden von Tilsit und dem Congresse zu Erfurt, das heißt von der Zeit des höchsten Glanzes des Kaiserreichs.

Eine Dame saß in ihrem Morgennegligee, bestehend aus einem langen Schlafmantel von indischem Musselin mit prachtvollen Balenciennen besetzt, unter welchen man nichts als die Spitzen von ein paar Sammtpantoffeln hervorblicken sah, mit einem Kopfputz nach der Mode jener Zeit, das heißt auf der Spitze des Kopfes thronend und die Stirne mit zahlreichen Locken von kastanienbraunen Haaren umschattend, welche durch die Regelmäßigkeit ihrer Ringeln verrieten, daß der Haarkünstler so eben erst da gewesen – diese Dame saß also auf einem mit blauem Atlas überzogenen Sofa in einem reizenden Boudoir, welches das entlegenste Zimmer einer Wohnung im ersten Stocke in Nro. 11 der Straße Taitbout war.

Zunächst wollen wir einige Worte über die Dame, dann über das Boudoir sagen, und hierauf wollen wir auf die Sache selbst eingehen.

Wir sagten, eine Dame; wir hätten aber beim ersten Anblick fast sagen können, ein junges Mädchen, denn obgleich sie ungefähr sechsundzwanzig Jahre zählte, so schien sie doch nicht älter als neunzehn zu sein. Diese Dame war außer der Zierlichkeit ihrer Taille, der Feinheit ihrer Füße, und der Weiße ihrer Hände mit einer jener Figuren ausgestattet, welche zu allen Zeiten das Vorrecht gehabt haben, die Köpfe derer zu verrücken, die sich ihrer sicher glaubten. Sie war gerade nicht schön, überhaupt nach der Art, was man zu jener Zeit unter schön begriff, wo die Gemälde Davids fast ganz Frankreich zu dem Geschmack der Griechen zurückgeführt hatten, der so glücklicher Weise während der beiden vorhergehenden Regierungen aufgegeben worden war; nein, im Gegenteile war ihre Schönheit von einer launenhaften Phantasie. Vielleicht waren ihre Augen zu groß, ihre Nase zu klein, ihre Lippen zu rot, ihr Teint zu durchsichtig; aber es war nur in den Momenten, in welchen dieses reizende Gesicht ruhig war, daß man diese auffallenden Fehler wahrnehmen konnte; denn so wie es sich durch irgend einen Ausdruck belebte, dann war dieses Gesicht, dessen Bild wir hier zu entwerfen wagen, im Stande, jeden möglichen Ausdruck anzunehmen, den der schüchternsten Jungfrau, so wie den der schamlosen Bacchantin; so wie es sich belebte, durch irgend einen Ausdruck der Traurigkeit oder der Freude, des Mitleides oder des Scherzes, der Liebe oder der Verachtung, da standen alle Züge dieses niedlichen Gesichts in so voller Übereinstimmung, daß man nicht sagen konnte, welchen dieser Züge man ändern möchte; so wie sie zuverlässig zu einer Regelmäßigkeit des Ganzen beitrugen, so würde man durch das Hirnwegnehmen irgend eines das Pikante der Physiognomie geraubt haben.

Diese Dame hielt eine Papierrolle in der Hand, auf welche Zeilen von verschiedener Handschrift geschrieben waren. Von Zeit zu Zeit erhob sie die Hand mit einer Art von Ermattung, aber voll Anmuth, brachte das Manuskript vor ihre Augen, las einige von diesen Linien, rümpfte anmutsvoll die Nase, stieß einen Seufzer aus, ließ die Hand zurücksinken, und diese schien jeden Augenblick bereit, sich zu öffnen und die verwünschte Papierrolle fallen lassen zu wollen, welche für diesen Augenblick die Hauptsache einer Verstimmung war, deren Verbergen sich die Dame nicht angelegen sein ließ.

Sie war einender ersten Künstlerinnen des Theâtre-Francais; die Rolle gehörte einer der langweiligsten Tragödien jener Epoche an; wir bezeichnen die eine mit dem Namen Fernande, wir werden uns aber sehr wohl hüten, den Titel der andern zu nennen.

Das Boudoir war zwar von außerordentlicher Eleganz, trug aber dennoch den Stempel des schlechten Geschmacks jener Epoche. Es war ein allerliebstes, viereckiges Gemach mit blauem Atlas tapeziert, von welchem jedes Blatt zwischen zwei Säulen von korinthischer Ordnung eingerahmt war, auf deren goldenen Kapitälern ein Fries von Stuck ruhte, auf welchem nach dem Genre von Pompeji eine Menge von Amoretten gemalt waren, die, mit Bogen und Köchern versehen, zu nicht wenigen Altären Hymens und der Treue ihre Schlachtopfer führten. Dieses Boudoir hatte vier Türen, zwei davon waren der Symmetrie wegen geblendet. Diese vier Türen waren weiß bemalt und erhaben gearbeitet, und in jedem Fache hatten sie Verzierungen, die aus einem Thyrsus des Bacchus und aus einer Maske Thaliens und Melpomenens gebildet waren. Eine dieser Türen war geöffnet und ließ den feuchten Dampf und den lieblichen Duft eines parfümierten Bades in das Boudoir hereindringen.

Was die Möbeln dieses Boudoirs betrifft, so waren sie mit blauem Atlas gleich den Wänden überzogen, und sie hatten die raue und unangenehme Form, die heute noch die Leute von Geschmack und die Verehrer des Komfortablen überrascht, die nicht begreifen können, wie man solche Nachbildungen des Antiken machen und wie man sich derselben bedienen konnte; denn man vermochte kaum, sich auf ein Kanapee zu legen, sich auf eine»Fauteuil oder überhaupt auf die Stühle zu setzen. Wir sprechen hierbei nicht von den Tabourets in der Form eines X; denn diese waren die einzigen Möbeln, welche, abgesehen von ihrer exzentrischen Form und ihren athentensischen Verzierungen, zu ihrer Bestimmung etwas taugten.

Die Zierraten des Kamins waren von derselben Gattung; die Pendule stellte einen großen runden Schild dar, wahrscheinlich den des Achilles, getragen von vier magern Amoretten, welche unter seiner Last seufzten. Die Kandelaber bestanden aus vier andern Amoretten, die in eine Gruppe vereinigt waren, und deren vier Flambeaur einen vierarmigen Leuchter bildeten.

Wie wir gesagt haben, war Alles, ungeachtet seines schlechten Geschmacks, reich, kokett, elegant und anziehend durch den Glanz, die Anmut und die Schönheit der Sirene, die darin wohnte. Man sieht, daß wir von unserem Gegenstande hingerissen sind, und daß wir wider unsern Willen in den mythologischen Stil jener Zeit verfallen.

Die Göttin, welche man in diesem kleinen Tempel anbetete, lag also, wie wir angedeutet haben, nachlässig hingestreckt aus ein Sofa; sie hatte den Anschein, ihre Rolle zu studieren, dachte aber im Grunde an nichts anderes als wie sie ihren Peplos tragen und wie sie ihre Tunika in der neuen Tragödie falten wolle, in der sie jetzt mitspielen sollte. Da öffnete sich die Türe und ihr Kammermädchen trat mit jener familiären Haltung ein, die zu gleicher Zeit die Vertraute der Tragödie und die Zofe der Komödie bezeichnet, Ismene und Dorine, die Ratgeberin und Bewahrerin der Geheimnisse.

»Wie, Sie sind es schon wieder?«rief die Schauspielerin mit einem bezaubernden Anfluge Übler Laune, die, indem sie einen Tadel auszusprechen sucht, zu sagen scheint, daß man wohl getan habe, denselben zu verdienen. »Ich habe doch bestimmt genug gesagt, daß ich allein sein will, unbedingt allein, um meine Rolle zu studieren; ich werde diese nie auswendig lernen, und das wird Ihre Schuld sein, verstehen Sie, Mademoiselle Cornelie?«

Das Kammermädchen nannte sich mit ihrem eigentlichen Taufnamen Marie; allein sie hatte diesen Namen zu gemein gefunden und sich daher kraft eigener Autorität um- und wieder getauft, um den wohlklingendsten und überhaupt den ausgezeichnetsten Namen, den Namen Cornelie anzunehmen.

»Mein Gott, ich bitte Sie tausendmal um Verzeihung,« sagte die Zofe, »und ich bin bereit, dem Veranlassen gegenüber die Verantwortlichkeit für diesen Verzug auf mich zu nehmen. Ein schöner junger Mann verlangt mit Ihnen zu sprechen, und zwar so dringend, daß ich kein Mittel gefunden habe, ihn zurückzuweisen.«

»Und wie nennt sich Ihr schöner junger Mann, Mademoiselle?«

»Herr Eugene.«

»Herr Eugene?«versetzte die Schauspielerin, indem sie langsam die drei Sylben, welche dieses Wort bilden, wiederholte. »Herr Eugene. Aber das ist ja kein Name?«

O ja, Madame, es ist ein Name und zwar ein sehr hübscher Name. Ich liebe den Namen Eugene sehr.«

»So! Und Sie wollen, daß ich Ihre Sympathien mir aneigne! Können Sie mir ein Bild Ihres Schützlings entwerfen?«

»O gewiß, er ist, wie ich Ihnen schon gesagt habe, ein schöner junger Mann, ungefähr fünf Schuh, fünf Zoll groß, hat schwarze Haare, schwarze Augen, einen schwarzen Schnurrbart, und bezaubernde weiße kleine Zähne. Er ist in bürgerlicher Kleidung, aber ich wollte darauf wetten, daß er Offizier ist; überdies trägt er das Band der Ehrenlegion im Knopfloch.«

Zu einer früheren Zeit konnte diese letzte Bezeichnung noch als eine Auskunft betrachtet werden; heut zu Tage möchte sie viel zu unbestimmt sein. »Herr Eugene, schwarz, das Band der Ehrenlegion. . .«wiederholte Fernande, indem sie ihr Gedächtniß zu Hilfe nahm, dann wandte sie sich wieder zu Mademoiselle Cornelie und sagte: »und erinnern Sie sich nicht, daß Sie während des Jahres, welches Sie nun in meinen Diensten sind, diesen jungen Mann gesehen haben?«

»Niemals, Madame!«

»So wollen wir sehen, wer es sein kann.

Ist es Eugene d'Erville?«

»O nein, Madame, der ist es nicht.«

«Eugene de Castelluir?«

»Der ist es' auch nicht.«

»Eugene von Clos-Benaud?«

»Auch der ist es nicht.«

»Wenn dies der Fall ist, so sagen Sie, meine Teure, diesem Herrn, daß ich nicht zu Hause bin.«

»Wie! Sie befehlen mir!. . .«

»Gehen Sie.«

Fernande sprach dieses letzte Wort mit einer solchen Würde einer Theaterprinzessin aus, daß sich die Zofe, so sehr sie auch Lust hatte, die Sache ihres Schützlings zu verfechten, gezwungen sah, abzutreten, und dem Befehle, der ihr so bestimmt gegeben worden, Folge zu leisten.

Mademoiselle Cornelie ging also hinaus, und Fernande nahm mit einer noch zerstreuteren und verdrießlicheren Miene als zuvor das Manuskript wieder auf, allein sie hatte noch keine vier Verse darin gelesen, als sich die Türe schon wieder öffnete, und die Zofe wieder eintrat.

»Nun, Sie kommen noch einmal!« sagte Fernande in einem Tone, welcher ernst zu sein versuchte, der aber schon viel von seiner Strenge verloren hatte.

»Ach, mein Gott, Madame,« erwiderte Cornelie, »ja, ich bin es wieder, aber Sie werden mir verzeihen; Herr Eugene will durchaus nicht weggehen.«

»Wie, er will nicht weggehen?«

»Nein, er sagt: er wisse, daß Sie nie so frühe ausgehen.«

»Wenn auch; aber ich empfange am Morgen nur meine Freunde.«

»Er sagt, daß er einer von Ihren Freunden sei.«

»O, zum Beispiele? Das wird verwickelt; Eugene, ein schwarzer Schnurrbart, das Band der Ehrenlegion, einer meiner intimen Freunde; ist es nicht Eugene de Miremont?«

»Nein, Madame, dieser hier ist besser.«

»Eugene d'Harcourt?«

»O, dieser hier ist viel besser.«

»Eugene d'Argv?«

»O, der hier ist unendlich besser.«

»Aber wissen Sie, Mademoiselle, daß Sie meine Neugierde aufregen?«

»Übrigens,« fuhr die Zofe fort, indem sie ihrer Gebieterin ein kleines Schmuckkästchen von rothem Maroquin in der Größe eines Fünffrankenthalers Überreichte, »übrigens hatte er beigefügt, stellen Sie dieses Fernanden zu und sie wird wissen, wer ich bin.«

»Fernanden?«

»Ja, Madame, so hat er gesagt.«

»Meiner Treu, ich gebe zu, daß ich nicht die Geringste der Welt bin,« sagte die Schauspielerin, indem sie das Schlößchen öffnete und das kleine Schmuckkästchen neugierig betrachtete.

»Da sehen Sie; Ihr Portrait!« rief die Zofe.

»O, wie es Ihnen ähnlich ist, wie Sie so schön mit dem Schleier sind, der da um Ihren Kopf flattert;«

»Mein Portrait,« murmelte Fernande, indem sie sichtbar durch eine letzte Anstrengung ihre Erinnerungen zu sammeln suchte.

»Mein Portrait! Meiner Treu, ich finde mich nicht zu rechte.«

Nach einem augenblicklichen Schweigen rief sie:

»Ach, Eugene?«

»Ja.«

»Ein Schwarzer?«

»Ja.«

»Das Band der Ehrenlegion?«

»Ja.«

»Einer meiner Freunde?«Dieses Portrait, diese Chiffer: E.B. die ich auf dem Kästchen nicht bemerkt hatte. Das ist es, das ist es; mein Gott, wie wenig Gedächtniß ich habe und wie zerstreut ich bin; lassen Sie ihn hereinkommen, lassen Sie ihn hereinkommen, diesen armen Eugene, den ich im Vorzimmer warten ließ. Wenn ich bedenke, daß mir dasselbe, es ist noch nicht ein Monat, mit Jerome begegnet ist. . . .!«

Mademoiselle Cornelie ließ sich das nicht zweimal sagen, sie schoß wie ein. Pfeil und so hinaus, daß kaum die Vorwürfe, welche Fernande hinsichtlich ihres Gedächtnisses an sich richtete, beendigt waren, als schon an der Stelle Cornelie's der schöne junge Mann, schwarz an Haaren, Augen und Schnurrbart und mit dem rothen Bande, unter der Thüre erschien.

»Verzeihen Sie, meine liebe Fernande,« rief der junge Mann lachend; »aber auf meine Ehre, ich war weit davon entfernt, daran zu zweifeln, daß Sie in meiner Abwesenheit uneinnehmbar sein werden.«

»Wer daran zweifelt, das sind Sie, mein theurer Prinz,« sagte Fernande, indem sie dem Neuangekommenen eine Hand darreichte, welche dieser mit der Miene eines Siegers küßte. »Sie ließen sich bloß und einfach unter dem Namen Eugene anmelden; aber ich kenne so viele Eugenes. . . .«

»Daß Sie mich mit allen andern Eugenes der Welt verwechselt haben, das ist sehr schmeichelhaft für mich. Ah! Entschuldigen Sie, mein Portrait! Haben Sie die Güte, es mir zurückzugeben.«

»Sie denken also noch daran?«sagte Fernande mit einer bezaubernden Koketterie.

»Immer,« sagte der Prinz, indem er ein Tabouret neben den Sopha stellte.

»Cornelie,« bemerkte Fernande, »so lange seine kaiserliche Hoheit bei mir sein wird, bin ich für Niemand zu sprechen.«

Cornelie machte große Augen, sie hatte bis jetzt zu ihrer Gebieterin viele Prinzen kommen sehen; aber unter diesen Prinzen gab es wenige, die man mit dem pompösen Titel »Hoheit,« am allerwenigsten aber mit dem »kaiserliche Hoheit«bezeichnete.

Mademoiselle Cornelie trat ab, ohne ein Wort zu entgegnen.

»Und seit wann sind Sie in Paris, mein teurer Eugene? Ah, verzeihen Sie, gnädigster Herr, ich spreche immer zu Ihnen, wie wenn Sie noch ein einfacher Oberst der Consular-Garde wären.«

»Und Sie thun wohl daran, meine schöne Fernande.

Sie fragen, seit wann ich angekommen bin? Seit gestern, und mein erster Besuch gilt Ihnen, Undankbare!«

»Wie so? Sie sind hierher gekommen. . .?«

»Nein, ich würde Sie nicht aufgesucht haben, als bis Sie gespielt hätten.«

»Ah, das ist wahr?«

»Ich war im Francais.«

»In der Loge des Kaisers? Ich habe Sie dort nicht gesehen.«

»Weil Sie nicht hingesehen haben, Ungetreue! Ich war nicht dort, aber Poniatowsky war da.«

»Ich habe ihn wahrhaftig dort nicht gesehen.«

»O, dreifache Lügnerin;«rief der Prinz.

»Nein, Madame, ich war inkognito in einer Baignoire.«

»Allein?«

»Nein, mit Ihrem Portrait.«

»O, mein Gott, welche Artigkeiten Sie mir sagen; aber ich schwöre Ihnen, daß ich auch nicht ein Wort davon glaube.«

»Es ist dennoch die reine Wahrheit.«

»Nun, ich bin verzweifelt, daß Sie hierher gekommen sind.«

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